Schwere Schuld / Der Wächter meiner Schwester - Zwei neue Romane in einem Band
aus Sacramento. Ich glaube, er ist in Hillsborough oder irgendeiner anderen teuren Gegend aufgewachsen. Vielleicht ist er nach Stanford gegangen.«
»Will, ich habe mich diskret nach ihm umgehört. Niemand aus der guten alten Zeit kennt ihn, und er stammt nicht aus Nordkalifornien, er ist aus Massachusetts.«
»Na und?«
»Ich will darauf hinaus, dass alles, was wir über ihn wissen, durch Jane gefiltert worden ist. Jane hat uns erzählt, sie rechnete damit, dass Parker die Hütte abbezahlt. Aber wenn er geistig derart eingeschränkt war, wie könnte das dann geschehen? Vielleicht ließ sie ihn in der Hütte bleiben, weil er ihr nützlich war. Sie hat ihn sich warmgehalten, weil sie wusste, dass sie ihn brauchen würde, um Davida umzubringen.«
»Wenn Parker verrückt war, warum sollte Jane sich dann auf ihn verlassen? Zum Teufel, warum würde sie ihn überhaupt heiraten?«
»Vielleicht hatten sie seine Krankheit im Griff - mit Medikamenten auf Rezept oder sonst wie. Vielleicht war es für ihn leichter, den Schein zu wahren, solange er mit Jane verheiratet war. Als sie die Scheidung einreichte - und aus den Unterlagen geht hervor, dass sie den Antrag gestellt hat -, brach er zusammen. Und was die Frage betrifft, wie sie sich auf ihn verlassen konnte: Sie kannte ihn ja ziemlich gut und wusste, wie sie es anstellen musste, um zu bekommen, was sie wollte.«
»Klingt nach einem Film«, sagte Barnes. »Du gibst dir große Mühe. Warum?«
»Es kommt mir einfach nicht stimmig vor. Der Typ ist
zu verrückt, um das alles auf eigene Faust machen zu können.«
»Was ist Janes Motiv?«
»Davida wollte ihr den Laufpass geben, und das hat sie angekotzt. Oder Davida hatte vor, sie als Lesbierin zu outen, und damit konnte sie nicht umgehen. Du hast gemerkt, wie empfindlich sie war, als wir bei Lucille mit ihr geredet haben. Gab es denn eine bessere Methode, Davida loszuwerden, als den armen psychotischen Parker auf sie zu hetzen, indem sie ihm erzählte, es wäre allein Davidas Schuld, dass ihre Ehe in die Brüche gegangen war? Davida stirbt, Parker sitzt hinter Gittern. Das nennt man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.«
»Du hast eine blühende Phantasie«, sagte Barnes. »Hast du mal daran gedacht, zu kündigen und Drehbücher zu schreiben?«
»Zugegeben, ich kann nichts davon beweisen, und vielleicht erweist es sich als Hirngespinst. Soll ich es allein überprüfen oder mit dir?«
»Dazwischen kann ich wählen?«
»Auf jeden Fall, Partner.«
Barnes schlug mit dem Löffel gegen seine Espressotasse. »Falls Parker derart gestört ist, war er vielleicht schon mal in einer Anstalt, und wir können mehr darüber erfahren, wie es in seinem Kopf aussieht. Willst du das nicht überprüfen?«
»Und du redest mit Jane?«
»Ich hab gedacht, ich knöpfe mir mal die finanzielle Situation von Jane und Parker vor, schaue nach, ob sie ihn unterstützt hat und wie lange. Wenn du willst, dass wir alles zusammen unternehmen, prima, dann spiele ich nicht mehr den Cowboy.«
Amanda lachte. »Nein, ich hab nur so gefragt. Teilen wir es unter uns auf. Du kannst sogar deinen Schlips tragen.«
23
Es dauerte mehrere Tage, bis Captain Torres den Detectives widerwillig grünes Licht einräumte. Nachdem das Beweismaterial präsentiert und untermauert war, hatte der Boss keine andere Wahl, aber er wies sie an, »taktvoll« zu sein. Was immer das hieß.
Die Anweisung gab er an beide aus, aber er sah Barnes direkt in die Augen. Amanda hatte ihn gedeckt und behauptet, die rasche Spritztour zu Seldeys Hütte wäre eine gemeinsame Entscheidung gewesen, aber Torres war kein Idiot.
Barnes hielt den Mund und sagte: »Ja, Sir.« Salutierte hinter Torres Rücken, als der Captain sich auf den Weg zu einem Meeting machte.
Das Mittagsgeschäft in der Woman’s Association war lebhaft, die Tische voller feiner Ladys, die ihre Kiefermuskeln mit Klatsch und Tratsch und dem Tagesgericht trainierten. Barnes kam sich in Jackett und Krawatte eingezwängt vor, aber Amanda glitt in einem dunkelblauen Kostüm mit passenden Pumps durch den Speisesaal wie auf Kufen.
Der Tisch, nach dem sie Ausschau hielten, stand in der Ecke. Sechs Siebzigjährige plauderten und schwangen ihr Besteck mit einer Präzision, wie man sie im Mädchenpensionat eingetrichtert bekam. Fünf von ihnen konzentrierten ihre Aufmerksamkeit auf eine schwarzhaarige Witwe, die ein schwarzes Strickkostüm und Perlohrringe trug. Eine dünne alte Frau, beinahe abgezehrt, die ihre
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