Schweineblut
dass in nicht wenigen Fällen Lieferwagen benutzt
wurden, mit denen auch große Mengen transportiert werden können. Das deutet
doch darauf hin, dass dahinter ein Logistiker stecken könnte. Wenn man dann
noch die Plantagen mitbedenkt, die wir bisher schon ausgehoben haben, könnte
man von regelrechtem Warenverkehr sprechen.«
»Interessante Theorie. Aber wir haben keine Beweise.«
»Es gibt einen Auftraggeber, der die Fäden in den Händen hält, der
den Transport der kleinen und großen Mengen regelt.«
»Das würde bedeuten, dass dieser Unbekannte oder dass van Bommel ein
wahres Heer von Kontaktleuten dirigiert. Das ist doch viel zu unsicher.«
»Und wenn man das Heer mit harter Hand führt? Wer nicht spurt,
verliert buchstäblich seinen Kopf. Hier geht es um die ganz große Organisation.
Jede Ameise, die sie uns fangen lassen, hat mindestens drei Geschwister.«
Jan Kuhnerts Augen wurden schmal. »Das heißt?«
»Sie steuern uns, Jan. Sie bestimmen, wer uns wann ins Netz geht.«
»Wir werden gesteuert, ja? Wir hängen wie Marionetten an den Fäden
der Bosse? Spinnst du? Das geht nicht. Es sei denn, die Organisation, wie du
sie nennst, oder auch van Bommel hat Helfer bei der Polizei oder bei der Justiz.«
»Kapierst du jetzt, was ich meine?«
Kuhnert begegnete aufmerksam ihrem Blick. »Und welche Rolle hast du
mir in diesem Spiel zugedacht?«
»Du bist der erfahrene Polizist. Sag du es mir.«
Jan Kuhnert setzte sich und legte seine gespreizten Finger auf die
Schreibtischplatte. »Da draußen verrecken jeden Tag, jede Stunde Menschen, nur
weil sie von dem Zeug nicht loskommen, das ihnen Typen wie van Bommel oder
Uferkamp andrehen. Solche Leute haben ihr Recht auf Leben verwirkt.«
Ina Weber war entsetzt. Sie hatte Angst, dass Kuhnert Violas
Befreiung ausnutzen könnte, um mit van Bommel abzurechnen.
Das brachte Viola in höchste Lebensgefahr.
Sie fühlte, wie Kuhnerts Augen sich förmlich in ihre Haut brannten.
»Was machen wir mit Bean und Theveßen?«
»Lass sie weiter suchen. Dann können sie wenigstens keinen Schaden
anrichten. Und sag Bescheid, wenn sie etwas gefunden haben.«
»Schmeckt dir das Essen nicht, Schatz?«
Viola Kaumanns zuckte bei dem Wort ›Schatz‹ zusammen. Aber sie
schwieg eisern.
Gut aufgelegt plauderte van Bommel weiter. »Iss. Du darfst doch
nicht schlappmachen. Wir haben noch viel vor.«
Viola aß mit eisernem Willen und aus kalter Berechnung. Sie musste
zu ihrer alten Kraft zurückfinden.
»Möchtest du nicht mehr wissen?«
»Ich werde es ohnehin erfahren.«
»Du bist wirklich klug. Dafür liebe ich dich.«
Viola Kaumanns zuckte wieder zusammen.
»Jan kann wirklich hervorragend kochen, nicht?«
Viola zuckte mit den Schultern.
Marco van Bommel prostete ihr zu. »Du wirst seine Küche noch
schätzen lernen. Er hat viel von seiner Mutter gelernt, die aus Surinam stammt.
Du wirst sehen. Es wird nie langweilig werden. Jan ist ein echter Künstler. Er
kann wie kein Zweiter mit Messer und Kochtopf umgehen.«
Viola legte ihr Besteck beiseite. »Der Fisch war köstlich. Er hatte
nur einen Fehler: Er wurde von einer Ratte gekocht.«
Van Bommel griff ruckartig nach seiner Serviette und warf sie auf
den Tisch. Im gleichen Augenblick hatte er sich aber wieder im Griff. »Du wirst
noch genug Gelegenheiten haben, deinen Mut zu beweisen.«
»Ich werde jetzt aufstehen und gehen.«
»Du wirst keine zehn Schritte weit kommen.«
»Wo bin ich hier?«
»Ort und Zeit sind unwichtig, nur der Gleichklang unserer Herzen
zählt.«
»Ich will hier weg. Und ich werde gehen.«
»Keine Frage, dass du diesen Ort verlassen wirst. Wir haben für
unsere Hochzeit noch viele Dinge zu regeln.«
Ihre Hand krampfte sich um die Serviette.
»Du wirst sehen, wir werden als Traumpaar durch die Welt ziehen. Du
wirst den Reichtum, unseren Reichtum, ganz schnell genießen lernen. Geld ist
wie eine Droge. Geld macht abhängig, Geld macht Träume wahr. Einen größeren
Kick als ein pralles Bankkonto und eine Kreditkarte ohne Limit gibt es nicht.
Du wirst sehen. Das Anfixen geht ganz leicht und tut nicht weh.« Marco van
Bommel lachte dröhnend.
»Du bist krank.«
»Sag das nie mehr. Hörst du? Nie mehr.« Van Bommels Stimme wurde mit
jedem Wort leiser.
Viola fror so plötzlich, als habe jemand hinter ihr ein Fenster
geöffnet. Sie würde dieses Haus niemals lebend verlassen, diese Erkenntnis
schnürte ihr die Luft ab.
»Möchtest du einen Espresso? Eis oder Gebäck?«
Da war sie wieder, diese
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