Schweineblut
mal raten, warum du unbedingt heute
eine Diätpause einlegen willst?«
»Na?«
»Ich sage nur: Grünkohl.«
Heinz-Jürgen Schrievers’ volles Gesicht nahm bei dem Wort den
verzückt entrückten Ausdruck eines Anhängers transzendentaler
Bewusstseinserweiterung an. Dabei legte er die Hände andächtig auf seinen
mächtigen Bauch. »Hm, mit echtem Schmalz, Speck und Würstchen. Der Winter hat
auch seine guten Seiten, sage ich immer. Außerdem ist Gemüse gesund, sagt auch
Gertrud.«
Eine Stunde später saßen Frank und Ecki wieder in ihrem Büro, als
das Telefon klingelte.
»Borsch?«
Es war Viola. Frank drückte die Lautsprechertaste. »Wo bist du?«
»In Roermond.«
»Was machst du in Holland?« Frank hatte plötzlich Angst, dass van
Bommel sie entführt haben könnte.
»Ich bin im Outlet Center.«
»Was, um alles in der Welt, machst du in einem Outlet Center?«
»Shoppen. Jan hat mich hergefahren.«
»Jan?« Frank verstand nicht.
»Marcos Mitarbeiter.«
Marco! Sie hatte Marco gesagt! »Und? Warum?«
»Marco meint, dass ich mir die Zeit vertreiben und ein paar neue
Klamotten kaufen könnte. Er hat mir seine Kreditkarte dagelassen.«
»So weit seid ihr also schon.«
»Bitte, Frank, ich habe jetzt keine Zeit für deine Eifersucht. Du
musst mir helfen. Vermeer ist nicht nur mein Einkaufstütenträger.«
Frank verstand. Auch Ecki beugte sich gespannt vor.
»Vermeer besteht darauf, dass er mich zum Dienst bringt.«
»Von wo sprichst du?« Frank hatte Violas abgehetzten Tonfall
registriert.
»Ich bin in einer Umkleidekabine und habe Vermeer losgeschickt, mir
von einigen Oberteilen verschiedene Größen zusammenzusuchen. Ich kann nicht
mehr lange sprechen.«
»Was sollen wir tun?«
»Du musst mir einen echten Job in der Klinik besorgen. Egal, wie.
Sonst fliegt meine Tarnung auf.«
»Okay. Sonst noch was?«
»Ja.« Viola Kaumanns flüsterte jetzt. »Ich habe im Auto ein
Telefongespräch zwischen van Bommel und Vermeer mithören können. Offenbar ist
van Bommel in eine größere Sache involviert, die in Tegelen spielt. Irgendwas
ist dort schiefgegangen. Was, konnte ich nicht verstehen. Jedenfalls hat van
Bommel viel Geld verloren. Die beiden haben sich auf Niederländisch
unterhalten. Deshalb habe ich nicht alles kapiert.«
»Gut gemacht.«
»Frank?«
»Ja?«
»Ich habe ein bisschen Angst.«
Frank schnürte es bei Violas Worten fast die Kehle zu. »Frank.«
»Wann ist van Bommel wieder in Mönchengladbach?«
»Ich …«
Die Verbindung riss ab.
Zwei Stunden später hatten die beiden Viola eine freie Stelle in der
Chirurgie besorgt. Sie würde in einem Bereich eingesetzt, der von einem Laien
nicht so einfach zu durchschauen war. Sie würde ihren »Dienst« wie ihre
»Kollegen« beginnen und im Grunde nur bei Visiten öffentlich auftreten. So
würde niemandem auffallen, dass Viola Kaumanns nicht mehr war als ein Dummy im
Klinikalltag.
Nun saßen sie im Präsidium mit Bean zusammen.
»Es hat zwar etwas gedauert, aber ich habe nun eine ziemlich genaue
Vorstellung davon, wie Michael Voogt seinen letzten Tag verbracht hat.« Kurt
Paulert machte ein zufriedenes Gesicht.
»Na?« Ecki war schon ganz gespannt.
»Also, das spätere Opfer Michael Voogt ist an jenem Freitagmorgen
wie immer von seiner Wohnung zur Brauerei gefahren. Das sind etwa dreißig
Minuten mit seinem Wagen, bei mittlerem Tempo. Und er ist wie immer etwas zu
spät gekommen. Laut Aussage seiner Kollegen ist er mit quietschenden Reifen auf
den Hof gefahren, auch wie immer. Voogt hatte an jenem Morgen um 11 Uhr einen Termin mit zwei
Lieferanten. Die waren auch in seinem Büro.« Bean Paulert blätterte in seinen
Aufzeichnungen. »Es ging um Probleme mit verschiedenen Chargen. Nichts
Weltbewegendes. Gegen 13 Uhr ist Voogt dann kurz weggefahren. Er hat im Weinhaus Menrath Einzelheiten
für eine Weihnachtsfeier besprochen.« Bean trank von seinem Kaffee. »Hm, gut.
Auch dieser Besuch ist mir bestätigt worden. Kurz vor 15 Uhr hat Voogt dann in seinem Büro einen Anruf
bekommen und ist sofort los. Als er das Büro verlassen wollte, ist er von Renate
Pesch angesprochen worden, dass sie zusammen Unterlagen durchgehen müssten. Er
hat aber nur gesagt ›später‹.«
»Wer sagt das?« Frank unterdrückte ein Gähnen.
»Renate Pesch. Sie arbeitete ja eng mit Voogt zusammen.«
»Und weiter?«
»Michael Voogt ist dann um 17 Uhr wieder im Büro eingetroffen. Er hat nicht gesagt, wo er
herkam, sagt Renate Pesch. Sie hat auch nicht
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