Schwestern des Mondes 08 - Katzenjagd-09.06.13
Tod hat sie alles für uns getan, ohne sie wäre unsere Familie auseinandergefallen. Vater war furchtbar grausam zu ihr, als sie zuletzt miteinander gesprochen haben, und ich bin stinksauer, weil er heute nicht gekommen ist. Unser Cousin Shamas hat versucht, die Lücke zu füllen, aber das ist einfach nicht dasselbe.«
»Was hat er denn gesagt?« Chase spielte mit seinem Kelch. »Ach, übrigens, wie ist das mit Alkohol... jetzt? Ich habe seit dem Unfall nichts mehr getrunken.«
»Nein, der wird dir nicht schaden. Du kannst immer noch alles essen und trinken, was du willst. Es ist ja nicht so, als wärst du zum Vampir geworden.« Ich starrte auf meine Hände hinab. So loyal ich unserem Vater gegenüber war, ich konnte mich der Wahrheit nicht verschließen. »Sein letzter Besuch war eine Katastrophe. Als er gegangen ist, lag Camille als schluchzendes Häuflein auf dem Sofa. Smoky ist in dem Moment hereingekommen, als Sephreh ihr damit gedroht hat, sie zu enterben. Daraufhin hat Smoky damit gedroht, seine Drachengestalt anzunehmen und unseren Vater zu rösten.«
»Scheiße. Das muss ja üble Folgen haben.«
»Die Situation war völlig verfahren, bis Menolly da reingegangen ist, Vater nach Hause geschickt und Smoky gesagt hat, er solle sich gefälligst beruhigen. Aber das war wirklich nicht schön. «
»Also eine Katastrophe auf ganzer Linie.« Verdrießlich hob Chase seinen Kelch und kippte den Rest des perlenden Sekts hinunter. »Und ... da sitzen wir nun.« Er starrte mich über den Tisch hinweg an. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll, Delilah. Ich wüsste nicht mal, wo anfangen.«
Ich hätte weinen können. Nichts schien so zu laufen, wie wir gehofft hatten. Für uns alle war die Welt den Bach runtergegangen. Ich blinzelte gegen die Tränen an.
»Warum sagst du mir für den Anfang nicht einfach, wie es dir geht? Wir haben in den letzten zwei Wochen nur zweimal miteinander gesprochen.« Ich erwähnte lieber nicht, dass wir uns kaum mehr geküsst hatten, seit er als geheilt entlassen worden und wieder im Dienst war.
Chase dachte über meine Frage nach und betrachtete mich dabei mit diesen klaren, seelenvollen Augen. Sie waren noch leuchtender geworden, seit er den Nektar des Lebens getrunken hatte. Seine Aura hatte sich auch verändert. Ein Funken, irgendeine Kraft, die ich nicht genau benennen konnte, schien ihn zu verändern.
»Wie soll ich dir das sagen, wenn ich es nicht einmal selbst weiß? Was soll ich denn machen? Aufspringen und schreien ›Ha-haa, jetzt werde ich jeden überleben, den ich jemals kennenlerne‹?« Er knallte den Kelch so heftig auf den Tisch, dass er beinahe zersprang.
Getroffen kämpfte ich mit den Tränen. »Dir das Lebenselixier zu geben war die einzige Möglichkeit, die wir hatten - es sei denn, du wärst lieber gestorben.«
Chase rutschte auf seinem Stuhl herum und seufzte tief. »Ja, ich weiß. Ich weiß. Und ich bin euch wirklich dankbar. Aber dieses verdammte Zeug macht einen total kirre im Kopf. Es ist nicht nur die Erkenntnis, dass ich tausend Jahre leben werde. Es hat so etwas ... Nebulöses. Der Nektar hat etwas in mir aufgerissen - ich fühle mich nackt und schutzlos und kann die Stücke nicht wieder zusammenfügen. Und ich habe Angst davor, mir allzu gründlich anzuschauen, was da passiert.« Langsam streckte er den Arm aus und nahm meine Hand.
Ich starrte ihn einen Moment lang an, doch er schwieg. Sowohl Camille als auch Chase hatten die Tagundnachtgleiche diesen Herbst gerade so überstanden, zutiefst erschöpft und blutbesudelt. Camille hatte im Blut des Schwarzen Einhorns gebadet und damit eine schicksalhafte Prüfung der Mondmutter bestanden: das Schwarze Tier zu opfern, damit es seiner phönixartigen Bestimmung folgen konnte, während sie selbst die Große Jagd mit anführte. Und dann war sie unter Aevals Räder geraten, und bald würde sie gezwungen sein, in die Reiche hinabzusteigen, die einstmals von der uralten Dunklen Königin regiert worden waren.
Und Chase ... sein Leben hatte sich ebenso drastisch verändert. Er war in seinem eigenen Blut gebadet worden und war jetzt - nach menschlichen Maßstäben - praktisch unsterblich.
»Wenn du so weit bist, dass du darüberreden möchtest...«
»Was? Dann spielst du gern die Seelenklempnerin für den Mutanten?«
»Nein. Ich werde dir zuhören. Als deine Freundin .« Ich starrte ihn an, und seine boshafte, zornige Art machte mir allmählich zu schaffen. »Chase, das ist unfair. Wir hatten doch sowieso geplant,
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