Schwesternkuss - Roman
es jemand steif und fest behauptet, hörst du ebenfalls nach einer Weile das Wasser laufen. Verstehst du mich?«
»Du hast dich von Judy verunsichern lassen.«
»Ja.«
»Und warum?«
»Gestern Abend. Bennie hat mir ein Glas Milch serviert. Dabei weiß sie, dass ich Milch hasse.«
»Nicht gerade überzeugend.«
»Aber seit Ewigkeiten machen wir Witze darüber, denn sie liebt Milch über alles.«
»Aber ihr habt euch Jahre nicht gesehen. Gegenfrage. Welches Getränk hasst Bennie über alles? Es gibt nämlich eins.«
Gradys Gesicht wurde blass. »Hm … Keine Ahnung.«
»Malzbier.«
»Erwischt.«
»Außerdem hat sie dein Überraschungsbesuch bestimmt aus dem Konzept gebracht.« Mary dachte an den Mann, der im Mellon Center arbeitete. »Sie ist derzeit nicht in Topform.«
»Vielleicht.«
»Bestimmt.«
»Judy liegt also vollkommen daneben?«
»Vollkommen.« Marys Handy läutete. Wieder kein Anthony. »Einen Augenblick, meine Eltern.« Sie nahm das Gespräch an.
»Maria, Maria!«, rief ihre Mutter weinend ins Telefon.
»Ma, was ist passiert?«
»Pa, er betrügt mich mit Fiorella!«
»Was?« Mary war schockiert.
»Er ist mit Fiorella zusammen. Komm nach Hause, per favore. Tornare a casa. «
»Ich bin schon unterwegs.«
80
Bennie blieb beinahe das Herz stehen. Doch dann drehte Kendra die Pistole um und gab sie ihr.
»Alice, nimm du sie. Du brauchst sie dringender. Und entschuldige. Wir denken wirklich nur an uns.«
Caitlin sah herüber. »Ken, du hast eine Knarre? Warum?«
»Reine Schutzmaßnahme. Das Fitness-Studio hat lange auf. Manchmal sperre ich auch ab.«
Bennie untersuchte die Pistole. Es war eine neue Beretta in Damengröße. Die Schusswaffe war ein Friedensangebot. Auch die richtige Alice hätte sich daraufhin versöhnlicher gezeigt. »Sorry für den Ausraster. Ich bin ein bisschen durch den Wind wegen der Wohnung und dem ganzen Kram.«
Caitlin holte aus ihrer Tasche einen Plastikbeutel mit weißen Kapseln. »Hier. Zur Beruhigung. Danach geht’s dir besser.«
Langsam! »Ich bin nicht in der Stimmung.«
»Jetzt aber! Wir kennen dich doch.«
Bennie hatte noch nie Drogen genommen, aber die beiden sahen sie ungeduldig an. Also schluckte sie eine Tablette.
»Nur eine?«
»Ihr geht jetzt besser. Ich melde mich, sobald ich einen neuen Lieferanten habe.«
»Melde dich bald«, sagte Caitlin. Kendra nickte.
»Alice, ich bin auf das Geld wirklich angewiesen.«
»Ist mir klar.« Bennie begleitete sie zur Tür. »Ich rühre mich. Keine Angst.«
Nachdem die beiden gegangen waren, sah sich Bennie in der verwüsteten Wohnung um. Seltsam, als Alice mit Pistole und Drogen ausgestattet in der Wohnung ihrer Schwester herumzuspazieren. Jetzt hatte sie mit ihr auch den Job getauscht.
Ihr Blick fiel in all dem Durcheinander auf ein rotes Buch, das hinter Briefkuverts hervorlugte. Es war das College-Jahrbuch von Alice. Ihr Name prangte in goldenen Buchstaben auf dem Umschlag. In dem Buch steckten eine Menge Zettel, die wohl als Lesezeichen gedient hatten. Bennie nahm sie heraus.
»Oberstufen-Monsterparty« stand über ein paar Fotos, auf denen tanzende Paare in Halloween-Kostümen zu sehen waren. Bennie entdeckte Alice sofort. Sie war als Alice im Wunderland verkleidet. Sie trug ein blaues Kleid und eine weiße Schürze und tanzte mit einem Jungen, der als Kaninchen einschließlich obligatorischem Zylinder verkleidet war. Der Junge war sehr groß, hübsch, hatte strahlende dunkle Augen und ein fröhliches Lächeln. Auf der rechten Wange hatte er eine ausgefranste Narbe. »Alice und ihr verrückter Hutmacher« stand unter dem Foto.
Bennie setzte sich mit dem Jahrbuch auf das Sofa. Sie hatte nie Fotos von Alice aus ihrer College-Zeit gesehen. »Ganz dicke Küsse für den großen Dave. Ich werde dich immer lieben«, stand unter einem Foto von Alice, auf dem sie genau wie Bennie aussah.
Ich werde dich immer lieben?
Bennie machte sich auf die Suche nach dem großen Dave. Unter dem Buchstaben G wurde sie fündig. Der verrückte Hutmacher mit der Narbe hieß David Gamil. Er spielte Basketball und hatte an einem Ausbildungsprogramm der US-Streitkräfte am College teilgenommen. Unter seinem Foto stand: »Alice, du bist mein Wunderland.« »Alle meine Liebe, für jetzt und für alle Zeiten«, hatte er außerdem in Schönschrift an den Rand der Seite geschrieben.
Dass Alice zu einer normalen Liebesbeziehung fähig war, wunderte sie. Sie durchforstete das ganze Buch, fand aber keine einzige weitere
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