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Schwarzkittel

Schwarzkittel

Titel: Schwarzkittel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Schneider
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zurück. »Was gibts, Kollege?«
    »Leider werden jetzt aus den guten Zeiten, schlechte Zeiten. Wenn du nicht ganz und gar unpässlich bist, wäre es schön, wenn du sofort nach Haßloch fahren würdest. Ich bin bereits vor Ort.«
    »Haßloch? Um diese Zeit? Haben sie dich versehentlich im ›Holiday Park‹ eingeschlossen?«
    »Nicht ganz, die Richtung stimmt aber schon. Im Südosten von Haßloch ist doch die Pferderennbahn, eigentlich nicht zu verfehlen.«
    »Was machst du auf der Pferderennbahn? Ich dachte, du bist Vegetarier?«
    Ich hörte Gerhard am anderen Ende der Leitung schnauben. »Klar, grundsätzlich habe ich nichts gegen Gemüse und einen schönen Salatteller.« Er machte eine kleine Pause. »Solange ein fettes Schnitzel dabeiliegt. Jetzt komme aber endlich mal in die Gänge, es ist schließlich keine Kaffeefahrt, sondern ein dienstlicher Einsatz.«
    »Okay, okay, ich sitze schon im Wagen. Würdest du mich womöglich trotzdem über Sinn und Zweck der Fahrt aufklären, mein lieber Gerhard?«
    »Ach so, das weißt du noch gar nicht. Es gibt eine Leiche. Auf dem Rennbahngelände wurde jemand stranguliert aufgefunden.«
    »Deiner Wortwahl entnehme ich, dass vermutlich Fremdverschulden vorliegt?«
    »Aber klar doch, sonst hätte ich es nicht gewagt, dich so zeitig zu wecken.«
    Ich schmunzelte vor mich hin. »Was heißt hier
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    wecken? Ich bin schon fast wieder müde. Weiß man schon was von der Täterfraktion?«
    »Nein, das ist derzeit zu früh. Eines macht den Fall aber irgendwie mysteriös. Der Tote hat ein Pappschild um den Hals mit dem vieldeutigen Text ›Aufs falsche Pferd gesetzt‹.«
    Ich wollte gerade etwas erwidern, als ich von drei lang gezogenen Pieptönen unterbrochen wurde. Das Handy hatte sich automatisch abgeschaltet. Vielleicht sollte ich es regelmäßiger ans Ladegerät hängen.
    Ich verabschiedete mich kurz von den glücklichen Bauherren. Bevor ich nun nach Haßloch fahren konnte, musste ich bei mir zu Hause vorbei. Der Grund war einfach: Ich hatte noch nicht gefrühstückt.

2.Hat die Gerechtigkeit gesiegt ?
    Zehn Minuten später stand ich vor meinem Haus. Schnell sprang ich hinein und griff mir die auf dem Küchentisch liegende angebrochene Tüte Waffelgebäck sowie eine Handvoll Lakritzschnecken. Genaugenommen waren das die Überreste meines gestrigen Abendessens. Ich stellte fest, dass ich dringend einkaufen sollte, bevor Stefanie zu ihrer Familien-Testwoche anrückte. Im Vorbeigehen schnappte ich mir eine der mächtig überreif riechenden Bananen, die ich kürzlich von meiner Nachbarin, Frau Ackermann, geschenkt bekommen hatte. Schließlich sollte man ab und zu auch mal einen Beitrag zur gesunden Ernährung leisten.
    Mit vollgekrümelten Hosen fuhr ich in Richtung Haßloch. Die Obstfliegen auf der Banane schienen sich sogar während der Fahrt weiterhin zu vermehren. An der Tankstelle bei Iggelheim machte ich einen Zwangsstopp, um die Banane zu entsorgen. Ich nahm mir vor, auf dem Rückweg zu schauen, ob aufgrund der zu erwartenden Faulgasbildung die Tankstelle noch existierte.
    Bis nach Haßloch hatte ich mich mit geöffneten Fenstern von dem restlichen Mückenzeug befreit. Einen grippalen Infekt musste ich als potenzielle Nebenwirkung in Kauf nehmen.
    Statt eines Wegweisers hieß innerhalb der Haßlocher Bebauung die erste Querstraße ›Rennbahnstraße‹.
    Trotz dieses missverständlichen Namens blieb ich mit meiner Geschwindigkeit im individuellen Toleranz  bereich des innerstädtischen Tempolimits. Ich musste nicht lange suchen. Der Zugang zur Pferderennbahn war mit Einsatzwagen aller Art zugeparkt. Während ich mir eine Parknische herbeisehnte, fuhr aus dem Gelände ein Leichenwagen heraus. Der Fahrer winkte mir freundlich zu und machte mich mit schauspielerischer Gestik auf einen Parkplatz am hinteren Ende aufmerksam. Dabei ließ er mehrmals knallrote Kaugummi-blasen vor seinem Mund zerplatzen. Entweder musste der Kerl ziemlich abgebrüht sein oder im Bestattungswesen werden neuerdings Ein-Euro-Jobber auf Ecstasy beschäftigt. Na ja, seine Kunden werden sich nur recht selten persönlich beschweren.
    Nachdem ich meinen Wagen zwischen einen Kleinbus und einen Nussbaum gezwängt hatte, machte ich mich auf zur Fundstelle der Leiche. Absperrbänder zeigten mir den mutmaßlichen Weg. Nachdem ich halb um ein Vereinshaus gelaufen war, konnte ich die Rennbahn in ihrer kompletten Ausdehnung vor mir sehen. Ich schätzte, dass das Gelände mindestens acht bis zehnmal so groß wie ein

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