- Schwarzspeicher - Du kannst dich nicht verstecken
Handeln gezwungen.«
»Und trotzdem war ich es, der ihm auf die Spur gekommen ist, obwohl Sie mich zehn Minuten zuvor des Kommandos enthoben hatten«, konterte Stephans.
»Ein blindes Huhn findet auch mal ein Korn.«
»Hören Sie auf, sich wie die Kinder aufzuführen!«, herrschte Westphal die beiden Männer an. »Die Landessicherheit ist kein Spielzeugbagger, und das hier ist kein Sandkasten. Verhalten Sie sich entsprechend. Kommissar Stephans, Sie glauben also, dass die Unzufriedenheit unter den betroffenen Zivilpersonen der alleinige Grund für ihren Ungehorsam gewesen ist?«
»Ich habe hautnah miterlebt, wie sich die Stimmung auf dem Platz immer stärker aufgeheizt hat. Das war wie in einem Dampfkessel – wenn der Druck zu groß wird, platzt er. Als die eingeschlossenen Menschen sich aus der Bahnstation befreit hatten, erlebten wir die erste Explosion. Ich bin überzeugt, dass die zweite nicht so glimpflich verlaufen wäre.«
Westphal dachte nach. Stephans hatte Mühe zu verhindern, dass seine Gedanken abschweiften. Als der Minister weitersprach, ergaben seine Worte zunächst keinen Sinn für ihn. Zum Glück hatte Westphal nicht mit ihm gesprochen.
»Sein bürgerlicher Name lautet Sandro Zimmermann«, sagte Littek. »Cassandro ist … war ein namhafter Computerspezialist und Hacker, und ich glaube, dass wir mit ihm einen Volltreffer gelandet haben.«
Von der makabren Formulierung ungerührt las der Staatssekretär Eckdaten aus Zimmermanns Biografie vor. Stephans hörte sie zum ersten Mal. Bis zu Connys Anruf hatte er den Bericht nicht erhalten. Zufall oder Littek? »… insgesamt 14 Semester an der TU eingeschrieben, ohne je seinen Abschluss zu machen. Mitarbeit an mehreren Open-Source-Programmen, darunter diesem Compadre , das Effenberger regelmäßig benutzt hat. Mutmaßliche Beteiligung an dem Hackerangriff auf die elektronische Patientenakte, infolgedessen dem Bund und Siemens Schäden in Milliardenhöhe entstanden.«
»Wenn Sie Schäden sagen, meinen Sie damit die Investitionen, die nötig waren, um die Sicherheitslücken zu schließen?« Stephans konnte sich die Bemerkung nicht verkneifen.
Littek sah irritiert auf. »Bitte?«
»Zum Zeitpunkt der Einführung der Patientenakte war bekannt, dass das System von Schwachstellen nur so wimmelte. Jeder, der ein Pad bedienen kann, hätte allen möglichen Unfug damit treiben können. Trotzdem peitschte Siemens die Akte durch, und im Gesundheitsministerium waren sie froh, dass sie den Wählern keine Mehrkosten erklären mussten. Ohne den öffentlichkeitswirksamen Hackerangriff – von dem es übrigens im Vorfeld hieß, er sei völlig ausgeschlossen – würden wir uns wahrscheinlich heute noch mit einer Patientenakte herumärgern, die unsicherer ist als mein altes Sparschwein.«
»Wenn Sie fertig sind, können wir dann freundlicherweise zum Thema zurückkehren?« Verärgert scrollte Littek in seinem Dossier hin und her. »Wo war ich?«
»Schäden in Milliardenhöhe«, stichelte Stephans.
Diesmal ging Littek nicht darauf ein, sondern referierte weiter aus der Datei, bis Westphal ihn nach wenigen Worten zum Schweigen brachte. »Mit Cassandros Person befasse ich mich später. Im Moment will ich wissen, welche Informationen Sie auf seinen Schwarzspeichern sicherstellen konnten, Littek.«
»Dafür ist es noch zu früh. Wir haben erst einen Bruchteil der Dateien gesichtet.«
»Sie werden sich doch aber schon einen Überblick verschafft haben, oder etwa nicht?«
»Nun, er hat zum Beispiel Zeitungs- und Blogartikel gesammelt, die sich mit Terrorismus und Überwachung beschäftigen. Noch mehr Artikel behandeln«, Littek machte eine Kunstpause, »die Person Joseph Westphal. Cassandro hat sich offenbar intensiv mit Ihnen beschäftigt.«
»Das kann man über jeden Menschen sagen, der in den letzten Jahren ein paar Mal die Nachrichten gesehen hat«, brummte Stephans. »Sonst haben Sie nichts gefunden? Was ist mit sicherheitsrelevanten Informationen?«
»Das wissen wir erst, wenn die Kategorisierung abgeschlossen ist.«
»Meinen Sie? Waren denn verschlüsselte Dateien darunter?«
»Nun, bisher nicht. Aber …«
»Was ist mit Namenslisten? Friends-Profilen? Irgendetwas, was auf Kontakte zu weiteren Schattenmenschen hindeutet?«
»Bislang nicht. Ich weise Sie jedoch darauf hin, dass …«
»Ach, hören Sie doch auf. Sie haben nicht das geringste Anzeichen dafür gefunden, dass Cassandro mehr war als ein verrückter Einzelgänger, der glaubte, dass die
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