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Schwestern der Nacht

Schwestern der Nacht

Titel: Schwestern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Masako Togawa
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verstärkte. Ganz wie der Alte gesagt hatte, sah er aus, als ob ihn jeglicher Kampfgeist verlassen hätte. Er brauchte dringend eine Rasur, sein Haar war struppig und zerzaust. Vor allem aber war das Licht in seinen Augen erloschen.
    Das sollte der Mann sein, der Michiko Ono an seine Brust gedrückt hatte? Shinji merkte, daß er Honda angaffte, und versuchte rasch, vollkommen unbeteiligt auszusehen, unbeteiligt, was Honda, was die steinernen Mauern, was die Bodenfliesung anging...
    »Wir haben das Tagebuch gefunden«, verkündete Hatanaka. Ichiro Honda auf der anderen Seite des Maschendrahts verschlug es sekundenlang die Sprache.
    »Wo?« kam es schließlich über seine zuckenden Lippen. Die tiefe Stimme klang düster.
    »Im Midori-So, wo Mitsuko Kosugi ermordet wurde. Obanas Schwester bewohnte ein Apartment im ersten Stock desselben Gebäudes. Wir haben ihretwegen eine Vermißtenanzeige aufgegeben, und der Hausmeister hat sich heute bei uns gemeldet. Sie ist vergangenen September eingezogen, hat sich aber in den letzten beiden Monaten nicht mehr dort blicken lassen.«
    »Soso«, machte Honda. Sein Kopf steckte tief zwischen den Schultern, seine Hände baumelten schlaff zwischen den Knien. »Jetzt ist mir alles klar. Als ich dort war, ist mir der Name >Obana< in einem Schuhfach in der Eingangshalle aufgefallen, aber ich hab' ihn nicht mit der Schreibkraft in Verbindung gebracht. «
    »Falls die Person, die Sie belastet hat, wirklich ein Zimmer dort hatte, wird Ihre ganze Geschichte glaubwürdig. Kein Wunder, daß Ihre Schuhe plötzlich verschwunden waren; gar nicht seltsam, daß die Tür auf einmal versperrt war. Vielleicht versteckte sie sich sogar im Besenschrank gleich gegenüber.«
    »Aber wieso ist der Schlüssel plötzlich in meiner Tasche aufgetaucht?«
    »Sie glauben mittlerweile vielleicht, den Schlüssel unbewußt bei Betreten des Raumes abgezogen und in die Tasche gesteckt zu haben, aber dem war nicht so. Ich denke, der Täter hat ihn in der Tasche deponiert, als das Jackett in Ihrer Wohnung in Yotsuya hing. Die Frau mit dem Leberfleck hat sich Zugang zu dieser Wohnung verschafft; es muß so sein, da sie das Tagebuch stahl. Nachdem sie es gelesen hatte, konnte sie Ihre Aktionen voraussagen und Ihnen ihre Streiche spielen.«
    »Und das Blut? Weshalb war es von derselben Blutgruppe wie meins?«
    »Sie hatte sich bei Blutbanken die Namen von Spendern Ihrer Blutgruppe beschafft und muß einem davon Blut abgezapft haben — wir wissen von mindestens vieren, zu denen sie Kontakt hatte. Shinji hier hat sie sich vorgenommen.«
    »Da gibt's immer noch eine Menge, was ich nicht verstehe. Warum gab es keine Spuren von Gewalt an den Tatorten?«
    »Vielleicht weil der Täter ein Betäubungsmittel benutzte — Chloroform oder etwas in der Art. Das würde auch den süßlichen Geruch erklären, der Ihnen in Fusako Aikawas und Mitsuko Kosugis Wohnung aufgefallen ist.«
    »Chloroform. Das paßt.«
    »Dann der Samen. Auch er stammte von den Blutspendern.«
    »Das ist doch verrückt!« platzte Honda heraus und zupfte nervös an seinen Haaren. »Warum gerade ich?« Shinji beobachtete ihn mit leerem Blick und hatte wieder einmal das Gefühl, nur eine Statistenrolle in dieser Tragödie zu spielen.
    Der Alte brachte das Notizbuch zum Vorschein. »Ihre Erinnerung war ausgezeichnet. Allerdings hat der Täter die Seite über Keiko Obana herausgerissen. Das kann ich verstehen. Was ich nicht verstehe, ist, weshalb er diese Seite entfernt hat — die erste. Um welche Frau ging es da?« Er reichte das Buch an Honda weiter. Während dieser es studierte, wurde sein Blick immer ausdrucksloser. Man hatte plötzlich den Eindruck, er selbst wäre gar nicht mehr da, nur noch eine leere Hülle. Shinji beobachtete seine Reaktion und fühlte sich noch ausgeschlossener. Ichiro Honda wußte, welcher Name auf der fehlenden Seite gestanden hatte ... und der Alte ebenfalls . Die Schwüle im Raum begann ihm auf die Nerven zu gehen.
    Honda öffnete sekundenlang den Mund wie ein gestrandeter Fisch, der nach Luft schnappt. »Ich kann mich nicht mehr daran erinnern«, sagte er schließlich. »Lassen Sie mir bitte etwas Zeit zum Nachdenken.« Die Art und Weise, wie er ihre Blicke mied, bestätigte Shinjis Überzeugung, daß Honda den Namen der Frau sehr wohl kannte, ihn nur nicht nennen wollte. Hatanaka schwieg. Ohne ein Wort stand er auf und warf dem Gefangenen noch einen letzten Blick zu, bevor er das Zimmer verließ.
    Auf der Fahrt zum Büro rätselte

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