Schweinsgalopp
Erinnerung hatte.
Aber… wenn sich dort jemand verbarg, um ihm unangenehme Überraschungen zu bescheren… Nun, er mochte nicht nur schlank sein, sondern sogar dürr, aber er war heute ein ganzes Stück größer als der damalige Rudi Rüpel. Sideney lächelte bei der Vorstellung, es dem Schrecken seiner Kindheit heimzuzahlen…
Und dann, als ein Schatten das Licht der Sonne verdunkelte, merkte er plötzlich, daß er lange Locken hatte.
Kaffeetrinken blickte nachdenklich zur Tür.
»Ich sollte sie wohl öffnen«, murmelte er. »Nach all den Bemühungen…«
»Du kontrollierst die Kinder mit Hilfe der Zähne«, sagte Susanne.
»Es klingt seltsam, wenn man es so ausdrückt, nicht wahr?« erwiderte Kaffeetrinken. »Tja, aber so ist das eben mit dieser Art von Magie. Nun, glaubst du, daß dein Großvater versuchen wird, dich zu retten? Allerdings… Ich glaube, er hat gar keine Möglichkeit dazu. Zumindest nicht hier. Diesen Ort kann er nicht aufsuchen. Und deshalb hat er dich geschickt, stimmt’s?«
»Natürlich nicht! Er…« Susanne unterbrach sich. Er hat mich tatsächlich hierhergeschickt, dachte sie und kam sich plötzlich wie eine Närrin vor. Er lernte die Menschen immer besser kennen. Für ein wandelndes Skelett konnte er verblüffend schlau sein…
Aber… wie schlau war Kaffeetrinken? Vielleicht glaubte er fest genug an seine eigene Intelligenz, um nicht zu verstehen, daß Tod… Susanne verdrängte diesen Gedanken hastig, um zu verhindern, daß Kaffeetrinken ihn in ihren Augen sah.
»Er wird es wohl kaum versuchen«, sagte sie. »Er ist nicht so schlau wie du, Herr Kaffeetrinken.«
»Kaf-feh-trin-ken«, sagte Kaffeetrinken automatisch. »Wie schade.«
»Glaubst du im Ernst, daß du mit dieser Sache durchkommst?«
»Meine Güte. Solche Fragen werden wirklich gestellt?« Plötzlich stand Kaffeetrinken ganz dicht vor Susanne. »Ich bin bereits damit durchgekommen. Der Schneevater existiert nicht mehr. Und das ist erst der Anfang. Natürlich werden die Zähne weiterhin gesammelt. Es stehen viele Möglichkeiten offen…«
Es grollte in der Ferne wie von einer herabdonnernden Lawine. Der schlafende Banjo erwachte, und seine unteren Hänge zitterten. Seine enormen Hände hatten bisher auf den Knien geruht und gerieten allmählich in Bewegung.
»Was das bedeutet?« fragte er.
Kaffeetrinken wirkte ein oder zwei Sekunden verwirrt.
»Wie bitte?«
»Du gesagt hast, Schneevater existiert nicht mehr.« Banjo stand auf wie ein Gebirge, das sich zwischen zwei kollidierenden Kontinenten erhob. Seine Hände blieben zunächst in Knienähe.
Kaffeetrinken sah zu ihm auf und blickte dann zum Mittleren Dave.
»Er weiß doch, weshalb wir hier sind, nicht wahr?« fragte er. »Du hast es ihm doch erklärt, oder?«
Mittlerer Dave zuckte mit den Schultern.
»Es den Schneevater geben muß«, sagte Banjo. »Es ihn immer gegeben hat.«
Susanne sah nach unten. Graue Flecken huschten über den weißen Marmor. Sie stand in einer Lache aus Gräue, ebenso wie Banjo. Um Kaffeetrinken herum schwirrten die Flecken wie Wespen über einem Glas Marmelade.
Sie scheinen nach etwas zu suchen, dachte Tods Enkelin.
»Du glaubst doch nicht an den Schneevater, oder?« fragte Kaffeetrinken. »Ein großer Junge wie du.«
»Doch«, erwiderte Banjo. »Was bedeutet: ›Der Schneevater existiert nicht mehr‹?«
Kaffeetrinken deutete auf Susanne.
» Sie hat es getan«, behauptete er. »Sie hat ihn umgebracht.«
Die unverschämte Kindergartenlüge schockierte die junge Frau.
»Nein, ich habe es nicht getan«, widersprach sie. »Er…«
»Sie ist schuld!«
»Bin ich nicht!«
»Bist du doch!«
Banjos Kopf drehte sich, und er starrte Susanne an.
»Was das mit dem Schneevater bedeutet?« fragte er.
»Ich glaube nicht, daß er tot ist«, sagte Susanne. »Aber Kaffeetrinken hat dafür gesorgt, daß er sehr krank geworden ist…«
»Wen kümmert’s?« Kaffeetrinken zuckte zurück. »Wenn dies vorbei ist, bekommst du so viele Geschenke, wie du willst, Banjo. Das verspreche ich dir!«
»Es geben muß den Schneevater«, grollte Banjo. »Sonst gibt es kein Silvester.«
»Es ist nur eine Sonnenwendfeier, weiter nichts«, sagte Kaffeetrinken. »Ich…«
Mittlerer Dave stand auf. Seine rechte Hand ruhte auf dem Schwertknauf.
»Wir gehen jetzt, Kaffeetrinken«, verkündete er. »Banjo und ich. Wir gehen. Diese Sache gefällt mir nicht. Ich habe nichts dagegen, irgendwelche Dinge zu stehlen, aber dies ist nicht mehr ehrlich. Banjo? Du
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