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Schwere Wetter

Titel: Schwere Wetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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Jane zögerte. »Es wurde dann ein wenig umgebaut.«
    »Das sieht man…« Der Mann nickte, bewegte sich flink um das Fahrzeug herum. Charlie hatte nicht genug Platz für Schmugglerware. Im Gegensatz zum gewöhnlichen Schmugglerfahrzeug hatte Charlie keinen Rumpf. Er hatte eine kurze, flache Karosserie, und der Antrieb war in die Radachsen, Speichen und Naben eingebaut. Charlie ähnelte praktisch einem doppelten Glassarg, der auf einer Spinne mit Rädern montiert war.
    »Sie lassen den Wagen heute nacht alleine fahren, Miss?«
    Der alte Mann hatte tatsächlich ›Miss‹ zu ihr gesagt. Jane konnte sich nicht erinnern, daß jemand sie seit ihrem zwölften Geburtstag mit ›Miss‹ angesprochen hätte. Der würdevolle Anachronismus des Mannes schmeichelte ihr. Sie lächelte ihn an.
    »Ich habe einen Führerschein dafür«, sagte Jane. »Möchten Sie ihn sehen?«
    »Schon gut«, grummelte er. »Was ist mit dem Junior hier?«
    »Große Party in der Stadt«, sagte Jane. »Er hat's zu toll getrieben, und jetzt ist er weggetreten. Sie wissen ja, wie das heute mit den Kids ist.«
    Der Zollbeamte schaute sie mitleidsvoll an. »Das haben Sie doch bestimmt nicht so gemeint, Miss? Sie wollten bei der Wahrheit bleiben und mir erzählen, er sei krank, hab ich recht?«
    Jane spürte, wie ihre Miene erstarrte.
    Der alte Mann runzelte die Stirn. »Miss, damit kenne ich mich aus. Gott ist mein Zeuge, wie oft ich hier so etwas sehe. Ihr Freund ist krank, und er hat zuviel von wer weiß was für 'nem Zeug genommen… So was dulden wir nicht auf amerikanischem Boden… Und dafür haben wir verdammt gute Gründe…«
    Jane sagte nichts.
    »Ich erzähl Ihnen das nicht, bloß weil ich mich selber gern reden höre, wissen Sie.«
    »Hören Sie, Officer«, sagte Jane. »Wir sind amerikanische Bürger. Wir sind keine Kriminellen.« Sie hielt ihr blankes Handgelenk hoch. »Wenn Sie uns hier abweisen, dann fahren wir zurück nach Mexiko. Aber wenn ich etwas vor Ihnen zu verbergen hätte, dann hätte ich doch wohl nicht hier gehalten, oder? Ich hätte nicht mal die Straße genommen. Das ist ein Geländewagen, okay? Ich kann damit den Fluß an jeder beliebigen Stelle überqueren und in zwei Stunden in San Antonio sein.«
    Der Zollbeamte tippte mit dem Spazierstock gegen die Spitze seines polierten Schuhs.
    »Wenn Sie mir einen Vortrag halten wollen, Officer, dann nur zu. Ich höre Ihnen zu. Aber bleiben Sie auf dem Boden der Tatsachen.«
    Er schaute ihr kurz in die Augen, dann sah er weg und rieb sich über den Schnurrbart. »Der Wagen schwimmt auch, hm?«
    »Natürlich schwimmt er. Ich weiß, das sieht aus wie massiver Stahl, aber das Metall ist überall geschäumt. Ohne die Batterien wiegt der ganze Wagen nur neunzig Kilo. Ich kann ihn ganz allein hochheben!«
    Jane brach ab. Der alte Mann wirkte so niedergeschmettert, daß er ihr auf einmal leid tat. »Ach, kommen Sie, Officer. Ich erzähle Ihnen hier doch nichts Neues, oder? Haben Sie denn noch nie so ein Ding geschnappt?«
    »Um die Wahrheit zu sagen, Miss, wir sind da gar nicht mehr hinterher. Lohnt sich nicht.« Er pellte einen Aufkleber von der Unterlage und klebte ihn auf Charlies vorderen Überrollbügel. »Nehmen Sie sich in Zukunft in acht.« Er winkte sie weiter.
    Jane ließ den Wagen fahren. Kurz darauf hatten sie Laredo durchquert und befanden sich auf dem Highway. Obwohl sie eine Zehn-Stunden-Fahrt im Dunkeln vor sich hatte, fühlte sich Jane zu aufgedreht, um schlafen zu können. Sie wußte aus Erfahrung, daß sie wieder mal eine Nacht durchmachen würde. Bis acht Uhr morgens würde sie hellwach sein, dann vielleicht drei Stunden lang dösen und gleich wieder weitermachen, ohne daß es schlimmere Folgen hätte als eine leicht aufgekratzte Stimmung. Sie hatte noch nie gut geschlafen, und das Zusammenleben mit Jerry Mulcaheys Leuten hatte sie auch nicht gerade ruhiger werden lassen.
    Als die Lichter von Laredo hinter ihr verblaßten, traten am Himmel die Sterne hervor. Es war eine klare Frühlingsnacht, am westlichen Horizont sah man kleine Federwölkchen. Sie hatte Jerry mal sagen hören, es sei ihm unangenehm, im Stockdunkeln autozufahren. Jerry war zweiunddreißig, und er erinnerte sich noch an die Zeit, als die Leute das Fahren größtenteils selbst erledigt hatten und als sogar die Roboter noch die Scheinwerfer anließen. Jane hingegen fand die Dunkelheit tröstlich. Wenn an Nachtfahrten irgend etwas langweilig war, dann die lästige Anstrengung, ein Lenkrad zu umklammern und

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