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Schwestern der Dunkelheit

Schwestern der Dunkelheit

Titel: Schwestern der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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Nischen von verschiedenen Größen waren mit orangefarbenem und schwarzem Krepppapier und falschen Spinnweben dekoriert. Thea las ein Plakat nach dem anderen.
  »Wahrsagerei ... Lustiges Hexenertränken ... Schrumpfkopftauchen ...?«
  »In Wirklichkeit wird nach Äpfeln getaucht«, erklärte Erik, der verlegen wirkte. »Und das Glücksspiel ist auch nicht echt. Man macht alles mit Spielgeld und tauscht es gegen Preise ein.«
  Thea konnte nicht aufhören, die Nischen anzustarren. Das Rad der Folter: ein Lotterierad mit einer Puppe, die wie eine Bilderbuchhexe gekleidet war und mit gespreizten Gliedern in der Mitte hing. Blutiger Blackjack. Teufelspfeile ... ein Dartspiel mit einer Korkhexe als Ziel.
  Und überall Hexenfiguren. Stoffhexen hingen an Schlingen von den Rohren unter der Decke herab. Pappkartonhexen spähten von den oberen Rändern der Nischen. Papierhexen tanzten an der Wand. Sie waren fett, mager, weißhaarig, grauhaarig, schieläugig, warzenbedeckt, winzig, beängstigend ... und hässlich. Das war das eine, was sie alle gemeinsam hatten.
  So denken sie über uns. Menschen, alle Menschen ...
  »Thea? Geht es dir gut?«
  Thea fuhr herum. »Nein, es geht mir nicht gut.« Sie deutete durch den Raum. »Willst du dir diese Sachen mal ansehen? Findest du das wirklich komisch? Etwas, wofür man eine Party veranstaltet?« Sie nahm kaum wahr, was sie tat, während sie ihn herumwirbelte, so- dass er vor der Eisernen Jungfrau stand - einem hölzernen Nachbau mit Gummistacheln.
  »Was werden die Leute tun? Eintritt bezahlen? Begreifen sie denn nicht, dass das früher real war? Dass man echte Leute reingestellt hat und dass diese Dornen, wenn die Tür geschlossen wurde, sich in ihre Arme bohrten, in ihren Magen und ihre Augen ...« Sie konnte nicht weitersprechen.
  Erik wirkte genauso erschüttert wie zuvor Dani. Er hatte sie noch nie so gesehen. »Thea - hör mal, es tut mir leid ... Ich habe nie darüber nachgedacht...«
  »Oder das da.« Thea deutete auf das Folterrad, und ihre Worte überschlugen sich förmlich. »Weißt du, wie sie wirklich eine Hexe an das Rad gebunden haben? Sie haben ihr jeden Knochen im Körper gebrochen, damit sie einfach ihre Arme und Beine durch die Speichen fädeln konnten, wie Spaghetti. Dann haben sie das Rad auf einem Pfahl befestigt und sie zum Sterben dort zurückgelassen ...«
  Erik verzog vor Entsetzen das Gesicht. »Gott, Thea ...«
  »Und diese Bilder hier - die Hexen, die gefoltert wurden, hatten keine grüne Haut und böse Augen. Sie waren keine Ungeheuer, und sie hatten nichts mit Teufeln zu tun. Es waren Leute.«
  Erik streckte die Hände nach ihr aus, aber sie fuhr herum und starrte eine besonders hässliche Hexe an der Wand an. »Glaubst du, dass das der richtige Ort für eine Party ist? Dass das da witzig ist? Dass Hexen so aussehen?« Sie streckte einen Arm aus, der Hysterie nahe. »Nun, glaubst du das?«
  Vor ihrem geistigen Auge konnte sie die Welt sehen: Dani und Blaise und all die anderen Hexen auf der linken Seite; Erik und die Schüler hier und alle anderen Menschen auf der rechten; beide Rassen hassten und verabscheuten einander - und sie selbst war irgendwo in der Mitte.
  Erik legte ihr die Hände auf die Schultern. »Nein, ich denke nicht, dass das in Ordnung ist. Thea, würdest du mir eine Sekunde lang zuhören?«
  Er schüttelte sie beinahe - aber sie konnte sehen, dass sich in den Winkeln seiner Augen Tränen bildeten.
  »Ich fühle mich schrecklich«, sagte er. »Ich habe nie ernsthaft über diese Dinge nachgedacht - und das ist meine eigene Schuld, und ich weiß, dass das keine Entschuldigung ist. Aber jetzt, da du es ansprichst, sehe ich durchaus, wie furchtbar es ist, und es tut mir leid. Und ich hätte gerade dich nicht hierher bringen sollen ...«
  Thea, die gerade begonnen hatte, sich zu entspannen, versteifte sich erneut. »Warum >gerade mich nicht  Er zögerte einen Moment, dann sah er ihr in die Augen und antwortete leise: »Wegen des Ladens deiner Grandma. Ich meine, ich weiß, dass es nur Kräuter und ein paar Steine sind - aber ich weiß auch, dass in alten Tagen irgendjemand da gewesen wäre, der mit dem Finger auf sie gezeigt und sie eine Hexe genannt hätte.«
  Thea entspannte sich wieder. Es war in Ordnung, wenn die Leute Gran für eine Hexe hielten - wenn sie mit »Hexe« jemanden meinten, der mit Pflanzen redete und selbst gemachtes Haarwasser verkaufte. Und sie konnte nicht an

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