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Schwestern der Dunkelheit

Schwestern der Dunkelheit

Titel: Schwestern der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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freizubekommen. Sie sah Beine, einen Körper, gebogene Finger, die sich in den Ärmel einer schwarz gekleideten Hexenpuppe krallten ...
  Dann sah sie den Kopf. Sie prallte zurück und presste beide Hände auf den Mund. Sie hatte nur einen kurzen Blick erhascht, aber das Bild brannte sich in ihren Geist ein.
  Blaugraues Gesicht, fürchterlich angeschwollen. Grotesk hervortretende Augen. Eine Zunge wie eine Wurst, die zwischen schwarzen Lippen hervorragte ...
  Theas Knie gaben nach.
  Sie hatte den Tod schon früher gesehen. Sie war zu Abschiedszeremonien mitgenommen worden, bei denen die sterblichen Überreste von Hexen der Erde zurückgegeben wurden. Aber das waren natürliche Todesfälle gewesen, friedliche Leichen. Dies hier dagegen ...
  Ich denke, es war ein Junge. Die Gestalt hatte kurzes Haar und eine flache Brust. Aber es war unmöglich, das Gesicht zu erkennen. Es war so verzerrt - es sah nicht einmal menschlich aus ...
  Er ist eines gewaltsamen Todes gestorben. Möge sein Geist erlöst und nicht hier festgehalten werden, erfüllt von dem Verlangen nach Rache. Oh, Sekhmet, löwenköpfige Göttin Ägyptens, Herrin des Todes, Pförtnerin der Wege, Sekhmet, die die Stille nimmt...
  Ihre zusammenhanglosen Gedanken wurden unterbrochen, als Sonnenlicht in den Raum strömte. »Ich bin wieder da!«, rief Erik von der Tür aus.
  Thea stand auf. Ihre Knie wollten erneut unter ihr nachgeben. Sie öffnete den Mund, doch was herauskam, war ein Wispern. »Erik ...«
  Er kam auf sie zugeeilt. »Was ist los? Thea?«
  »Ein Toter.«
  Sie sah, wie seine Augen sich in absoluter Ungläubigkeit weiteten, und dann schaute er an ihr vorbei. Er machte einen Schritt auf das Ding auf dem Boden zu, hielt inne, hockte sich hin und starrte es eine Sekunde lang an. Dann wirbelte er zu ihr herum und packte sie, als könne er sie irgendwie vor dem beschützen, was sie gesehen hatte.
  »Schau es dir nicht an; schau nicht hin«, stieß er hervor. »Oh Gott, es ist schlimm.«
  »Ich weiß. Ich habe es gesehen.«
  »Es ist schlimm; es ist so schlimm ...«
  Sie klammerten sich aneinander. Es war die einzige Sicherheit in diesem Albtraum.
  »Er ist tot. Dieser Junge ist tot«, sagte Erik. Es war offensichtlich, doch Thea verstand sein Bedürfnis, es immer wieder vor sich hin zu faseln. »Es gibt nichts, was wir für ihn tun können. Oh Gott, Thea, ich glaube, es ist Kevin Imamura.«
  »Kevin?« Schwarze Punkte tanzten vor Theas Augen. »Nein, das kann nicht sein ...«
  »Ich habe dieses Shirt schon früher an ihm gesehen. Und das Haar ... und er ist in dem Ausschuss, der für die Dekoration dieses Gebäudes zuständig ist. Er muss diese Puppe aufgestellt haben.«
  Theas Geist zeigte ihr ein schreckliches Bild. Eine verkrustete dunkle Linie auf diesem aufgeschwemmten Gesicht - wie die Wunde von einem Rasiermesser. Und das weiche schwarze Haar ... ja, es konnte Kevin sein. Und das bedeutete ...
  Blaise.
  »Komm«, murmelte Erik, seine Stimme war benommen und klang gepresst. »Wir müssen im Direktorat Bescheid sagen.«
  Wie betäubt ließ Thea sich von ihm wegführen. Ihr Geist war an einem anderen Ort.
  Blaise. Wusste Blaise ... konnte Blaise ...
  Sie wollte den Gedanken nicht zu Ende denken, aber sie kam nicht dagegen an.
  ... konnte Blaise schließlich aufs Ganze gegangen sein? Nicht nur Blut vergossen haben, sondern ein Leben genommen?
  Es war den Hexen verboten. Aber die Harmans trugen auch das Erbe der Lamia in sich, und Vampire töteten manchmal um der Macht willen. Konnte Blaise so weit in die Dunkelheit vorgedrungen sein?
  Nachdem sie das Direktorat erreicht hatten, überschlugen sich die Ereignisse, ohne dass Thea sie verarbeiten konnte. Um sie herum brach hektisches Treiben aus: die Sekretärinnen; die Direktorin; die Polizei. Sie war dankbar für Erik, der die Geschichte wieder und wieder erzählte, sodass sie es nicht zu tun brauchte.
  Sie musste Blaise finden.
  Dann waren sie wieder in der Turnhalle. Die Polizei sperrte das ganze Gebäude mit gelbem Band ab. Eine Menge aus Schülern und Lehrern schaute zu. Thea ließ den Blick über die Menge gleiten, aber sie konnte Blaise nirgends entdecken.
  Stimmen wurden um sie herum laut.
  »Ich habe gehört, es sei Kevin Imamura.«
  »Jemand hat gesagt, dieser Typ vom Ball sei zurückgekommen und habe ihn erwischt.«
  »Erik! Erik, hast du ihn wirklich gesehen?«
  Dann übertönte eine Stimme die anderen. »He, Mrs Cheng, was

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