Schwere Wetter
Vollmers. »Der Kaufpreis wurde per Blitzüberweisung per
Western Union beglichen. Über diesen Weg haben Sie keine Chance, an die Quelle
heranzukommen. Die kann irgendwo auf der Welt sein.«
»Das Opfer war
Student«, warf Lüder ein.
»Ein sehr
merkwürdiger«, antwortete Vollmers.
»Und? Wo ist der
erste Pajero?«
»Das würde ich
auch gern wissen«, entgegnete der Hauptkommissar.
Nach dem Gespräch
mit Vollmers rief Lüder in der Kriminaltechnik an und ließ sich mit Siedschlag
verbinden.
»Wir haben noch
kein Ergebnis«, sagte der Ingenieur unaufgefordert.
»Legen Sie Ihr
Augenmerk einmal auf ein Modell Mitsubishi Pajero als möglichen
Unfallverursacher«, schlug Lüder vor.
»Wie kommen Sie
darauf?«
»Intuition«, wich
Lüder aus.
Danach nahm er
Kontakt zur Kriminalpolizeistelle Kiel auf. Diese Dienststelle mit dem für
Laien ungewöhnlichen Namen war im selben historischen Gebäude in der Kieler
Blumenstraße, kurz in der »Blume«, untergebracht, gehörte aber nicht zur
Bezirkskriminalinspektion, für die Vollmers tätig war.
Der zuständige
Sachbearbeiter war Kommissar Hirthe. Lüder trug ihm die Erkenntnisse vom
vermeintlichen Betrug an dem Inhaber des Geschäfts für Anglerbedarf vor. Er
berichtete von seinem Verdacht, dass Dolf Waldow, eventuell unter
Mitwisserschaft von Ulf Besenreither, die an Herrn Dingens ausgelieferte
Software manipuliert und anschließend auf betrügerische Weise eine angebliche
Schutzsoftware vermittelt hatte.
»Das ist die
moderne Form der guten alten Schutzgelderpressung«, schloss Lüder und bat
Hirthe, im Stillen zu ermitteln, aber noch keine Aktionen durchzuführen, da er
seine eigenen Ermittlungen nicht gefährdet wissen wollte.
Der Mordfall von
der Rendsburger Schwebefähre wurde immer rätselhafter. Zu den bisher noch nicht
geklärten Fragen kamen weitere hinzu. Und bisher war es ihnen nicht gelungen,
Antworten zu finden.
Als Nächstes
beschloss Lüder, Dolf Waldow aufzusuchen.
Der Mann wohnte in
einem der Atriumbungalows im Stadtteil Schilksee, nördlich des Kanals. Der
Ortsteil war Quartier für die olympischen Segler 1972 gewesen. Von dort
starteten auch die Segelwettbewerbe.
Der Piratenpfad
lag in einem Areal, das nur über Fußwege erreichbar war. Zur Zeit der
Entstehung war es sicher eine durchdachte Konzeption gewesen, die bis heute
ihren Reiz behalten hatte, auch wenn man einer Reihe Häuser ansah, dass sie in
die Jahre gekommen waren.
Anstatt eines
Klingeltons erklang die Marseillaise. Lüder bemerkte, wie ein Kameraobjektiv
auf ihn gerichtet wurde. Aus dem Mauerwerk schien ihn eine Stimme anzusprechen.
»Ja?«
»Lüders, Polizei
Kiel. Ich möchte gern mit Herrn Waldow sprechen.«
»Und?«
»Haben wir eine
Fernbeziehung?«
Die Stimme lachte.
Wenig später öffnete ein Mann die Tür. Er hatte eine Jimi-Hendrix-Frisur,
schwarze Bartstoppeln im Gesicht und musterte Lüder kritisch.
»Herr Waldow?«
»Kann ich das
leugnen?«
»Meineid wird
bestraft«, sagte Lüder und ging auf die flapsige Art ein.
»Was habe ich
verbrochen?«
»Das möchte ich
mit Ihnen klären. Soll das eine Stehparty werden?«
»Kommen Sie«,
forderte Waldow ihn auf und führte ihn in einen Raum, den Lüder nicht unbedingt
als Wohnzimmer bezeichnen wollte. Stahl, Glas und Kunststoff als Material für
die Sitz- und Aufbewahrungsmöbel verliehen dem Zimmer einen Anstrich, als hätte
Lüder sich in die Kommandozentrale des Raumschiffs Enterprise verirrt. Dazu
trugen sicher auch die wahllos im Raum verteilten Netbooks und Smartphones bei.
Es schien, als würden sie mit Softgetränken betrieben. Denn neben jedem
elektronischen Gerät stand eine Flasche Cola oder ein Energydrink.
Nachdem Waldow
sich auf einen Sitzsack hatte fallen lassen und keine Anstalten machte, Lüder
einen Platz anzubieten, suchte dieser sich selbst eine Sitzgelegenheit. Er
wählte einen futuristisch aussehenden Stuhl, der sich trotz der eigentümlichen
Form als bequem erwies.
»Sie sind bei
›personality protecting‹ engagiert«, begann Lüder.
»Ist das
verboten?«
»Das kommt darauf
an, was Sie dort treiben.«
Waldow spitzte die
Lippen und ließ ein überheblich wirkendes Lächeln um seine Mundwinkel spielen.
»Schickt Sie die
Wirtschaftsbourgeoisie, der wir auf die Füße treten? Oder ist es Ihr
Brötchengeber, dem es nicht behagt, dass wir seine Big-Brother-Aktivitäten
genau beobachten?«
»Vielleicht ist es
das kleine Männchen, das dem gesunden Volksempfinden innewohnt und für
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