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Schwarzkittel

Schwarzkittel

Titel: Schwarzkittel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Schneider
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Sinn ergab. Unbelehrbare Raser erreichten wegen der Schikane in Richtung Ortsmitte erst nach ungefähr der vierten Häuserreihe wieder ihr innerörtliches Sollgeschwindigkeitslimit. Erst dort hatte ich eine Gelegenheit, den Möbellaster zu überholen. Am Ortsausgang nahm ich die wohlerhaltene Tank stelle wahr, bevor ich eine Viertelstunde später in Schifferstadt in meinem Büro ankam.
    Kaum saß ich, kam mein Jungkollege Jürgen herein und überreichte mir eine Klarsichthülle mit diversen ausgedruckten Zetteln.
    »Guten Morgen, Reiner«, begrüßte er mich. »Jutta hat mich schon vor einer ganzen Weile angerufen und mich gebeten, für dich alles über den Pseudokruppfall in Haßloch zu recherchieren. Da steckt übrigens viel mehr dahinter als bisher vermutet. Ich denke aber, mit diesen Ergebnissen kommst du erst mal über die Runden.«
    Ich bedankte mich artig und wartete, bis er mein Büro wieder verlassen hatte. Dann widmete ich mich Jürgens Rechercheergebnissen.
    Zuoberst lag der Wikipedia-Artikel über Pseudokrupp. Demnach handelt es sich bei dieser Krankheit um eine Schleimhautentzündung der oberen Atemwege im Bereich des Kehlkopfes, die fast ausschließlich Säuglinge und Kleinkinder bis zum sechsten Lebensjahr betrifft. Die Entzündung verursacht ein Anschwellen der Schleimhaut und dadurch bedingt häufig eine schwere Atemnot. Diese Symptome werden hauptsächlich mit Cortison behandelt. Mit dessen Verabreichung kann der Verengung der Atemwege entgegengewirkt werden, wodurch die Symptome gemildert werden.
    Meine bisherigen Erfahrungen mit Pseudokrupp beschränkten sich glücklicherweise aufs Hörensagen. Paul und Melanie, meine Kinder, waren Gott sei Dank gesund. Ich schnappte mir das nächste Blatt, ein etwa drei Wochen alter Zeitungsartikel aus der ›Rheinpfalz‹.
    ›Ermittlungen im Fall »Heiliger Leo« eingestellt‹. Interessiert las ich den ganzen Bericht. Zwei an Pseudokrupp leidende Kleinkinder waren innerhalb weniger Tage als Notfälle in die Kinderklinik ›Heiliger Leo‹ in Ludwigshafen-West eingeliefert worden, wo sie bald darauf verstarben. Die besorgten Eltern hatten Strafanzeige wegen unterlassener Hilfeleistung, falscher Medikamentierung und anderer Verfehlungen gestellt. Der verantwortliche Chefarzt Professor Doktor Zynanski wies alle Schuld von sich. Der Staatsanwalt hatte nach umfangreichen Ermittlungen das Verfahren eingestellt. Hm, dachte ich mir, das kann alles, aber auch nichts bedeuten. Zufall oder nicht, ich nahm mir vor, den Professor zu besuchen.
    Mit den beiden beiliegenden Obduktionsberichten konnte ich nicht viel anfangen. Der Pseudokrupp schien alleiniger Verursacher der Todesfälle zu sein. Eine bei dem kleineren Kind gleichzeitig vorhandene Mandelentzündung schien nicht zum Tode geführt zu haben. So viel konnte ich dem medizinischen Kauderwelsch entnehmen.
    Ein Handvermerk von Jürgen besagte, dass für Doktor Dipper bisher kein Eintrag im Polizeicomputer vorlag und auch sonst keine Unregelmäßigkeiten erkennbar waren. Die Obduktion des jüngsten Pseudokruppopfers ergab keine Besonderheiten.
    Ich wurde unruhig. Ich fühlte, dass hier etwas nicht stimmen konnte. Ein Blick auf die Wanduhr verriet, dass es noch drei Stunden bis zur Teamsitzung waren. Genügend Zeit für erste eigene Ermittlungen. In der Zentrale meldete ich mich mit meinem Ziel ab. Der Tank mei nes Wagens war voll, meine Energiereserven dagegen im Keller. In der Hoffnung, mich mit etwas Nervennahrung in Schwung bringen zu können, machte ich einen Stopp beim Discounter. Dabei fielen mir die vielen gesunden Dinge ein, die ich besorgen musste, bevor der Rest meiner Familie zum Probewohnen kam. Ich dachte auch an die vielen ungesunden Dinge, die ich für Paul und Melanie kaufen musste, ohne mich von Stefanie erwischen zu lassen. Ich finde, Kinder fast ausschließlich mit Salat und Gemüse vollzustopfen, ist schon fast ein Fall für das Jugendamt. Als Kind habe ich auch viele Süßigkeiten ›geschnegt‹, wie der Pfälzer sagt, und es hat mir keine Nachteile gebracht. Gut, ganz so beweglich wie früher war ich nicht mehr, auch die ersten Rundungen im Bauchbereich traten merklich hervor. Was solls, sagte ich mir und legte zwei Packungen Softcakes, eine Tüte Gebäckmischung, meine Lieblingssorte Schokolade sowie eine Flasche Cola light in den Einkaufswagen.
    Bis Ludwigshafen lagen etwa 15 Kilometer Wegstrecke vor mir, nach zwei Kilometern hatte ich bereits die Hälfte meines Einkaufs verschlungen und war dem

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