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Schwarzwaldau

Schwarzwaldau

Titel: Schwarzwaldau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Holtei
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wird. Und dann zu mir gewendet: Willst Du hier nicht reden, Bürschchen, so soll Dir die Widerspänstigkeit an anderem Orte und auf andere Weise ausgetrieben werden. – Damit hoben sie mich auf und brachten mich in's Gefängniß. Die unzähligen Verhöre, Confrontationen, wie sie der Gang der Gerechtigkeitspflege mit sich bringt, übergehe ich. Die Richter dachten menschlich genug, mir einsame Untersuchungshaft angedeihen zu lassen und glücklicherweise war gerade Raum genug vorhanden, daß es möglich war, mich vor dem Zusammenleben mit ausgelernten Dieben zu retten. Während der Verhandlungen starb meine Mutter. Sie hatte nicht gewünscht, mich vor ihrem Tode noch einmal zu sehen, was man ihr gewiß nicht verweigert haben würde, hätte sie darum angesucht. Die Nachricht von ihrem Hinscheiden und die wenigen Zeilen, die sie mit zitternder Hand für mich aufgeschrieben, kamen mir durch den Untersuchungsrichter zu. Sie bewirkten, daß ich ein unumwundenes Geständniß aller Vorgänge ablegte. Meine Jugend; die durch mehrfache ähnliche Geschichten in's hellste Licht gesetzte Schlauheit der Verführerin; die Frechheit ihres Gefährten, der das durch mich entwendete Armband ohne Scheu bei einem andern Juwelier zum Verkaufe ausgeboten; die günstigen Zeugnisse sämmtlicher Lehrer über mein musterhaftes Verhalten; . . . dieß Alles wirkte günstig auf den Urtheilspruch, welcher nur auf ein halbes Jahr Zuchthaus und auf Verlust des Adels lautete. Ich reichte ein Gnadengesuch ein. Dieses blieb unbeachtet. Meine Strafzeit verging leicht. Der Inspector setzte fort, was bei Gericht geschehen war. Er isolirte mich von der Masse der Gefangenen, hielt mich in seiner Umgebung, ich darf sagen in seinem Familienkreise und verwendete mich als Schreiber in seinem Verwaltungsbureau. Der gute Mann besaß eine Tochter, die mich Lucien bald vergessen lehrte, vielleicht weil sie in Allem von jener unterschieden war. Bisweilen wähnte ich, dieses sanfte Mädchen, welches mir Gunst bezeigte, könne dereinst meine Gattin werden. Doch ein Blick auf meine graue Jacke genügte immer, solchen Wahn in nichts aufzulösen. Nach überstandener Strafzeit fing die Strafe eigentlich erst an. Aus den Umgebungen, wo ich für einen der Besseren gegolten, mußte ich zurück in's Leben, um dort für einen Ausgestoßenen zu gelten. Der Abschied war betrübend. Der Empfang, den mein Vormund mir angedeihen ließ, niederschmetternd. Sein Erstes war, mir den Entwurf einer Eingabe an die Regierung vorzulegen, worin ich – aus Schonung für ganz entfernte Verwandte, die unsern Namen führten, – die Vergünstigung erbitten mußte, mich von nun an so benennen zu dürfen, wie mein Ihnen vorgelegter Lehrbrief besagt. Mein Vormund äußerte: Da ich nun doch die Freiherrnschaft unwiederbringlich eingebüßt habe, könne mir's höchst gleichgiltig sein, wie ich heiße, und jener Familie liege viel daran durch nichts, auch nicht durch den gleichlautenden Klang des Namens an mich erinnert zu werden. Ich lächelte höhnisch dazu. Im Angedenken an die Tochter des Zuchthaus-Inspectors, die Sara gerufen wurde, erwählte ich diese vier Buchstaben. Meine unterthänige Bitte wurde, – wahrscheinlich befördert durch Protection. die mein Herr Namensvetter sich verschaffte, – in Gnaden gewährt. Franz Sara , natürlich für die nächstfolgenden Jahre als entlassener Sträfling und Corrigende unter Aufsicht verbleibend, hatte die Erlaubniß, zu versuchen, ob es ihm möglich sein werde, nicht zu stehlen und dennoch nicht zu verhungern? Das Ding sieht leichter aus als es ist. Ich pochte an viele Thüren; fast überall thaten sie sich mir auf, kamen mir freundlich entgegen, zeigten besten Willen mir förderlich zu sein, – doch sobald es zur Enthüllung meiner Verhältnisse kam, wurden die freundlichsten Gesichter lang und ernst, das anmuthigste Lächeln verwandelte sich in bitteres Grinsen und die Thüren blieben fernerhin für mich verschlossen. Schon damals dachte ich an eine hübsche runde Büchsenkugel, auf eine genügende Ladung Pulver gesetzt und wie bald so Etwas gethan wäre. Die Schwierigkeit war, die Büchse aufzutreiben, oder eine Pistole? Vom Vormund erhielt ich aus Barmherzigkeit nur wenige Groschen, mein elendes, tägliches Dasein zu fristen. Wovon sollte ich ein Feuergewehr kaufen? Stehlen wollte ich nicht mehr. Das hatt' ich auch Inspectors Sara beim Abschiede zugeschworen. Durch das unaufhörliche Sinnen und Grübeln nach Schußwaffen gerieth ich endlich

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