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Schweinsgalopp

Schweinsgalopp

Titel: Schweinsgalopp Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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ganze Autorität in diesen Befehl. Bei Ungehorsam versprach er Tränen vor dem Schlafengehen.
    Zu ihrer großen Überraschung grunzte der Keiler, tänzelte am Rand des Abgrunds und stob dann davon. Die Hunde strampelten und rutschten, als sie den Kurs änderten, um ihm zu folgen.
    Sie befanden sich auf einem Plateau. Der einzige Weg nach unten schien über den einen oder anderen Klippenrand zu führen und somit fataler Natur zu sein.
    Die Hunde schlossen allmählich zu dem Keiler auf.
    Susanne sah sich in der grauen, lichtlosen Welt um. Es mußte doch einen Ausweg geben…
    Tatsächlich.
    Sie bemerkte einen Felsvorsprung, eine lange, natürliche Brücke, die das Plateau mit den Bergen jenseits davon verband: ein schmaler Steg, kaum mehr als eine weiße Linie, rechts und links von tiefer Leere gesäumt.
    Es war besser als nichts. Es war nichts mit Schnee drauf.
    Der Keiler erreichte den Rand und zögerte. Susanne stieß ihm erneut ihre Fersen in die Flanken.
    Mit gesenkter Schnauze und Beinen, die wie Kolben pumpten, stürmte das Tier über den Grat. Schnee spritzte davon, als die stampfenden Füße nach Halt suchten. Den Mangel an Eleganz glich der Keiler mit wilder Entschlossenheit aus. Er bewegte sich wie ein Stepptänzer, der versuchte, auf einer nach unten gleitenden Rolltreppe nach oben zu gelangen.
    »Ja, so ist es richtig, so ist es richtig…«
    Ein Huf rutschte. Einige Sekunden lang schien der Keiler nur noch auf zwei Beinen zu stehen – die beiden anderen glitten über eisverkrusteten Fels. Susanne neigte sich zur gegenüberliegenden Seite, hielt sich am Hals des Tieres fest und glaubte zu spüren, wie die Tiefe an ihnen beiden zerrte.
    Die Leere schien ihnen entgegenzuwachsen.
    Er fängt mich auf, wenn ich falle, er fängt mich auf, wenn ich falle, er fängt mich auf, wenn ich falle…
    Pulvriges Eis stach in Susannes Augen. Ein Schweinsfuß hätte sie fast an der Stirn getroffen.
    Nein, er fängt dich nicht auf, sagte eine ältere Stimme. Wenn ich jetzt falle, verdiene ich es nicht, aufgefangen zu werden.
    Nur wenige Zentimeter trennten sie von den Augen des Keilers. Und dann wußte sie Bescheid…
    Aus den Augen aller Tiere kommt ein Echo. Nur die ungewöhnlichsten Exemplare bilden eine Ausnahme. Und aus dem dunklen Auge vor Susanne… erwiderte jemand ihren Blick.
    Ihr Fuß berührte Fels, und sie konzentrierte ihr ganzes Selbst darauf, nahm ihre Kraft zusammen und stieß sich ab. Schwein und Frau schwankten, und dann rutschten die Füße des Keilers nicht mehr. Er lief wieder, lief über den Grat.
    Susanne riskierte einen Blick über ihre Schulter.
    Die Hunde wirkten noch immer seltsam. Ihre Bewegungen waren ruckartig, als wechselten sie von einer Position in die nächste, ohne von gewöhnlichen Muskeln angetrieben zu werden.
    Es waren keine Hunde. Es waren nur die Gestalten von Hunden.
    Etwas erbebte. Schnee wirbelte. Die Welt kippte. Der Keiler veränderte sich, als er die Muskeln spannte und sprang. Eis und Fels gaben nach, stürzten in die Tiefe, während das Wesen unter Susanne flog.
    Bei der Landung wurde sie vom Rücken des Keilers geworfen und fiel in tiefen Schnee. Sie schlug wild mit den Armen um sich und fürchtete jeden Augenblick, zu rutschen und in die Schlucht zu fallen.
    Statt dessen bekam sie einen Ast zu fassen und hielt sich daran fest. Der Keiler lag einen Meter entfernt auf der Seite und keuchte.
    Susanne richtete sich auf. An dieser Stelle war der Grat kein Grat mehr, sondern ein Berg mit einigen verschneiten Bergen an seiner Flanke.
    Die Hunde erreichten die Kluft und eilten an ihrem Rand hin und her, während sie darauf achteten, nicht abzurutschen.
    Sie sollten eigentlich dazu fähig sein, über die Leere hinwegzuspringen. Der Keiler hatte es geschafft, mit Susanne auf dem Rücken.
    Tods Enkelin schloß beide Hände um den Ast und zog. Mit einem lauten Knacken löste er sich wie ein brechender Eiszapfen, und sie schwang ihn einer Keule gleich.
    »Na los«, sagte sie. »Springt! Versucht es nur! Na los !«
    Einer wagte es. Der Ast traf den Hund, als er landete, riß ihn von den Beinen und schleuderte ihn in die Schlucht.
    Seine Gestalt flackerte kurz, dann verschwand er heulend in der Tiefe.
    Susanne hüpfte einen kurzen Tanz des Zornes und des Triumphes.
    »Ja! Ja! Sonst noch jemand? Noch eine kleine Abreibung gefällig?«
    Die anderen Hunde sahen ihr in die Augen und entschieden sich gegen das Angebot. Nach ein oder zwei vergeblichen Versuchen gelang es ihnen, sich umzudrehen

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