Schweineblut
um.
»Scheiße. Was passiert da?« Frank rückte seinen Kopfhörer
zurecht und starrte auf den kleinen Monitor. In der Bildmitte war der Tisch zu
sehen, an dem Viola und van Bommel saßen.
»Dreht die Kamera, ihr Idioten, dreht endlich die Kamera!«
Die Kamera bewegte sich. Das Kameraauge fokussierte. Die Angestellten
versuchten offenbar, eine Frau daran zu hindern, das Restaurant zu betreten.
Frank konnte hören, was die Frau rief.
»Loslassen! Er muss dafür bezahlen! Loslassen, habe ich gesagt! Er
ist ein Schwein, ich muss zu ihm!«
Die Bediensteten hielten sie an den Armen fest und führten sie aus
dem Blickfeld der Kamera.
»Das ist Thofondern! Bringt sie weg. Sie gefährdet die ganze
Operation.« Frank riss sich den Kopfhörer von den Ohren.
Jan Kuhnert gab indessen über sein Headset leise und präzise
Anweisungen an den Kellner, der in Wahrheit ein Kollege von der Fahndung war.
»Scheiße!« Frank war außer sich.
»Beruhige dich, Frank. Ansgar ist ein erfahrener Kollege. Die Frau
ist schon aus dem Gefahrenbereich.«
»Die Kamera! Ich will van Bommel sehen. Los! Ich will van Bommel
sehen!« Frank setzte den Kopfhörer wieder auf.
Ruckelnd bewegte sich das Kameraobjektiv langsam wieder in seine
Ausgangsposition.
»Was war das denn gerade?« Der Zwischenfall hatte auf
einen Schlag Violas mühsam aufgebaute Selbstbeherrschung in sich zusammenfallen
lassen. Natürlich hatte sie Barbara Thofondern erkannt. Die hatte es wohl auf
van Bommel abgesehen. Aber warum?
»Du zitterst ja.« Marco van Bommel nahm ihre Hand.
»Ich bin nur so erschrocken. Auf einmal dieser Lärm.«
»Merkwürdig. Eine Verrückte. Kennst du diese Frau?«
»Natürlich nicht. Was sie wohl wollte? Die wirren Haare! Und die
schmutzige Jacke. Eine Obdachlose vielleicht.«
»Bestimmt.« Marco van Bommel machte nicht den Eindruck, als habe ihn
der Vorfall sonderlich bewegt.
Ein Kellner kam an ihren Tisch. Viola Kaumanns sah ihn an. Es war
Ansgar Mertens.
»Bitte entschuldigen Sie den kleinen Zwischenfall. Die Frau ist
offenbar verwirrt. Sie hat sich aber schon wieder beruhigt. Wir sorgen dafür,
dass sie betreut wird. Also, kein Grund zur Sorge. Darf ich Sie als
Entschädigung für die kleine Störung zu einem Grappa auf Kosten des Hauses
einladen? Oder haben die Herrschaften vielleicht einen anderen Wunsch?«
Marco van Bommel sah zuerst Viola an, bevor er antwortete. »Lassen
wir die Dame entscheiden. Was meinst du?«
»Also, wir könnten jetzt schon eine kleine Stärkung vertragen. Einen
Grappa vielleicht? Und dann bringen Sie uns bitte die Rechnung. Wir wollten
ohnehin gerade gehen.«
Ansgar Mertens deutete eine Verbeugung an. »Sehr wohl, kommt sofort.«
»Und die Frau ist wirklich weg?« Viola Kaumanns sah ihrem Kollegen
direkt in die Augen.
»Keine Angst. Sie haben nichts zu befürchten.«
Frank rückte das Mikrofon zurecht und schaltete das
Aufnahmegerät ein.
»Wie geht es Ihnen?«
Keine Antwort.
»Warum waren Sie in dem Restaurant?«
Schweigen.
»Wir haben ein Messer bei Ihnen gefunden.«
Barbara Thofondern schien mit ihren Gedanken weit weg.
»Wollten Sie zu Marco van Bommel?«
Der Name des Niederländers brachte nicht einmal ihre Augenlider zum
Flackern. Die Haltung der Frau, die vor ihm saß, hatte nichts mehr von der
stolzen Tochter eines wohlhabenden Viehhändlers. Barbara Thofondern wirkte wie
eine Drogenabhängige.
»Wir haben lange nach Ihnen gesucht. Und wir haben Sie schon einmal
gesehen.«
Schweigen.
»Auch an jenem Abend war Marco van Bommel Ihr Ziel. Hatten Sie auch
im Volksgarten ein Messer dabei?«
Die Frau hielt den Kopf immer noch gesenkt.
»Frau Thofondern. Sie müssen mit uns reden. Bitte. Wir machen uns
große Sorgen um Sie. Was ist passiert? Was hat Marco van Bommel Ihnen getan?«
Langsam wurde der Kaffee im Becher kalt.
»Michael Voogt ist erstochen worden, Frau Thofondern. Mit einem
großen Messer. Haben Sie ihn erstochen?«
Barbara Thofondern reagierte immer noch nicht.
»Ich muss Sie das fragen, Frau Thofondern. Haben Sie Michael Voogt
erstochen? Und wissen Sie, wo Raimund Kamphausen ist? Was ist wirklich zwischen
Ihnen passiert?«
Mit einer ansatzlosen, fast unsichtbaren Handbewegung fegte sie den
Plastikbecher vom Tisch. Der Kaffee spritzte weit durch den Raum bis an die
Wand. Der Becher rollte schließlich unter den Heizkörper.
Frank war erschrocken. Er hatte nicht mit der blitzartigen Bewegung
gerechnet. Trotzdem blieb er ruhig sitzen.
»Frau Thofondern?«
Es
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