Schwestern Des Mondes 03 - Die Vampirin-09.06.13
sagen, dass mir noch etwas an diesem Massaker sehr merkwürdig vorkommt. Es sollte nicht so viel Blut überall sein. Eigentlich dürften wir fast gar kein Blut finden, außer wir hätten es mit einem unglaublich schlampigen Vampir zu tun, und selbst die schmuddeligsten Blutsauger, die ich kenne, trinken normalerweise relativ sauber und ordentlich. Deshalb sind Vampirattacken über die Jahre hinweg so gut wie unbemerkt geblieben. Außer... «
Mir schoss ein Gedanke durch den Kopf, dem ich lieber nicht nachgehen wollte. Es war reichlich Blut geflossen, als ich verwandelt worden war, und ich trug die Narben zum Beweis.
»Außer was?« Chase klang ungeduldig, und das konnte ich ihm nicht verdenken. Er musste sich immer noch etwas einfallen lassen, was er den Angehörigen der Opfer sagen sollte. Wir gaben an niemanden Informationen über die Dämonen heraus, und wir vermieden es ebenso, Leuten zu sagen, dass ihre Angehörigen von Vampiren oder anderen Erdwelt-Übernatürlichen ermordet worden waren. Es gab genug Irre auf der Welt, die mit Freuden die Jagd auf alles und jeden eröffnen würden, was nach ÜW roch, wenn sie erführen, dass einer von uns für einen solchen Todesfall verantwortlich war.
»Außer sie wollten diesen Menschen Leid zufügen oder eine Visitenkarte hinterlassen. Habt ihr Wunden gefunden? Irgendwelche Hinweise auf Folter... « Als ich den Kopf hob, trafen sich unsere Blicke, und ich schaute rasch wieder weg, als ich das Mitleid in Chase’ Augen sah. Ich wandte mich ab, ging hinüber zu den Leichen und suchte in ihren Gesichtern nach einem Ausdruck von Schmerz oder Wut.
Sharah war gerade mit ihren Notizen fertig geworden. Sie und ihr Assistent – ein Elf, der aussah, als sei er kaum alt genug, um sich zu rasieren – bereiteten die Leichensäcke vor, um die Toten ins Leichenschauhaus zu bringen und dort eingehender zu untersuchen. Sharahs Blick flackerte zu mir hoch, und sie nickte sacht.
»Ich weiß es noch nicht«, sagte Chase. »Oberflächlich betrachtet waren keine gröberen Verletzungen zu erkennen, aber nach der Autopsie wissen wir sicher mehr.«
Ich musterte die Gesichter der Toten, konnte ihnen aber nicht ansehen, ob sie am Ende Schmerzen gelitten hatten. Sie sahen in erster Linie überrascht aus – so als wären sie alle gleichzeitig angegriffen worden. Eine letzte Überraschung für heute Nacht. Fürs ganze Leben.
Seufzend trat ich beiseite und ließ die Mediziner ihre Arbeit tun. In den vergangenen paar Monaten hatte ich eng mit Wade Stevens zusammengearbeitet, dem Gründer der Anonymen Bluttrinker. Wir hatten es geschafft, mindestens fünfzehn Vampiren hier in der Stadt das Versprechen abzunehmen, dass sie sich möglichst nicht mehr von Unschuldigen nähren würden. Jedenfalls hatten sie einen Eid abgelegt, dabei niemanden zu töten oder schwer zu verletzen.
Wir hatten inzwischen ganz schön Zulauf und peilten schon das nächste Ziel an: alle vampirische Aktivität in Seattle unter Kontrolle zu bringen und unsere Gemeinschaft zu einer Art Untergrund-Polizeitruppe zu formen. Wer nicht kooperierte, würde die Stadt verlassen oder damit rechnen müssen, von uns vernichtet zu werden. Kurz gesagt wollten wir die Mafia der Untoten-Welt werden. Wir hofften, damit auch Anregung für ähnliche Gruppen in anderen Städten zu bieten, so lange, bis Vampire unter den Lebenden wandeln konnten, ohne Angst vor spitzen Pflöcken haben zu müssen.
»Wade muss davon erfahren«, sagte ich. »Ich rufe ihn an, mal sehen, was wir auf unserer Seite herausfinden können.«
Chase nickte. »Danke, Menolly. Ich weiß nicht, wie ich eigentlich Vampire verfolgen soll, außer mit einem Haufen Knoblauch und einem Holzpflock. Du hast ja gesagt, dass Kreuze gar nicht funktionieren... «
»Nein, tun sie nicht. Das gilt auch für Pentagramme, Ankhs oder sonstige religiöse Symbole. Alles Geschwafel, um die Landbevölkerung zu beruhigen, die in Angst vor Vampirangriffen lebte. Sonnenlicht ist natürlich eine sichere Sache. Und es gibt Zauber, mit denen man Vampire abwehren kann. Camille kennt ein paar davon, aber ich werde den Teufel tun und sie an mir üben lassen, deshalb wissen allein die Götter, ob sie die richtig hinbekommt.«
Er schnaubte. »Es ist jedes Mal ein Glücksspiel, wenn sie sich in den Kopf setzt, einen Zauber zu sprechen.«
Ich konnte mir das Grinsen nicht verkneifen. »Nicht unbedingt. In offensiver Magie wird sie langsam besser, obwohl ihre defensiven Fähigkeiten und die Haushaltszauber
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