Schwestern Des Mondes 03 - Die Vampirin-09.06.13
immer noch viel zu wünschen übriglassen. Aber schreib sie nicht ab, Chase. Sie kann eine Menge Schaden anrichten, wenn sie will.«
Chase entspannte sich und lächelte mich aufrichtig an. »Ja, ich weiß. Delilah auch. Und ich weiß bereits, was du mit mir anstellen könntest. Aber ich vertraue euch Mädels. Euch allen «, fügte er hinzu.
Mir war bewusst, was er damit ausdrücken wollte, und ich nahm das Kompliment gerne an. Noch vor einem Monat war Chase zusammengezuckt, wenn ich den Raum betreten hatte, und ich hatte mir einen Spaß daraus gemacht, seine Angst vor mir zu schüren. Wir mochten einander immer noch nicht. Oder zumindest nicht besonders. Aber ich fing allmählich an, den großen, gutaussehenden Detective zu respektieren, der Delilahs Herz für sich gewonnen hatte. Sie wusste es vielleicht nicht, und ich war mir sicher, dass Chase in diesem Punkt genauso blind war wie eine Fledermaus, aber die beiden waren im Begriff, sich ernsthaft ineinander zu verlieben. Na ja, ich würde jedenfalls nicht diejenige sein, die sie darauf aufmerksam machte. Sie würden noch bald genug von allein dahinterkommen.
Lautlos ging ich zur Treppe, die zum Haupteingang des Delmonico hinabführte. »Ich melde mich bei dir, wenn ich mit Wade gesprochen habe. Bis dahin schlage ich vor, dass du dir eine gute Geschichte ausdenkst, wie diese vier ums Leben gekommen sind. Die Wahrheit darf auf keinen Fall rauskommen. Das könnte einen Aufstand geben. Ruf mich an, wenn du mehr weißt.«
»Klar«, sagte er und wandte sich wieder dem Tatort zu. »Als hätten wir nicht schon genug am Hals.«
Stumm gab ich ihm recht, während ich das Kino verließ und in meine Bar zurückkehrte. Die Nacht war ein in Frost erstarrtes Wunderland, aber ich roch nichts als Blut.
Kapitel 2
Wieder in der Bar angekommen, stand mir eine weitere Überraschung bevor, diesmal aber eine angenehme. Iris saß am Tresen und nippte an einem Glas Granover Wein aus dem breiten Landstrich voller Weinberge um Y’Elestrial, zu Hause in der Anderwelt. Ihre Miene hellte sich auf, als ich durch die Tür trat, und sie winkte mir zu.
»Ich hatte mich schon gewundert, wohin du verschwunden bist«, sagte sie, leerte ihr Glas und streckte es mir hin. »Noch einen, bitte. Heute ist mein freier Abend, und mir war nicht danach, zu Hause herumzuhocken.«
Iris war eine Talonhaltija, ein finnischer Hausgeist, und sie wohnte bei meinen Schwestern und mir. Sie half uns, indem sie sich um das Haus kümmerte, auf Maggie aufpasste – unsere kleine Schildpatt-Gargoyle – und ab und zu einem bösen Buben ihre fünf Pfund schwere Edelstahlpfanne über den Schädel zog. Sie war so hübsch wie eine norwegische Jungfrau, aber älter als wir alle, und mindestens ebenso gefährlich. Außerdem war sie eine meiner besten Freundinnen.
»Ich bin froh, dass du da bist«, sagte ich und schenkte ihr nach. »Wir haben vielleicht ein Problem.«
Ihre Miene verfinsterte sich. »Na großartig. Was ist es diesmal? Ist ein neues Degath-Kommando in der Stadt? Oder ein Fellgänger, der seinen Bruder rächen will? Randalieren irgendwo betrunkene Trolle?«
Ich schüttelte den Kopf und beugte mich über die Bar, damit niemand sonst hören konnte, was ich zu sagen hatte. »Nichts von alledem. Ich glaube, wir haben es mit abtrünnigen Vampiren zu tun – möglicherweise Neulinge, die sich noch an dieses Dasein gewöhnen müssen und nichts von unseren Bemühungen gehört haben, schlechtes Benehmen einzudämmen.«
Iris blinzelte und nippte an ihrem Wein; ihre Augen glitzerten wie Tau an einem strahlenden Frühlingsmorgen. Ich hatte auch einmal blaue Augen gehabt, aber inzwischen waren sie frostig grau geworden, grauer mit jedem Jahr meines Daseins als Vampir. Sofern sie nicht gerade rot glühten, was normalerweise der Fall war, wenn ich Hunger hatte, auf der Jagd oder sehr mies gelaunt war.
»Keine guten Neuigkeiten«, sagte sie. »Hast du Camille und Delilah schon davon erzählt?«
»Nein. Ich mache heute früher Schluss. Ich muss sie einweihen, ehe Chase noch mehr Opfer findet. Das fällt eigentlich nicht unter unsere Zuständigkeit – na ja, jedenfalls nicht unter ihre –, aber sie sollten Bescheid wissen. Und ich rufe besser Wade an und bitte ihn, auch zu uns nach Hause zu kommen. Soll ich dich mitnehmen, wenn ich hier fertig bin?« Ich griff zum Telefon und wählte Wades Nummer.
Iris nickte. »Warum nicht.« Sie blickte sich um. »Ich hatte gehofft... ach, ist nicht so wichtig«, unterbrach
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