Schwer verliebt: Roman (German Edition)
ältere Detective. Er klingt genauso gelangweilt wie sein jüngerer Kollege.
Ich ziehe meinen Ausweis aus der Tasche und gebe in der Zwischenzeit dem Jüngeren der beiden den Ballonstrauß zum Halten.
»Hübscher Bär«, kommentiert er trocken.
»Danke«, erwidere ich. »Das finde ich auch.«
Sie überprüfen meinen Ausweis. Dann reicht der Ältere ihn mir wieder und sagt: »Sie können reingehen.« Mit dem Kinn weist er auf die Tür von Manuels Zimmer.
Ich nehme meine Ballons und manövriere mich damit durch die Tür. Leise gehe ich auf Manuels Bett zu. Er beobachtet mich dabei, gibt allerdings keinen Laut von sich. Die einzigen Geräusche im Zimmer sind das stetige Atmen seines Onkels und der Frau, von der ich annehme, dass sie seine Mutter ist. Dazu klicken noch die Maschinen an Manuels Bett.
»Hallo, Manuel«, sage ich lächelnd und halte die Ballons so, dass er sie sehen kann. »Die sind für dich, von uns allen aus Fisher Hall. Hoffentlich geht es dir bald wieder besser. Tut mir leid mit dem Bären, ich weiß ja, das ist ein bisschen, na ja. Aber Blumen hatten sie nicht mehr.«
Manuel bringt ein kleines Lächeln zustande und ermutigt
fahre ich fort: »Dir geht es nicht so toll, was? Es tut mir so leid, was diese Typen mit dir angestellt haben, Manuel. Das ist zum Kotzen!«
Manuel öffnet den Mund, um etwas zu sagen, aber es kommt nur ein grunzendes Geräusch heraus. Ich sehe, wie sein Blick zu dem braunen Krug auf dem Tisch an seinem Bett wandert. Daneben stehen ein paar Pappbecher.
»Möchtest du etwas Wasser?«, frage ich. »Oder darfst du noch nichts trinken? Manchmal verbieten sie es ja, wenn man noch mal operiert werden muss oder so.«
Manuel schüttelt den Kopf. Ich lasse die Ballons los, die sofort an die Decke steigen, und gieße ein wenig Wasser in einen Pappbecher.
»Bitte«, sage ich und reiche ihm den Becher.
Er ist jedoch zu schwach, um die Hand zu heben, es hängen sowieso viel zu viele Schläuche daran, deshalb halte ich ihn an seine Lippen. Durstig trinkt er.
Als er alles ausgetrunken hat, wirft er erneut einen Blick auf den Krug, also denke ich mir, dass er noch mehr Wasser möchte. Ich schenke ihm noch einmal Wasser ein, und er trinkt auch diesen Becher ganz aus, nur langsamer dieses Mal. Als er fertig ist, frage ich ihn, ob er noch etwas möchte. Manuel schüttelt den Kopf. Jetzt kann er endlich wieder sprechen.
»Ich hatte solchen Durst«, sagt er. »Ich habe versucht, mich denen da verständlich zu machen«, er weist mit dem Kopf auf den Gang, wo die beiden Polizisten stehen. »Aber sie haben mich nicht verstanden. Reden konnte ich nicht, weil mein Hals so trocken war. Danke.«
»Oh«, erwidere ich. »Kein Problem.«
»Danke für gestern Abend«, fügt Manuel hinzu. Sehr laut kann er immer noch nicht sprechen, aber auch als Gesunder
hat er keine besonders laute Stimme gehabt, deshalb kann ich nur schwer verstehen, was er sagt. Aber ich beuge mich so dicht über ihn, dass ich das Meiste mitbekomme. »Onkel Julio hat gesagt, Sie haben mir das Leben gerettet.«
Ich schüttele den Kopf. »O nein«, erwidere ich. »Das waren die Sanitäter und der Notarzt. Ich war einfach nur zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort.«
»Da hatte ich ja noch mal Glück.« Manuel lächelt mühsam. »Was mir keiner gesagt hat – haben wir gewonnen?«
»Das Basketballspiel?« Ich muss unwillkürlich lachen. »Nein. In der zweiten Halbzeit haben sie uns fertiggemacht.«
»Es war meine Schuld«, sagt Manuel mit gequältem Gesichtsausdruck.
»Nein, es war nicht deine Schuld.« Ich lache immer noch. »Die Stiefmütterchen haben es versiebt, das ist alles.«
»Meine Schuld«, wiederholt Manuel. Seine Stimme bricht.
Ich höre auf zu lachen, weil ich merke, dass er weint. Dicke Tränen quellen unter seinen Augenlidern hervor, und er ist zu schwach, um die Hand zu heben und sie wegzuwischen.
»Es ist nicht deine Schuld, Manuel«, sage ich. »Wie kommst du nur auf die Idee? Die Jungs in der Mannschaft haben erst nach dem Spiel erfahren, was passiert ist, weil Coach Andrews es ihnen nicht gesagt hat …«
»Nein«, sagt Manuel. Die Tränen strömen ihm jetzt übers Gesicht. »Es war meine Schuld mit Lindsay. Meine Schuld, dass sie gestorben ist.«
Ach, du lieber Himmel. »Manuel«, erwidere ich, »es ist ganz bestimmt nicht deine Schuld, dass Lindsay umgebracht worden ist. Ganz sicher nicht.«
»Ich habe ihr den Schlüssel gegeben«, beharrt Manuel. Mit Mühe ballt er eine Faust und schlägt
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