Schwere Wetter
vermutlich am schnellsten voranginge.
Ungeduldig
registrierte sie, wie die Kundin an der Kasse im Zeitlupentempo ihre gescannte
Ware wieder in mitgebrachte Einkaufstaschen sortierte, dabei jeden Artikel in
die Hand nahm, begutachtete und sichtbar überlegte, in welchen Beutel sie ihn
verstauen sollte. Zwischendurch begann sie zudem eine Diskussion mit der
Kassiererin, ob der angezeigte Preis korrekt sei. Umständlich kramte sie in
ihrer Geldbörse, suchte nach Kleingeld und entschloss sich nach »Stunden« – so
schien es Erika Bremer – doch, mit einem Schein zu bezahlen.
Jetzt waren noch
zwei Kunden vor ihr. Der Mann hatte seine Waren zügig auf das Laufband gelegt,
hielt die Schlange aber auf, indem er mit der Kassiererin ein kleines
Schwätzchen über den Gebrauch des Zigarettenautomaten führte, der seine Ware
direkt auf das Laufband ausspuckte.
Während die
Kassiererin eine Flasche Schnaps am Scanner vorbeizog, hielt sie plötzlich
inne, stutzte und wiederholte den Vorgang. Das Erstaunen war ihr anzusehen. Sie
probierte es noch zweimal, zuckte mit den Schultern, suchte die Artikelnummer
unterhalb des Balkencodes und gab ihn mühsam per Hand ein. Als auch das
erfolglos war, drehte sie sich zu ihrer Kollegin an der Nachbarkasse um.
»Ist bei dir alles
in Ordnung, Renate?«, fragte sie.
»Da ist was«,
erwiderte die. »Bei mir steht alles. Da rührt sich nix.«
»Hier auch. Was
ist denn los?«
»Scheint was mit
dem System zu sein«, mischte sich eine dritte Kassiererin ein. »Da geht nichts.
Tot.«
Die Mitarbeiterin
an Erika Bremers Kasse reckte sich in die Hö- he.
»Wo bleibt Müller
denn?«, fragte sie und versuchte, über die Köpfe der Kunden hinwegzusehen.
In diesem
Augenblick tauchte ein hagerer Mann mit rötlichem Haarschopf auf, der
aufgebracht wirkte und sich zwischen zwei Kassen stellte.
»Funktionieren
alle nicht?«, fragte er und sah ratlos aus, als seine Mitarbeiterinnen es
bestätigten.
»Da scheint das
System ausgefallen zu sein«, stellte er fest.
»Dann schalten Sie
doch die Notstromversorgung ein«, forderte der Kunde an der Spitze von Erika
Bremers Schlange.
»Saft ist doch da.
Das Rechnersystem streikt.«
»Mir doch egal«,
schimpfte der Kunde. »Dann kassieren Sie doch so. Per Hand.«
»Geht nicht«,
erklärte der Filialleiter.
»Wieso nicht? War
früher doch auch möglich.«
»Heute ist alles
vernetzt. Da hängt das ganze Warenwirtschaftssystem hinter.«
»Ist doch
scheißegal.« Der Kunde war sichtlich ungehalten. »Oder ist das Personal zu doof
dazu?«
»Mein Herr, ich
bitte um Ihr Verständnis«, versuchte Herr Müller den Kunden zu beschwichtigen.
Vergeblich.
»Was ist das für
ein Mistladen«, fluchte der Kunde. »Behaltet doch euren Scheiß.« Er drehte sich
um und verließ laut schimpfend das Geschäft.
»Das gibt's doch
nicht.« Die Frau vor Erika Bremer drehte sich zu ihr um. »Das ist unerhört.
Jetzt, vor dem Wochenende. Was erlauben die sich?«
Erika Bremer war
ratlos. Sie sah auf den Inhalt ihres Einkaufswagens und hörte, wie ein anderer
Kunde den Filialleiter fragte, wie lange es dauern würde.
Müller zuckte
hilflos die Schulter. »Keine Ahnung«, gestand er. »Ich bin da ratlos. Wir
können von hier nichts machen.«
Da half kein
Schimpfen, keine Diskussion. Erika Bremer schob ihren Wagen zur Seite.
»Dann eben nicht«,
sagte sie mehr zu sich selbst und verließ den Laden. Sie war genauso ratlos wie
der Filialleiter. Wie sollte sie ihre Einkäufe tätigen? Im Zweifelsfall müsste
sie den Arzttermin absagen und sich einen neuen geben lassen. Das bedeutete
erneutes Warten. Und Sandro? Dem müsste sie Geld auf den Küchentisch legen,
damit er sich ein paar Sachen zum Essen einkaufen
konnte. Natürlich würde ihr Sohn nicht auf die Preise achten, vielleicht sogar
eine Dönerbude oder einen Imbiss aufsuchen und somit das ohnehin knappe
Haushaltsbudget zusätzlich belasten. Erika Bremer würde es am Ende des
kommenden Monats spüren, wenn das Geld noch zwei Tage weniger reichen würde.
Zornig kehrte sie
zu ihrem Twingo zurück. Warum musste sie darunter leiden, dass die
Supermarktleute ihre Technik nicht im Griff hatten?
***
Im Büro fand Lüder
eine Nachricht von Dolf Waldow vor. Der behauptete, nur ein Bekannter von ihm
würde einen Geländewagen fahren, und zwar einen Hummer. Damit verlief diese
mögliche Spur im Sand.
Interessanter,
wenn auch nicht weiterführender, war die Auswertung der Kleidung von Dustin
McCormick. Es gab keine Anzeichen von
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