Schweigende Mauern: Historischer Kriminalroman aus Trier (German Edition)
bekennen, so ist er treu und gerecht, uns die Sünden zu vergeben und uns von aller Ungerechtigkeit zu reinigen
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Der Dompropst stand auf und nickte. »Ihr habt recht. Ich werde mit ihr sprechen. Aber zuerst werden wir sehen, was es im Keller des Turms Jerusalem zu finden gibt.«
Festen Schrittes marschierte er los, und Nikolaus folgte. Meuren ging über den Domplatz und hielt auf die Gebäude zu, die sich rechts vom Tor zum Marktplatz befanden. Hinter den Häusern lag etwas versteckt ein wuchtiger Wohnturm, der ein Teil der alten Mauer um die Domstadt war. Wie die anderen Wehrtürme war auch dieser weitgehend aus antikem Abbruchmaterial errichtet worden. Man hatte die römische Mauertechnik nachgeahmt, indem man die typischen Schichten mit roten Ziegeln einfügte. Um den Turm standen weitere Häuser, Stallungen und Speicher in Fachwerkbauweise.
Seit ungefähr vier Jahrhunderten war das Gemeinschaftsleben innerhalb des Domkapitels aufgegeben worden. Seit der Zeit hatten die Domkanoniker 35 begonnen, eigene Häuser und Höfe – Kurien genannt – innerhalb der Domimmunität zu errichten, wo sie mit ihrem Dienstpersonal lebten. Dieses Gehöft wurde die Kurie Jerusalem genannt.
Der Turm wurde gerade umgebaut. Vor der Tür lagen Balken und Bretter, daneben Bruchsteine in verschiedensten Größen und aufgestapelte Ziegel. Einige Handwerker hatten ein Gerüst aufgebaut und waren fleißig dabei, die Fassade auszubessern.
Die Arbeiter bemerkten den herbeieilenden Dompropst. Einer von ihnen stieg herab und begrüßte Meuren mit einer tiefen Verbeugung. Nach mehreren Bücklingen erklärte er: »Bitte entschuldigt, ehrwürdiger Herr, dass wir noch nicht weiter sind, aber seit Meister Albrecht verstorben ist, konnten einige Arbeiten noch nicht vollendet werden.«
»Das interessiert mich jetzt nicht. Stimmt es, dass ein Kellergeschoss verschlossen wurde?«
»Teils, teils. Das Geschoss, das verschlossen wurde, war ursprünglich das Erdgeschoss. Doch der Boden ringsherum ist in den Jahrhunderten seit der Gründung angewachsen. So ist der alte, hoch gelegene Eingang jetzt leichten Fußes zu erreichen. Da Meister Albrecht eine neue Wendeltreppe einbauen ließ, sollte aus Gründen der Stabilität das alte Erdgeschoss nicht als Keller genutzt werden, sondern zugeschüttet werden.«
»Zeigt es uns!«
Der Handwerker schaute sich verlegen um. »Wie zeigen? Das untere Geschoss ist schon geschlossen.«
Der Dompropst wurde immer ungeduldiger. »Los! Ich will’s sehen!«
»Ja, gnädiger Herr.« Wieder verbeugte sich der Mann mehrfach und ging voraus. Im Gebäude blieb er stehen und zeigte auf den Fußboden, der aus großen Steinplatten bestand. »Hier, seht bitte.«
»Und wo ist der Eingang zum Keller?«
Der Arbeiter machte ein gequältes Gesicht und hob bittend die Hände. »Verzeiht bitte, ehrwürdiger Herr. Den gibt es nicht mehr. Es wurde alles zugeschüttet.«
Meuren drehte sich grimmig zu Nikolaus um. »Und was jetzt?«
Der junge Mann hatte Albrechts Pergament zum Glück mitgenommen. Er winkte den verzweifelten Handwerker herbei und zeigte ihm die Zeichnung. Mit dem Finger deutete er auf die drei Kreuze.
»Wo genau ist diese Stelle?«
Nun eilten die drei in einen kleineren Nebenraum von etwa fünf Ellen im Quadrat. Dort lag eine Leiter, an der linken Wand standen mehrere Fässer mit Kalk.
»Das muss ungefähr hier sein«, stellte der hilfreiche Handwerker fest.
Nikolaus hakte nach: »Ist hier etwas Besonderes?«
Der Arbeiter kratzte sich am Hinterkopf. »Den Raum hier drunter haben wir nicht vollgefüllt. Es gab nicht genug Schutt, und außerdem sollte nichts mehr hier herein gebaut werden, was einer Abstützung bedurfte.«
»Sonst nichts?«
»Nun ja.« Er brauchte einen Moment zum Nachdenken. »Meister Albrecht hatte am letzten Freitag noch einmal eine Bodenplatte herausnehmen lassen. Wir mussten den ganzen Kalkmörtel aus den Fugen kratzen und sie mit Brechstangen und Haken öffnen.«
»Und warum?«
»Er sagte, er müsste dort noch etwas untersuchen.«
»Und wer hat das Loch wieder verschlossen?«
»Der Meister muss es selbst gemacht haben. Am Montag war alles wieder zu, die Fugen waren frisch verschmiert und die Fässer von der einen Seite dort hinübergeschafft.«
Nikolaus ließ die anderen Arbeiter holen und ließ die beschriebene Bodenplatte wieder freiräumen. Dann mussten die Männer die Fugen ein zweites Mal herausholen. Wieder kamen die Brechstangen zum Einsatz. Als sich die Abdeckung langsam
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