Schwarzfeuer: Roman (German Edition)
eins der Ungeheuer aus Cardental entkommen? »So dramatisch waren deine Abenteuer, ja?«
»Nein.« Er streckte die Arme über den Kopf und grinste breit. »Nein, das waren sie nicht. Tatsächlich habe ich kein einziges erlebt. Keine Banditen, keine Maelgloth, nicht einmal ein räuberischer Dieb in meinem Lager. Das Schlimmste war, dass ich unterwegs essen musste, was ich selbst gekocht hatte, und hinter Balnamoine musste ich mich nicht einmal mit diesem Elend länger abfinden. Es war …« Er ließ die Arme sinken. Das Grinsen verblasste zu einem ungemein zufriedenen Lächeln. »… langweilig. Herrlich langweilig.«
»Herrlich?«
»Allerdings.« Heradion hielt inne. »Habt Ihr gesagt, Asharre habe einen Hund bei sich gehabt? Haustiere sind doch im Tempel verboten.«
»Das sind sie auch. Im Allgemeinen. Aber als der Hausverwalter Asharre das erklären wollte, hat sie gesagt, dass der Hohe Solaros ihren Welpen hinnehmen müsse, wenn er wollte, dass sie seine Welpen ausbildet. Seither hat niemand mehr ein Wort gegen den Hund gesagt.«
»Klug von den Leuten. Ich würde mich wegen eines Hundes nicht mit ihr anlegen wollen.«
»Erst recht nicht wegen dieses Hundes«, murmelte Bitharn.
Heradion bedachte sie mit einem fragenden Blick, aber als sie ihre Bemerkung nicht sofort genauer erläuterte, zuckte er die Achseln und wandte sich dem Pfad zu, auf den sie gezeigt hatte. »Nun, ich versuche mal, sie einzuholen. Wenn Ihr sie vor mir seht, richtet Asharre bitte aus, ich sei auf der Suche nach ihr. Ich würde ihr gern dafür danken, dass sie mich lange genug am Leben erhalten hat, dass ich mich auf dem Heimweg so wunderbar langweilen konnte.«
»Das werde ich«, versprach Bitharn erheitert.
»Und ich danke auch Euch. Dafür, dass Ihr sie am Leben erhalten habt.«
Sie blickte auf, lächelte und wandte sich wieder ihrem Buch zu.
Stunden verstrichen in willkommener Stille. Saubere Luft, warme Sonne, die Süße von Frühlingsblumen … Es war Welten entfernt von der Trostlosigkeit Duradh Mals, und das üppige Grün verbannte die Schatten aus ihrer Seele. Bitharn hatte, seit sie ihre Werk bei Corban beendet hatte, den größten Teil ihrer Tage in den Tempelgärten verbracht und in der sonnigen Ruhe geschwelgt.
Von Kelland hatte sie während der letzten Tage nicht viel zu sehen bekommen. Er wirkte beschäftigt, manchmal heimlichtuerisch; sie machte sich ihre Gedanken darüber und war besorgt, hatte aber beschlossen, nicht in ihn zu dringen. Sie hatten während des vergangenen Winters beide ihre Probleme erduldet, und sie hatte keine große Neigung verspürt, jetzt über die ihren zu sprechen.
Alle Wunden heilten mit der Zeit. Vielleicht brauchte es bei ihm nur ein wenig länger.
Sie konnte ihm kaum einen Vorwurf daraus machen. Bitharn erinnerte sich noch immer lebhaft an den Rückzug aus Corbans Höhle: Die schlaffe Gestalt des Ritters an ihrer Seite, der Sturm, der auf sie einhämmerte, als sie ein Wettrennen mit dem Tod zurück zum Tempel veranstaltet hatte. Die Erleuchteten hatten Kelland nach ihrer Rückkehr wochenlang in den Krankenräumen festgehalten. Es war ein Wunder, dass er noch lebte, sagten sie, und ein größeres, dass er keinen dauerhaften Schaden davongetragen hatte.
Zumindest hatte sie den Trost, dass ihm weitere Anstrengungen in Duradh Mal erspart bleiben würden. Weder sie noch Kelland hatten Malentir gesehen, seit sie ihn in jener schrecklichen Nacht mit Asharre allein gelassen hatten. Die Sigrir war mit diesem mageren gelben Hund und ohne das Schwert der Morgendämmerung zurückgekehrt, aber der Dorn war nicht wieder aufgetaucht.
Asharre hatte nie erzählt, was sich dort zugetragen hatte, aber Bitharn wusste es. Sie las die Antwort im Schweigen des Hohen Solaros hinsichtlich des Verlusts von Aurandane und der Tatsache, dass Malentir nicht zurückgekehrt war. Entweder hatte Asharre den Dornenlord getötet, oder sie hatte ihm das Schwert der Morgendämmerung überlassen. Was es auch war, es hatte jeder Chance auf ein Bündnis ein Ende bereitet.
Und Bitharn war erleichtert. Sie verspürte nicht den Wunsch, den Dorn wiederzusehen; ihr graute vor der Aussicht, Duradh Mal erneut zu betreten. Die Erinnerungen brachten sie ebenso sehr aus dem Gleichgewicht wie die Gefahr. Schuld, Entsetzen, Trauer … Es gab kein Entrinnen vor diesen Geistern in den Bergen. Nicht für sie. Wenn der Makel Ang’duradhs ohne sie und ohne Kelland geheilt werden konnte, war sie nur allzu glücklich
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