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Schwesterlein, komm stirb mit mir

Schwesterlein, komm stirb mit mir

Titel: Schwesterlein, komm stirb mit mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Sander
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niemand.
    Als er in die kühle, leere Wohnung trat, fühlte er sich plötzlich einsam. Ein Gefühl, das ihm eigentlich unbekannt war. Er liebte seine Unabhängigkeit, und seine kurze Ehe hatte ihn nur eingeengt. Er marschierte in die Küche, öffnete ein Bier, lief mit der Flasche in der Hand weiter ins Wohnzimmer, wo sein Blick auf den Bücherstapel auf dem Couchtisch fiel. Er hatte sich in der Bibliothek Literatur zum Thema Serienmord ausgeliehen und gestern Abend wahllos darin herumgeblättert. Er wusste selbst nicht, was er sich davon versprochen hatte. Schließlich hatte er eine Expertin um Rat gebeten, die ihm bestimmt besser weiterhelfen konnte als ein Haufen Papier. Zumal die meisten Bücher eher reißerisch waren und kaum nützliche Fakten bereithielten.
    Zweifelte er an Elisabeth Montarios Fähigkeit, den Fall korrekt einzuschätzen? Traute er ihr nicht? Er nahm einen Schluck Bier und lehnte sich an den Türrahmen. Nein, das war es nicht. Wenn er ganz ehrlich zu sich selbst war, hatte sein plötzliches Interesse an Fachliteratur nichts mit dem Fall zu tun – sondern etwas mit Elisabeth Montario. Sie gefiel ihm, sie war attraktiv, intelligent und selbstbewusst. Und nicht leicht zu beeindrucken. Er wollte ihr imponieren, er wollte nicht dumm dastehen, mit blöden Fragen seine Unwissenheit preisgeben, wenn sie ihm ihre Theorie zu den Mordfällen präsentierte. Wie idiotisch!
    Er setzte sich auf das Sofa, nahm das erste Buch hoch, betrachtete abschätzend das Cover und ließ es wieder auf den Stapel fallen. Morgen würde er den Kram zurück in die Bücherei bringen und sich wieder um den Teil der Arbeit kümmern, von dem er etwas verstand. Er war fast fünfzig. In dem Alter machte man sich nicht mehr für eine Frau zum Affen, egal, wie attraktiv sie war. Entweder hatte sie Interesse oder nicht. So einfach war das. Abrupt stand er wieder auf. Dabei stieß er an den Tisch, der Stapel geriet ins Wanken, und das oberste Buch landete mit einem lauten Krachen auf dem Boden.
    «Verflucht», murmelte er und bückte sich, um es wieder aufzuheben.
    Das Buch lag aufgeschlagen vor ihm. Auf Seite zweihundertsechzehn. «Spektakuläre Fälle aus den letzten zwanzig Jahren», lautete die Überschrift. Zwei Fotos schmückten den Text. Beide hatte er früher schon gesehen, vermutlich in der Presse. An eins erinnerte er sich besonders gut.
    Plötzlich stockte er.
Ach du Scheiße! Das gibt es doch gar nicht!
    Er nahm das Buch hoch, ließ sich auf das Sofa sinken und begann zu lesen. Als er das Kapitel durchhatte, zog er aus dem Stapel
Verborgene Muster
heraus, Elisabeth Montarios Buch über Serienmorde, und schlug es auf. Er überflog das Inhaltsverzeichnis. Nichts. Genau wie er erwartet hatte. Schnell blätterte er zur letzten Seite vor, wo ein kurzer Text über die Autorin informierte. Wieder nichts. Natürlich nicht. Nachdenklich griff er die Bierflasche und trank den Rest in einem Zug. Letztlich war es doch keine so schlechte Idee gewesen, die Bücher auszuleihen.

Sonntag, 20. Oktober, 19:55 Uhr
    Ruben zog die Wohnungstür hinter sich zu. «Verdammt heiße Story», dachte er zum wiederholten Mal. «Verdammt heiß.» Er rannte die Treppe hinunter in den Keller, um sein Fahrrad zu holen. Nachdem er gemerkt hatte, wie heiß die Story war, hatte er beschlossen, nicht weiter von seinem eigenen Rechner aus zu recherchieren. Immerhin war er einem Killer auf der Spur. Einem
Killer
. Verdammt, diese Montario hatte es echt drauf. Die musste so was wie einen siebten Sinn haben, wenn es um diese Bestien ging. Wieso sonst hatte sie ihn ausgerechnet auf Jan Schneider angesetzt? Sie würde der Polizei wieder eins auswischen. Und diesmal würde er, Ruben Keller, mit von der Partie sein. Echt cool.
    Er schleppte das Rad hoch und zog den Reißverschluss seiner Jacke zu. So viel älter als er war die Montario eigentlich gar nicht. Anfang dreißig vielleicht. Und echt scharf. Anders als Carolina. Die war dagegen ein albernes Mädchen. Ständig tauschte sie mit ihren Freundinnen Telefonnachrichten aus, kicherte herum und knibbelte an ihren Fingern, bis der Nagellack brüchig wurde. Offiziell studierte sie Romanistik, doch Ruben wusste ziemlich sicher, dass sie sich mehr für irgendwelche alberne Promis interessierte als für Cervantes oder Baudelaire. Na ja, die hatten ja auch keine Seiten auf Facebook. Immerhin schien sie ziemlich verknallt in ihn zu sein und gab offenbar bei ihren Freundinnen damit an, was für tolle, geheimnisvolle Sachen

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