Schwere Wetter
Beyer
nickte.
Lüder klopfte pro
forma an und öffnete im selben Moment die Tür.
Erschrocken sah
Dr. Starke auf. Der Kriminaldirektor schaffte es aber nicht, seinen Finger, der
bis zum zweiten Gelenk verschwunden war, aus dem Nasenloch herauszubekommen.
»Ich verzichte auf
das Ritual des Händeschüttelns«, sagte Lüder mit süffisantem Unterton und nahm
ungefragt auf dem Besucherstuhl Platz. Mit wenigen Worten umriss er den Stand
der Ermittlungen und legte dem Abteilungsleiter die Namensliste vor.
»Für die benötige
ich eine Überwachung der Bewegungen, einen GPS -Sender
am Fahrzeug.«
Dr. Starke warf
einen flüchtigen Blick auf die Liste.
»Unmöglich«, sagte
er. »Das sind zu viele. Außerdem ist das eine Methode, die nicht in unserem
politischen Interesse liegt.«
»Ich komme damit
der Politik entgegen«, erklärte Lüder. »Wie teuer würde es das Land kommen,
wenn wir alle Personen durch Beamte überwachen ließen?«
»Sie wollen nicht
behaupten, dass der Kreis der Verdächtigen so groß ist.« Der Kriminaldirektor
sah Lüder mit Entrüstung an.
»Ich finde, in
einem Themenkomplex, der sich selbst stets als global bezeichnet, ist meine
Selektion schon sehr gut. Es ist eine einfache Divisionsaufgabe, zu ermitteln,
wie groß der Promillesatz ist gemessen an den zwei Komma acht Millionen
Einwohnern des Landes.«
»Ihre
Arbeitsmethoden sind nicht konform mit meinen Vorgaben«, rügte ihn Dr. Starke.
»Es gibt keinen zweiten Ermittler, der so unorthodox tätig ist wie Sie.«
»Dafür ist meine
Arbeitsweise effektiv«, erwiderte Lüder in stoischem Gleichmut.
»Dem kann ich
nicht zustimmen.«
»Der Dissens prägt
nun mal unsere Beziehung, ganz abgesehen davon, dass ich es mir nicht gewünscht
habe, dass Sie diese Position besetzen.«
Dr. Starke konnte
nicht verhindern, dass ihm die Zornesröte ins Gesicht stieg.
»Sie maßen sich
einen Ton an, der es an Respekt gegenüber meiner Person und meiner Stellung
missen lässt.«
»Sie verkennen
mich. Ich wünsche Ihnen von Herzen alles Gute und drücke Ihnen die Daumen, dass
Sie bald eine verantwortliche Position im Ministerium erhalten.«
Der
Kriminaldirektor öffnete und schloss den Mund wie ein Fisch auf dem Trockenen.
»Sehen Sie sich
außerstande, die Ermittlungen in meinem Sinne zu unterstützen?«, fragte Lüder
und zeigte auf den Zettel. »Oder soll ich den Ministerpräsidenten um Hilfe
bitten? Schließlich ist dieser Ermittlungsauftrag sein Baby.«
»Ich werde es
versuchen«, sagte Dr. Starke und knirschte vernehmlich mit den Zähnen.
»Es wäre gut, wenn
die Aktion zügig anlaufen würde«, sagte Lüder und verließ das Büro.
Von seinem
Arbeitsplatz aus versuchte er erneut, Frank Hundertmarck telefonisch zu
erreichen. Der Geschäftsführer der »securus consulting« meldete sich weder auf
seinem Festnetz- noch auf den beiden Mobilanschlüssen, die nicht im Telefonbuch
standen, die Lüder aber dennoch recherchiert hatte. Auch seine Versuche,
Hundertmarck am gestrigen Sonntag zu kontaktieren, waren vergeblich gewesen.
Der Festnetzanschluss beließ es beim Freizeichen, während bei beiden
Handynummern sofort die Mobilboxen ansprangen. Lüder verzichtete darauf, seine
schon früher hinterlassene Bitte um Rückruf zu wiederholen. Es war merkwürdig,
dass Hundertmarck untergetaucht war.
Anschließend rief
Lüder in Büdelsdorf an. Dort erklärte man ihm, dass Frank Hundertmarck nicht im
Hause sei.
Auch
Hauptkommissar Vollmers hatte keine neuen Erkenntnisse zu vermelden. Man hatte
keine weiteren Spuren von Dustin McCormick aufdecken können. Der Amerikaner war
als Phantom durch Norddeutschland gereist.
Lüder war
überrascht, als sich eine Mitarbeiterin des amerikanischen Generalkonsulats aus
Hamburg bei ihm meldete.
»Wir möchten
wissen, wann wir die sterblichen Überreste von Dustin McCormick in seine Heimat
überführen können«, erklärte Susan Gwynth.
»Wir wissen immer
noch nicht, wer der Tote ist«, entgegnete Lüder. »Ich warte noch auf
Informationen Ihres Konsulats.«
»Grundsätzlich
mischen wir uns nicht in die Arbeit deutscher Behörden ein«, antwortete die
Amerikanerin ausweichend.
»Das ist
lobenswert. Aber niemand hindert Sie daran, uns zu unterstützen. Schließlich
versuchen wir, den Mord an einem Ihrer Staatsbürger aufzuklären.«
»Ich kann Ihnen
nichts weiter sagen«, wich Susan Gwynth aus. »Ich wollte mich nur erkundigen,
wann Sie den Leichnam freigeben.«
»Das wird noch
eine Weile dauern. Dazu
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