Schwer verliebt: Roman (German Edition)
jämmerlich leicht auf die Matratze.
»Das bedeutet noch lange nicht, dass du sie umgebracht hast.«
»Aber sie wäre nicht tot, wenn ich ihn ihr nicht gegeben hätte. Ich hätte nein sagen sollen, als sie mich gefragt hat. Ich hätte nein sagen sollen. Aber sie hat so geweint.«
»Ja«, sage ich. Ich blicke aus dem Zimmer zu den beiden Polizisten im Gang. Sie sind verschwunden. Wo sind sie hingegangen? Am liebsten würde ich hinter ihnen herrennen und sie hereinholen, aber ich will nicht, dass Manuel aufhört zu reden. »Das hast du gestern Abend schon gesagt. Wann ist sie denn weinend zu dir gekommen, Manuel? Wann hat sie dich um den Schlüssel gebeten?«
»Montagabend, kurz bevor ich nach Hause ging«, sagt er. »Es war kurz nach sieben, weil die Cafeteria eben erst geschlossen worden war. Ich hatte eine Doppelschicht gemacht, weil Fernando zu der Geburtstagsfeier seiner Großmutter musste. An dem Feiertag, Sie wissen schon. Als ich den Mantel anzog, um nach Hause zu gehen, kam sie zu mir und fragte, ob ich ihr meinen Schlüssel zur Cafeteria borgen könne, weil sie etwas darin vergessen habe.«
»Hat sie gesagt, was?«, frage ich und blicke zur Tür. Wo sind diese Typen bloß? »Was sie vergessen hatte, meine ich.«
Manuel schüttelt den Kopf. Er weint immer noch.
»Ich hätte mit ihr gehen sollen. Ich hätte ihr die Tür aufschließen und warten sollen, bis sie geholt hatte, was sie in
der Cafeteria vergessen hatte. Aber ich war verabredet«, so wie er verabredet sagt, ist ganz klar, dass er ein Mädchen meint, »und ich war sowieso schon zu spät, außerdem… na ja, es war Lindsay.«
»Ja, klar«, sage ich ermutigend. »Wir kannten ja Lindsay alle und vertrauten ihr.« Allerdings bekomme ich langsam das Gefühl, dass wir das besser nicht getan hätten.
»Ja. Trotzdem hätte ich ihn ihr nicht geben dürfen«, fährt Manuel fort. »Aber sie war so hübsch und nett. Und alle mochten sie. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass sie den Schlüssel für etwas Schlimmes brauchte. Sie sagte, es sei echt wichtig, irgendetwas, das sie den Leuten zurückgeben müsse, von denen sie es geliehen hatte. Sonst würden sie böse, sagte sie.«
Mir wird es plötzlich ganz kalt. »Hat sie nicht gesagt, was das für Leute waren?«
Manuel schüttelt den Kopf.
»Und sie hat auch ganz bestimmt im Plural geredet, es war also mehr als eine Person?«
Er nickt.
Na, das war ja merkwürdig. Oder wollte Lindsay einfach nur das Geschlecht der Person, von der sie geredet hatte, nicht preisgeben?
»Du hast ihr also den Schlüssel gegeben«, sage ich. Manuel nickt kläglich. »Sie hat gesagt, sie würde ihn mir zurückgeben. Sie würde am nächsten Morgen um zehn vorne am Empfang vorbeikommen und ihn mir geben. Ich wartete. Ich habe noch da vorne gewartet, als die Polizei kam. Niemand hat mir gesagt, was los war. Sie gingen einfach alle an mir vorbei. Ich stand da und wartete auf sie, dabei lag sie die ganze Zeit über tot in der Cafeteria!«
Manuel versagt die Stimme, weil er so heftig schluchzt.
Eine der Maschinen, mit der er durch einen Schlauch verbunden ist, beginnt zu piepsen. Die Frau, die ich für seine Mutter halte, regt sich verschlafen.
»Wenn …«, sagt Manuel. »Wenn…«
»Sag jetzt nichts, Manuel«, unterbreche ich ihn. Zu der Frau, die gerade aufgewacht ist, sage ich: »Holen Sie eine Krankenschwester.« Sie reißt die Augen auf und rennt aus dem Zimmer.
»Wenn…«, wiederholt Manuel.
»Manuel, du darfst nicht sprechen«, sage ich. Auch Julio ist mittlerweile wach und murmelt seinem Neffen irgendetwas auf Spanisch zu.
Aber Manuel beruhigt sich nicht.
»Aber wenn es nicht meine Schuld war«, stößt er schließlich hervor, »warum haben sie denn dann versucht, mich zu töten?«
»Weil sie glauben, du wüsstest, wer sie sind«, erwidere ich. »Die Leute, die Lindsay umgebracht haben, glauben, du könntest sie identifizieren. Offensichtlich hat Lindsay etwas zu dir gesagt, das sie auf diese Idee gebracht hat. Versuch dich zu erinnern, Manuel.«
»Sie sagte … Sie sagte etwas über jemanden namens …«
»Doug?«, unterbreche ich ihn aufgeregt. »Hat sie etwas über jemanden gesagt, der Doug heißt? Oder Mark vielleicht?«
Das Piepsen wird immer lauter, und jetzt stürzen eine Ärztin und zwei Schwestern ins Zimmer, gefolgt von Manuels Mutter und den beiden Detectives.
»Nein«, erwidert Manuel. Seine Stimme wird schwächer. »Ich glaube, der Name war Steve. Sie hat gesagt, Steve würde
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