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Schweine zuechten in Nazareth

Titel: Schweine zuechten in Nazareth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Sthers
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Hühnergerippe aus, aber Annabelle hat mir gesagt, dass du mich besuchen möchtest, also strenge ich mich an und esse. Du magst kurvige Frauen … Und direkt neben mir liegt ein Lippenstift. Eine kokette Omi. Genau das bin ich.
    Dann denke ich an uns. Die Erinnerungen kommen ungeordnet. Ich denke an die Insel Mustique, auf die wir von irgendwelchen Amerikanern eingeladen worden waren. Wir kamen hin, in ein großes leeres Haus. Und wunderten uns, dass sich nichts rührte … Erinnerst du dich? Und dann haben wir eingerahmte Fotos gesehen und du hast gebrüllt: »Wir sind hier bei Schlitzaugen!« Er war Reeder und machte dir eine Heidenangst. Sie haben uns die Hauszufahrt hinunter wegrennen sehen. Am nächsten Morgen saßen wir schon im Flugzeug. Du dachtest, der Typ würde dich abmurksen. Als ob wir irgendetwas Schlimmes angestellt hätten …
    Ich weiß nicht, warum ich darüber lachen muss. Auch darüber, wie du darauf bestanden hast, eine Feier zu verlassen, nur weil du zur Toilette musstest, und nur zu Hause konntest …
    Oder, wie verrückt du nach diesem kleinen thailändischen Restaurant warst, drei Jahre lang hast du dort jeden zweiten Tag das gleiche Gericht gegessen.
    Wie konnte ich dich bloß ertragen? Und deine telefonischen Schachpartien mit Méchoulis, dem Psychotherapeuten von Giscard. Du wecktest mich, um mir zu sagen, dass du seinen Turm erledigt hattest! Und der Hamster der Kinder, der einmal mitten in der Nacht abgehauen war.
    Ich kralle mich an die Erinnerungen wie eine alte Elster und sage mir, dass sie bei dir in Israel widerhallen.
    Ich umarme dich,
    Monique

Rabbi Moshe Cattan an Harry Rosenmerck
    Nazareth, 18. September 2009
    Lieber Harry,
    wie geht es Ihnen? Ich wollte Ihnen noch sagen, dass Mittwoch Tischa Beaw ist und dass Sie deshalb nach Möglichkeit nicht baden sollten.
    Jedes Jahr, und das lässt sich belegen, ist dies ein gefährlicher Tag, an dem man die rote Fahne am Strand sehen wird, die Wellen einen Meter höher ansteigen und leider auch Menschen ertrinken.
    Ich denke, es ist besser, man lässt die Faxen, bleibt zu Hause und isst was Gutes. Das ist übrigens mein Rat für jeden Tag! Ich sende Ihnen hiermit einige Makroudhs, die meine Frau für Sie gebacken hat.
    Haben Sie gesehen, was Obama vorhat? Er will, dass wir uns im Iran die Hände schmutzig machen. Damit sie die netten Amerikaner sein können, die Lebensmittel an unschuldige Zivilisten schicken. Wir sollen für immer der bewaffnete Arm des Mittleren Ostens bleiben, obwohl wir doch seine einzige Demokratie sind. Wenn ich bedenke, dass ich bei der Wahl des ersten schwarzen Präsidenten von Amerika vor Rührung geweint habe …
    Erzähl mir etwas über Politik, Harry. Du bewegst dich nicht mehr so viel, aber dein Gehirn kannst du doch noch auf Trab bringen, oder?
    Ich komme nächsten Donnerstag, und dann werde ich dich beim Schach fertigmachen. Ich möchte auch einen weiteren Band Kabbala gegen einen Philip Roth eintauschen. Ich werde ihn genüsslich in der Jeschiwa lesen und herzhaft lachen.
    Dein Freund,
    Moshe
    P. S. Ist sie hübsch? Die Frau mit dem komischen Namen, die sich um dich kümmert? Lade sie doch mal zum Tanzen ein.

Harry Rosenmerck an Rabbi Moshe Cattan
    Tel Aviv, 20. September 2009
    Lieber Moshe,
    ich stelle fest, dass mein zersetzender Humor Sie nach und nach ansteckt (ja, ich sieze dich, damit du mir den Respekt zollst, den du mir schuldest). Sie können beruhigt sein, der Rollstuhl, in dem ich einen Großteil des Tages verbringe, ist nicht unterwassertauglich. Aber vielleicht können wir ein lukratives Geschäft mit kleinen Unterseeboten für Behinderte aufziehen. Besser gesagt, für deren grausame Familien, die sie loswerden möchten, und die sie am verfluchten Tag des Tischa Beaw auf eine Unterwasser-Spazierfahrt schicken können.
    Ich erinnere mich an dieses Fest, das meiner Großmutter immer eine Heidenangst eingejagt hatte. Es ist, wie unser ganzer Kalender, nach Mondphasen, die die Gezeiten regeln, berechnet worden. In Wahrheit ist es eine Religion von Astrologen. Ich werde Sie Madame Soleil nennen, mein lieber Moshe.
    Nun, Moshe Soleil, wie geht es Ihnen? Ich für meinen Teil, ich esse. Der Rest macht mir keinen Spaß. Meine Ex-Frau stirbt. Dabei schien es doch, als würden wir uns aus der Ferne wieder ein bisschen lieben. Jetzt, wo der Tod umgeht …
    Meine Tochter bekommt ein

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