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Schwere Wetter

Schwere Wetter

Titel: Schwere Wetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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aufzulehnen? Die Mitarbeiter werden
mit außergewöhnlich guten Gehältern geködert. Wer beißt die Hand, die ihn
füttert?«
    »Das alles liegt
Ihnen so am Herzen, dass Sie es mir heute an einem neutralen Ort anvertrauen
wollen?«
    »Nicht nur das.
Ich möchte niemanden anschwärzen. Es verstößt auch gegen meine Treuepflicht gegenüber
dem Arbeitgeber, aber ich habe das Gefühl, dass nicht alles mit rechten Dingen
zugeht, was bei der ›global data framework‹ entwickelt wird.«
    »Sie meinen, dort
wird gegen Datenschutzbestimmungen verstoßen?«
    »Das kann ich
nicht beurteilen. Ich bin kein Jurist. Nein! Ich habe nur Bruchstücke
aufgeschnappt, wenn sich andere Systementwickler über ihre Arbeit ausgetauscht
haben. Einmal haben drei ein Fachgespräch geführt. Ich musste Desinteresse
heucheln und habe deshalb nur Fragmente verstanden. Aber es ging um
Algorithmen, mit denen der Datenverkehr verfolgt und analysiert und in der
nächsten Stufe konsolidiert werden kann.«
    »Können Sie das an
einem Beispiel erläutern?«, bat Lüder.
    »Ich will es
versuchen. Datenverkehr ist, vereinfacht ausgedrückt, alles, was Sie an
Kommunikation austauschen. Ihre SMS werden
mitgeschnitten, die Handygespräche überwacht, die E-Mails werden analysiert und
die Internetaktivitäten gespeichert. Mit einem ausgeklügelten Algorithmus wird
das alles zusammengesetzt und nach mathematischen Methoden ausgewertet. Sie
erhalten als Ergebnis einen Schlüsselwert, der Ihre Persönlichkeit beschreibt,
Ihre Interessen widerspiegelt, vor allem aber Ihre Meinungen und Ansichten
darstellt.«
    »Also auch die
weltanschaulichen und politischen.«
    Tödter nickte.
    »Und wie soll das
funktionieren?«
    Der junge Mann
zuckte hilflos mit den Schultern und deutete mit Daumen und Zeigefinger einen
kleinen Spalt an. »Ich bin doch nur ein kleines Licht. Und schon gar kein
Freak, der so etwas kann. Ich könnte mir vorstellen, dass der Datenverkehr auf
Schlüsselbegriffe untersucht wird.«
    »Auch das
gesprochene Wort?«
    »Natürlich.
Computer verstehen auch das. Denken Sie an die Sprachcomputer, wenn Sie eine
Reiseverbindung haben möchten. Da versteht der Computer, wenn Sie Tag, Stunde
und das Reiseziel nennen. Oder aber wenn Sie mit einem Callcenter verbunden
sind. Sie beantworten Fragen und werden zum richtigen Platz durchgestellt.«
    Lüder lächelte,
als er sich erinnerte, dass Boykotteure dieser Technik die Weisheit unter das
Volk brachten, dass man den Computer dadurch verwirren könne, dass man die
Antworten nicht sprach, sondern sang. Das würde jeden Rechner zur Verzweiflung
treiben, und er würde den Anrufer schließlich mit einem Menschen verbinden. Was
würde sein Bankberater sagen, wenn Lüder den Wunsch nach einer Überziehung des
Girokontos singenderweise vortragen würde? Man konnte das Gespräch nicht
mitschneiden, aber die Möglichkeit einer Zustimmung der Bank würde gegen null
tendieren.
    Tödter sah Lüder
irritiert an. Er konnte Lüders Lächeln nicht deuten.
    »Eine solche
Technik«, fuhr der junge Mann schließlich fort, »ist eine Zukunftsvision. Man
munkelt, dass die Amerikaner sie einsetzen und damit den Datenverkehr via
Satellit abhören. Die Spionagesatelliten können alle Telefonate rund um den
Globus erfassen. Es gibt praktisch keine weißen Flecken mehr.«
    Das war richtig.
Lüder wusste davon.
    »Im Übrigen
erzählt man sich, dass Sie«, dabei wies Tödter auf Lüder, »bei der Polizei auch
solche Software einsetzen. Es soll der Terrorismusbekämpfung dienen.«
    Erwartungsvoll
musterte der junge Mann Lüder. Doch der antwortete nicht.
    »Mahmud al-Rahman
ist einer der Entwickler solcher Systeme?«, fragte Lüder.
    »Vermutlich – ja«,
erwiderte Tödter. »Ich habe ihn im Gespräch mit Tian gesehen.«
    »Wu Zang Tian?«
    »Ich kenne nur den
Vornamen.«
    »Glauben Sie, dass
jemand den Verdacht hegen könnte, dass Sie über die Informationen verfügen, die
Sie mir heute weitergegeben haben?«
    »Sie meinen, dass
irgendjemand weiß, dass ich etwas weiß?«, übersetzte der junge Mann die Frage.
Er sah Lüder nachdenklich an. »Ich glaube nicht. Das ist dieses kleine
Quäntchen Zufall, das auch im bestgehüteten Rahmen Informationen nach draußen
dringen lässt.«
    »Wo haben Sie
studiert? In Kiel?«
    »Nein. Ich habe
angewandte Informatik an der Fachhochschule in Flensburg studiert.«
    »Dann kennen Sie
Professor Eglschwiler nicht? Oder seine Mitarbeiter Rottenberg und Meerwein?«
    »Eglschwiler kennt
fast jeder, der in

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