Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwester der Finsternis - 11

Schwester der Finsternis - 11

Titel: Schwester der Finsternis - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
Vom Netzwerk:
aus Marmorstaub bedeckt. Der Marmor selbst aber sprang einem in dem von oben einfallenden Licht vor der dunklen Wand in seiner Pracht geradezu ins Auge.
    Richard warf die Plane über die unvollendeten Figuren, dann ging er die Tür öffnen.
    »Du siehst aus wie ein Gespenst«, verkündete Victor, ein schiefes Grinsen im Gesicht.
    Richard klopfte sich ab. »Ich habe die Zeit aus den Augen verloren.«
    »Hast du gestern Abend mal einen Blick in die Werkstatt geworfen?«
    »In die Werkstatt? Nein, warum?«
    Victors Grinsen kehrte zurück, noch breiter diesmal. »Gestern hat Priska das Bronzezifferblatt geliefert. Ishaq hat es gebracht. Komm, sieh es dir an.«
    Das Zifferblatt lag, in mehrere Einzelteile zerlegt, im Lagerraum auf der anderen Seite der Werkstatt. Es war zu groß, als dass Priska es in einem Stück hätte gießen können, daher hatte er mehrere Teile angefertigt, die Victor zusammensetzen und montieren sollte. Der Sockel für den Halbring, der als Zifferblatt dienen würde, war massiv. Wissend, dass er für eine Statue bestimmt war, die Richard schuf, hatte Priska eine Arbeit abgeliefert, auf die er stolz sein konnte.
    »Es ist wunderschön«, meinte Richard.
    »Nicht wahr? Ich habe auch früher schon ausgezeichnete Arbeiten von ihm gesehen, aber diesmal hat Priska sich selbst übertroffen.«
    Victor ging in die Hocke und strich mit den Fingern über die eigenartigen, mit schwarzer Farbe ausgefüllten Symbole. »Priska meinte, einst, vor langer Zeit, habe in seiner Heimatstadt Altur’Rang Freiheit geherrscht, die sie aber, wie so viele andere Städte auch, verloren habe. Als Kompliment an jene Zeit hat er es mit Symbolen in seiner Muttersprache versehen. Bruder Narev hat es bereits gesehen und war erfreut, da er sie für eine Respektsbezeugung an den Kaiser hielt, der ebenfalls aus Altur’Rang stammt.«
    Richard seufzte. »Priskas Zunge ist ebenso aalglatt und geschliffen wie seine Gussstücke.«
    »Möchtest du ein Stück Lardo mit mir essen?«, fragte Victor, sich erhebend.
    Die Sonne war längst aufgegangen. Richard streckte seinen Nacken und blickte hinunter zur Baustelle.
    »Besser nicht. Ich muss zur Arbeit.« Richard ging in die Hocke und hob eine Seite des Sockels an. »Aber lass mich dir vorher noch zeigen, wo dies hinkommen soll.«
    Victor schnappte sich das andere Ende, woraufhin sie den Bronzeguss gemeinsam um die Werkstatt herumtrugen. Als Richard die Flügeltür aufstieß, sah Victor die Statue zum allerersten Mal, wenn auch noch verborgen unter der Plane, die nur die Rundungen der beiden Köpfe erkennen ließ. Dennoch weideten sich Victors Augen an ihr, Augen, denen deutlich anzusehen war, wie seine lebhafte Fantasie manches von dem, was unsichtbar blieb, mit seinen hoffnungsvollsten Erwartungen ergänzte.
    »Du kommst gut voran mit deiner Statue?« Victor stieß Richard mit dem Ellbogen an. »Wird sie eine Schönheit?«
    Ein freudiges Lächeln überkam Richard. »Nun, Victor, du wirst es früh genug mit eigenen Augen sehen. Die Weihung ist ja nur noch wenige Wochen entfernt, und bis dahin werde ich fertig sein. Sie wird unsere Herzen mit Musik erfüllen … bis sie mich umbringen, jedenfalls.«
    Victor tat dieses Gerede mit einer heftigen Handbewegung ab. »Ich hoffe doch, sie werden zu schätzen wissen, endlich wieder so viel Schönheit zu Gesicht zu bekommen, noch dazu in ihrem eigenen Palast.«
    Richard gab sich diesbezüglich keinen Illusionen hin. In diesem Augenblick fiel es ihm ein, und er griff in eine Tasche, zog ein Blatt Papier hervor und reichte es dem Schmied.
    »Priska sollte auf der Rückseite des Zifferblatts keinen Text anbringen, weil ich nicht wollte, dass die falschen Leute ihn zu Gesicht bekommen. Ich möchte dich bitten, diese Worte in die rückwärtige Fläche zu gravieren, ungefähr in derselben Höhe wie die Symbole auf der Vorderseite.«
    Victor nahm das Blatt entgegen und faltete es auseinander. Sein Grinsen erlosch, er hob den Kopf und sah Richard mit unverhohlener Überraschung an.
    »Das ist Verrat.«
    Richard zuckte mit den Achseln. »Sie können mich nur einmal umbringen.«
    »Aber davor können sie dich lange foltern. Zumal sie über äußerst unangenehme Methoden verfügen, um Menschen umzubringen, Richard. Hast du je gesehen, wie ein Mann im Himmel begraben wird, während er noch lebt, aus tausenden von kleinen Wunden blutet und seine Hände gefesselt sind, damit die Geier sich an seinem lebendigen Fleisch weiden können?«
    »Der Orden hat mir schon

Weitere Kostenlose Bücher