Schweine zuechten in Nazareth

Flughafen. Soll ich umkehren?

Harry Rosenmerck an Rabbi Moshe Cattan
    Nazareth, 4. August 2009
    Lieber Moshe,
    ich habe heute Morgen einen seltsamen Brief bekommen. Die Anti-Schweine-Gruppe, die Retter der Reinheit, wie sie sich nennen, zitieren mich zu einem Treffen in der Entsetzen-Marias-Kirche in Nazareth.
    Ich kenne diesen Ort nicht, aber der Name ist nicht besonders einladend. Sie möchten einen Kompromiss schließen und haben, wie es scheint, einen Vorschlag.
    Ich schreibe dir, sobald ich wieder zurück bin.
    Ich bin wirklich traurig, dass ich dich nicht zum Essen zu mir einladen kann.
    Ich glaube, dass ich wegen der Hysteriker, die meine Zucht zumachen wollen, und wegen der Unmöglichkeit, dich zu meinem entweihten Ort einzuladen, schließlich abdanken werde. Umso mehr, als man nicht behaupten kann, dass ich damit Geld verdiene! Ich habe auf das Goldene Kalb gesetzt, das davon trabt. Ich bin wie ein Dealer. Jede Gesellschaft braucht die Grenzüberschreitung. Und meine Grenzüberschreitung hält sich im vernünftigen Rahmen!
    Lieber Gruß,
    Harry

Handgeschriebene Notiz
    Harry,
    ich schiebe diese Notiz unter deiner Tür durch. Ich habe gehofft, dich anzutreffen. Ich werde versuchen, dich vor der Entsetzen-Marias-Kirche abzufangen, aber ich darf nicht die Örtlichkeiten anderer Glaubensgemeinschaften betreten. Wenn du durch irgendein Wunder noch nicht aufgebrochen sein solltest, bleib auf jeden Fall zu Hause.
    Die Entsetzen-Marias-Kirche wurde auf dem Hügel erbaut, von welchem die erbosten Einwohner von Nazareth Jesus in den Tod stürzen wollten. Wenn unsere Vermutungen richtig sind und wir es mit Fanatikern zu tun haben, bist du vielleicht in Gefahr.
    Moshe

Harry Rosenmerck an Rabbi Moshe Cattan
    Krankenhaus von Jerusalem, 12. August 2009
    Lieber Moshe,
    vielen Dank für die Früchte. Die Kaktusfeigen schmecken fantastisch. Zum Glück funktionieren meine Hände, meine Augen und mein Mund noch. Die Ärzte sagen, dass ich wieder laufen werde, dass es der emotionale Schock war und dass die Reha alles wieder hinbiegen wird. Ich glaube nicht dran. Aber ich absolviere gewissenhaft meine Wasserkuren, umso mehr, als meine Krankengymnastin Brüste hat, die der Orangen, die das Obstkörbchen von dir zieren, würdig sind!
    Ach! Moshe!
    Ich möchte dir danken. Von Angesicht zu Angesicht schaffe ich es nicht. Die Worte kommen nicht raus.
    Als ich dich vor dieser Kirche sah, während diese Verrückten ein riesiges Kreuz herausbrachten, wusste ich, dass ich gerettet war. Und wenn dieser Schmerz nicht bereits meinen Körper durchzogen hätte, hätte ich bestimmt über deinen Gesichtsausdruck beim Betreten des verbotenen Ortes gelacht.
    Ich bin Arzt, ich wusste, was mit mir passierte. Ich habe mir gesagt, jetzt ist es soweit, das war es also, das Leben …
    Glaubst du, diese Irren hätten mich gekreuzigt? Ich glaube, genau das hatten sie vor. Es wird ein Verfahren geben. Die Journalisten wollen mich interviewen. Ich versuche, mich davor zu drücken. Man glaubt sich mitten in einem Mel Brooks-Film. Danke, Moshe, du bist mein Freund. Ich hatte noch nie einen Freund, mit dem ich so wenig einer Meinung war. Ich finde das großartig. Du solltest dir einen Hamas-Terroristen als Brieffreund suchen und ich einen kroatischen Wolfszüchter. Die Briefe, die wir uns schreiben würden, wären zum Totlachen.
    Siehst du, selbst schriftlich habe ich dir nicht alles gesagt. Ich mache immer Witze, wenn ich gerührt bin. Und dann diese Beruhigungspillen, die mich ganz benommen machen, und ich werde alt, und es wird dunkel … Ich habe keine Lust, die violette Deckenlampe anzumachen, die meine Haut bleich und meine Augen schwer macht.
    Danke.
    Du hast mir das Leben gerettet.
    Harry

Von: [email protected]
    An: [email protected]
    Datum: 15. August 2009
    Betreff: ohne Betreff
    Meine Annabelle,
    ich hätte mir gewünscht, dass du nicht alles an einem Tag erfährst. Meine Krankheit, dann der Schlaganfall deines Vaters. Wie geht es ihm?
    Wenn du bei ihm bleiben möchtest, kann ich nach Israel kommen. Ich werde da unten bestimmt einen guten Arzt finden. Ein jüdisches Land ohne gute Ärzte, das wäre doch gelacht.
    Du wirst nicht von jetzt auf gleich zur Waise. Dein Vater ist robust. Er wird bald wieder obenauf sein, du wirst sehen. Und ich, ich bin immer für eine Überraschung gut. Ich habe vor, noch auf deiner Hochzeit zu