Schwesternkuss - Roman
Kleiderbügeln heruntergerissene Röcke und Blusen, durchwühlte Schubladen und Schränke, Chaos total.
»Er hat Geld gesucht«, meinte Kendra.
»Natürlich.« Caitlin war schon auf den Knien und lugte unter das Bett. »Und er hat es auch gefunden. Zehntausend Dollar und deine Pistole. Beides weg.«
Meine Pistole. Bennie verbarg ihre Überraschung.
»Wie ich vermutet hatte.« Caitlin stand auf und wischte sich verärgert den Staub vom Knie.
»Alice, du hast zu viel riskiert. Jetzt brauchen wir nicht nur einen neuen Lieferanten, wir haben obendrein nur noch drei Riesen, um Ware einzukaufen. Q will uns vom Markt haben.«
»Das glaube ich auch. Und du?« Kendras Blick war finster. Und Bennie reagierte wie Alice.
»Schluss mit eurem Gejammere«, sagte sie. »Ich bin diejenige, die auf dem Präsentierteller sitzt. Mich will Q umbringen, nicht euch! Und überhaupt: Du hast gewusst, wo ich das Geld aufbewahre. Du hast gewusst, dass ich weg war. Mein Hausmeister liebt dich, wie du gerade gesagt hast. Hat er dich in die Wohnung gelassen? Kendra, hast du das Geld genommen?«
»Aber nein. Ich könnte dich nie ausrauben. Ich könnte nie einen Menschen ausrauben.«
Caitlin ging dazwischen. »Alice, jetzt mach aber mal halblang. Das war nicht sie, sondern Q. Du hast mit einem seiner Hiwis herumgemacht und ihn vor den Augen aller, die ihn kennen, lächerlich gemacht. Er ist ein Schläger und Verbrecher. Was hast du erwartet? Sei froh, dass du noch am Leben bist.«
»Ach, leck mich doch!«, schrie sie Caitlin an, und die obszönen Worte kamen, ohne nachzudenken, aus Bennies Mund. »Machst du mit Q jetzt gemeinsame Sache? Dir trau’ ich alles zu. Du hast mit ihm telefoniert. Vielleicht war es deine Idee, dass er hierherkommt, Geld und Knarre mitgehen lässt und die Wohnung verwüstet, damit es nach einem Überfall aussieht?«
Bennie versetzte Caitlin einen Stoß, dass sie nach hinten fiel. Ein solcher Gewaltausbruch war für Bennie etwas vollkommen Neues. »Du hättest mich decken können. Hättest ihm sagen können, ich sei krank oder sonst was.«
Caitlin stand wieder auf. »Tut mir leid. Daran habe ich nicht gedacht. Ich hatte nur Angst um dich.«
»Halt die Klappe!« Bennie wies ihr die Tür. »Verschwinde! Deinen Job bist du los, ich brauche dich nicht mehr. So etwas wie dich finde ich überall.«
»Alice?«, sagte Kendra.
Bennie drehte sich um und erschrak.
Kendra zog eine Pistole aus ihrer Handtasche.
78
»Na, ihr beiden Mädels.« Alice nahm Judy und Mary beim Arm und marschierte mit ihnen los. Den Brief auf die Bahamas war sie noch rechtzeitig losgeworden. »Wir müssen reden. Ihr scheint mich ja regelrecht zu verfolgen.«
»Nein, das tun wir nicht«, sagte Mary sofort.
»Ich schon«, korrigierte Judy. »Du benimmst dich seltsam. Ich möchte wissen, warum.«
»Wie, ich benehme mich seltsam?« Alice trieb sie durch den Schwarm von Geschäftsleuten, der in die entgegengesetzte Richtung unterwegs war. Der Himmel verfinsterte sich. Ein alter Mann schaute sorgenvoll in die Wolken.
»Was hast du im Mellon Center besorgt?«
»Nichts.«
»Aber du hast doch …«
»Ich habe gelogen.«
Mary war überrascht.
»Die Wahrheit, bitte.« Judy blieb stehen, Alice sah ihr direkt in die Augen.
»Ein Gespräch mit einem Mann. Wir hatten uns öfter getroffen. Aber nun, da Grady plötzlich zurückgekehrt ist, musste ich ihm reinen Wein einschenken.«
»Warum hast du ihn nicht angerufen?«
»Ich mache mit Männern grundsätzlich nicht am Telefon Schluss. Du vielleicht?«
»Aber dazu warst du viel zu kurz in dem Gebäude.«
»Ich bin seinem Kollegen in die Arme gelaufen, der mir gesagt hat, dass er nicht da ist. Jetzt muss ich es später noch einmal versuchen oder mich mit ihm telefonisch verabreden, wenn Grady nicht gerade in der Tür steht.«
Mary waren diese privaten Bekenntnisse mehr als unangenehm. Bennie war immer diskret gewesen. Judy hatte sie in diese peinliche Situation gebracht. »Für mich erklärt das alles.«
Judy schluckte. »Das tut es. Entschuldigung.«
»Jetzt habe ich ein paar Fragen.« Alice wollte Judy aus der Reserve locken. Entweder sie rückte mit der Wahrheit heraus, oder ihre Stunden waren gezählt. »Warum bist du mir gefolgt? Was war dein wirklicher Grund?«
»Es war so ein schwerer Tag für dich, und ich … ich habe mir Sorgen gemacht.«
Wie nett! »Warum hast du mir das nicht einfach gesagt?«
»Wollte ich ja, aber dann kam Mary dazu.«
»Und das ist alles?«
»Absolut.«
»Du
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