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Schwere Wetter

Schwere Wetter

Titel: Schwere Wetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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oft unterschätzt«, wich Lüder aus und unterließ es, den Weg
zur Identifikation zu beschreiben. Tödter schien auch nicht zu bedenken, dass
Lüder seine Handynummer kannte und ihm dort eine Nachricht hinterlassen hatte.
»Sie möchten mit mir reden?«
    »Ich bin mir nicht
sicher, ob es richtig ist«, kam es zögerlich über die Leitung. »Ich möchte
niemanden zu Unrecht verdächtigen, schon gar nicht meinen Arbeitgeber. Wenn das
rauskommt, bin ich meinen Job los. Und das gleich in der ganzen Branche. Man
kennt sich untereinander.«
    »Vertraulichkeit
kann ich Ihnen nur zusichern, wenn sich aus dem, was Sie mir berichten, keine
strafbaren Handlungen ergeben, in die Sie womöglich verwickelt sind.«
    Lüder hörte, wie
Jens Tödter schluckte.
    »Um Himmels
willen. Durch diesen Wust blickt der juristische Laie nicht durch. Ich bin nur
ein kleiner Angestellter, der seinen Job macht. Schön, der wird gut bezahlt.
Aber letztlich handel ich nur auf Anweisungen.«
    »Wenn Ihnen das
Unrecht Ihres Tuns bewusst ist, kann ich Ihnen keine Absolution erteilen.«
    »Ich bin mir nicht
sicher, ob alles okay ist, was wir hier – ich meine, bei der ›global data
framework‹ – machen. Wissen Sie, wie man heute Systeme entwickelt? Früher, so
hat man mir erzählt, hat ein Programmierer ein ganzes Programm geschrieben.
Heute entwickelt der Einzelne nur noch Module, die ein anderer mit Durchblick
zu einem großen Ganzen zusammensetzt. Daher ist meine Vermutung auch sehr
vage.«
    »Was glauben Sie
denn?«
    »Ich bin mir nicht
sicher, was mit den Daten geschieht, die uns zur Verfügung gestellt werden.
Meine spezielle Aufgabe liegt in einem anderen Bereich. Ich arbeite an der
Datenkomprimierung und Auswertung. Wir werten das Konsumverhalten der Endkunden
unserer Auftraggeber aus und erstellen Prognosen. Sie müssen es sich so
vorstellen, dass wir mit den Konsumdaten das machen, was die Demoskopen bei
Wahlen veranstalten. Wir führen Hochrechnungen durch. Quasi«, entkräftete
Tödter die Aussage.
    »Was lässt Sie an
der Rechtmäßigkeit dieser Arbeit zweifeln?«
    »Dafür sollen
andere den Kopf hinhalten. Nein, es geht um andere Dinge, die auch noch bei uns
gemacht werden.«
    »Welche?«
    »Darüber würde ich
gern mit Ihnen sprechen. Aber nicht am Telefon.«
    »Machen Sie einen
Vorschlag.«
    »Kennen Sie Marne
in Dithmarschen? Dort gibt es im Industriegebiet das ›Holzland‹. Gleich links
vom Eingang ist ein Bereich, der sich ›Gartenzeit‹ nennt. Dort im Café warte
ich auf Sie. Sagen wir um zehn.«
    Lüder sah auf die
Uhr.
    »Ich will es
versuchen. Allerdings muss ich einmal quer durch das Land fahren.«
    »Ich möchte keine
Aufmerksamkeit erregen«, sagte Tödter. »Deshalb will ich auch nicht lange
warten. Also. Bis später.« Dann hatte er aufgelegt.
    Lüder legte seine
Einkäufe auf den Küchentisch, schrieb eine Nachricht für Margit, dass er zu
einem aktuellen Fall hinausmusste, und versicherte, sich so schnell wie möglich
zu melden.
     
    Zum Glück
herrschte kaum Verkehr auf der Autobahn Richtung Hamburg, und auch ab dem
Bordesholmer Dreieck blieb das Fahrzeugaufkommen gering.
    In Neumünster bog
er ab, durchquerte erneut den Naturpark Aukrug, hielt sich aber an die Anweisungen
seines Navigationsgeräts und folgte der Bundesstraße bis zur
Westküstenautobahn. Dort herrschte noch weniger Verkehr als auf den anderen
Straßen. Allerdings waberte noch Bodennebel über der Marsch, und als er den
Nord-Ostsee-Kanal überquerte und einen Blick auf die Wasserstraße warf, sah er
die Aufbauten eines größeren Frachters, der in dichten Dunst gehüllt wie ein
Geisterschiff durch das Land zu fahren schien. Vom Wasser war von hier oben
nichts zu erkennen.
    Etwa vierzig
Kilometer weiter nordostwärts hatte Dustin McCormick auf mysteriöse Weise den
Tod gefunden und diesen Fall ausgelöst.
    Kurz hinterm Kanal
verließ er die Autobahn und fuhr über die Landesstraße Richtung Marne. In St.
Michaelisdonn sah er sorgenvoll auf die Uhr, da sich hier ein Knäuel offenbar
unentschlossener Autofahrer gebildet hatte, nachdem er zuvor an der
Bahnschranke endlos darauf hatte warten müssen, dass die Nord-Ostsee-Bahn
passierte. Über Monate hatten die streikenden Lokführer für Chaos auf der
Marschenbahn und anderen Strecken gesorgt. Ausgerechnet heute ließ ihn ein Zug
warten.
    Unter Missachtung
der Geschwindigkeitsregelung erreichte Lüder zehn Minuten vor der Zeit Marne.
So urig sich das Städtchen auch im Zentrum präsentierte, so

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