Schwere Wetter
Auto
getötet.«
Vollmers ging auch
hierauf nicht ein. »Wir haben aber noch andere Ergebnisse«, sagte der
Hauptkommissar stattdessen. »Ich bin nicht zufrieden. Im Fernsehen klappt es
immer. Da schicken die einen trotteligen Hiwi los, der alles zusammenträgt. Und
die haben stets umfassende Informationen.«
»Wenn Sie damit
nicht aufwarten können«, sagte Lüder, »liegt es vermutlich daran, dass Sie
keine Trottel in Ihrem Team haben.«
»Kann sein«,
erwiderte Vollmers und holte tief Luft. »Wir haben eine ganze Reihe von
Tankstellen abgeklappert. ›Möglich‹, ›Kann sein‹, haben wir gehört. Nun kommen
Sie mir nicht mit der Frage, ob wir die Videoaufzeichnungen kontrollieren
können. An welchen Tankstellen? Über wie viele Tage?«
Lüder lächelte.
»Da liegen die Grenzen unserer Möglichkeiten.«
»Die Miete wurde
monatlich bar bei der Sparkasse eingezahlt. Dass wir ordentlich gearbeitet
haben –«
»Daran hat nie
jemand gezweifelt«, unterbrach ihn Lüder.
»… erkennt man
daran, dass wir jetzt wissen, wie McCormick an Geld gekommen ist. Er scheint
wirklich alles in bar abgewickelt zu haben. Das ist über Western Union
gelaufen. Die haben sich darauf spezialisiert, weltweiten Geldtransfer
vorzunehmen. Sie zahlen irgendwo Geld ein, und der Empfänger hebt es rund um
den Globus ab. In Deutschland ist zum Beispiel die Postbank
Kooperationspartner. McCormick hat also die Info bekommen, dass Geld für ihn
unterwegs war. Dazu erhält er auch eine Transaktionsnummer sowie die Höhe des
Betrages, den er erwartet. Mit diesen Informationen geht er zur Postbank, füllt
ein Formular aus und legt seinen Pass vor. Und schon erhält er die Summe
ausgezahlt.«
»Kann man darüber
nicht den Auftraggeber zurückverfolgen?«
»Ja – natürlich.«
»Und?«, fragte
Lüder.
»Das ist jemand
mit Humor. Der Absender ist Uncle Sam.«
»Eine Behörde in
den Staaten?«
»Vielleicht«,
sagte Vollmers. »Genau genommen heißt der Absender Sam Hawkins, USA .«
»Mehr nicht?«
»Nein. Wir können
ja Arbeitsteilung vereinbaren. Wir durchforsten in den nächsten Jahren alle
Videoaufzeichnungen der Tankstellen in Norddeutschland, und Sie suchen bis zur
Pensionierung Sam Hawkins, wohnhaft in Nordamerika.«
Über diesen Weg
kamen sie nicht weiter. Insgesamt war es schon merkwürdig, überlegte Lüder, wie
McCormick sich verhalten hatte. Die angewandten Methoden waren durchdacht, man
vermied es, Spuren zu hinterlassen – elektronische Fingerabdrücke, setzte Lüder
seinen Gedanken fort. McCormick musste über Unterstützer jenseits des Atlantiks
verfügt haben. Für Lüder schien es immer klarer, dass der Amerikaner mit einem
Auftrag unterwegs war. Und dieser Auftrag störte irgendjemanden so sehr, dass
McCormick sterben musste. Offenbar hatte er etwas entdeckt, was seinen
Widersachern gefährlich werden konnte.
Schließlich war da
noch die merkwürdige Methode, wie man ihn ermordet hatte. McCormick hatte nicht
übermäßig leiden sollen, so schien es Lüder, aber das Hineintauchen ins Wasser
hatte Symbolcharakter.
Eintauchen.
Wasser. Lüder durchfuhr es wie ein Blitz. Es schien ihm so abwegig, dass er
zunächst an seinen eigenen Gedanken zweifelte.
Es war durch die
Weltpresse gegangen, dass die Amerikaner in Guantánamo ihre Gefangenen durch
vorgetäuschtes Ertränken gefoltert hatten, das sogenannte »Waterboarding«. Beim
Opfer wurde durch den Würgereflex der Eindruck erweckt, es würde ertränkt
werden. Die Atmung wurde dadurch erschwert, dass ein ständig mit Wasser
übergossenes Tuch, das über Mund und Nase gelegt wurde, die Atmung erschwerte.
Lag der Kopf tiefer als der Körper, konnte kein Wasser in die Lunge eindringen.
Diese unmenschliche Foltermethode brach den Widerstand des Opfers in kürzester
Zeit. Und sie hinterließ fast keine Spuren.
McCormick wurde
durch eine Methode ermordet, die an das Waterboarding erinnern sollte. Und nur
die Betroffenen hätten das erkennen sollen. Sicher hatten die Amerikaner das
verstanden. Es war ein stilles Zwiegespräch zwischen den Amerikanern und den
Tätern. Und die waren davon ausgegangen, dass die »dummen« deutschen Behörden
das nicht verstehen würden. Darum schwiegen auch die Amerikaner. Deshalb
erhielt Lüder keine Antwort vom Konsulat aus Hamburg, Jo Dellany ließ sich aus
gutem Grund verleugnen.
Das bedeutete …
Für Lüder war es jetzt klar. Dustin McCormick, oder wie er auch immer heißen
mochte, war für eine amerikanische Behörde unterwegs.
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