Schwarzfeuer: Roman (German Edition)
beiseitezutreten.
Bitharn schloss ihr Buch, klopfte verirrte Blütenblätter von ihrer Kleidung und machte sich auf den Weg zur Kuppel. Nach einigen Schritten blieb sie stehen. Ein leises Kribbeln der Nervosität durchlief sie; ihre Hände wurden feucht. Kelland näherte sich.
Er hatte etwas Kleines in den Händen. Eine Schachtel. Sie war flach, rechteckig und aus einem rötlichen Holz gefertigt, das poliert worden war, bis es seidig glänzte. Auf die Oberseite war das Zeichen eines Goldschmieds eingeritzt. Sie erkannte die Werkstatt nicht; es war nicht die Goldschmiede, welche die meisten Sonnenmedaillons des Tempels fertigte.
Der Ausdruck auf seinem Gesicht verblüffte sie. Er wirkte verängstigt, aber entschlossen, wie so oft, bevor er in eine Schlacht marschierte. Den Rücken hielt er steif, die Schultern hatte er durchgedrückt; er hielt die Schachtel so zaghaft in den Armen, dass sie sich fragte, ob sich darin glühende Kohlen befanden.
»Oh, hast du mir einen Ring gekauft?«, fragte Bitharn. Sie meinte es als Scherz und hoffte, damit seine Anspannung zu lindern, aber Kelland zuckte zusammen, als habe sie ihm einen Eiszapfen in den Nacken geschoben.
»Ich kann dir keinen Ring schenken«, sagte er ernst. »Ich will es, und ich werde es, aber … noch nicht. Das muss warten, bis ich bereit bin, aus dem Orden auszutreten. Bis dahin … hätte ich gern, dass du dies trägst.« Er hielt ihr die Schachtel hin.
Von einem seltsamen Widerstreben erfüllt, faltete sie die Hände hinterm Rücken. »Was ist es?«
»Mach es auf.« Die Furcht war noch immer in ihm, aber seine Lippen zuckten, als wolle er lächeln, wagte es jedoch nicht ganz. »Es ist keine Schlange, ich verspreche es.«
»Ich hatte an heiße Kohlen gedacht«, erwiderte sie und hob den Deckel von der Schachtel.
Auf einem Bett aus Samt funkelte es golden. Zwei Sonnenmedaillons schmiegten sich aneinander; sie waren mit dünnen goldenen Nadeln an dem Samt befestigt und ähnelten dem Medaillon, das Bitharn trug, waren aber feiner gearbeitet. Im Herzen eines jeden der beiden funkelte feurig ein Diamantsplitter.
Erstaunt blickte sie von dem Schmuck zu Kelland. »Was ist das?«
»Ein Geschenk«, sagte er und legte seine Hände auf ihre über d er Schachtel. Die seinen zitterten, obwohl er anscheinend kei ne Angst mehr hatte. »Ich habe davon gelesen, als ich Nachforschungen über Bysshelios angestellt habe … Und über die Geschichte meines Gelübdes. In Pelos, gegen Ende der Ardasischen Blüte, war es für frischverheiratete Paare Sitte, bei Hochzeiten Sonnenzeichen zu tauschen. Sie schenkten einander Medaillons, die aus Gold gemacht waren, wie unsere es heute sind, aber in die Medaillons war auch ein Diamant eingearbeitet, der ihre Liebe symbolisierte: Ein Teil dieser sterblichen Erde, aber ein sehr schöner – und ein Prisma, durch das man die volle Pracht des Lichtes erkennen konnte.«
»Es ist wunderschön«, hauchte Bitharn.
Kelland stieß den Atem aus und entspannte sich sichtlich. Er nahm eins der Medaillons von der Nadel und hielt seine schimmernde Kette über ihren Kopf. »Wirst du es tragen?«
»Ja.« Sie hob den Kopf, und ihr Lächeln war ein Spiegelbild des seinen. Ein Gefühl des Glücks stieg in ihr empor. Als er ihr die zarte Kette vorsichtig um den Hals legte, beugte Bitharn sich vor und überraschte ihn mit einem Kuss. »Ja, das werde ich.«
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