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Schwesternmord

Schwesternmord

Titel: Schwesternmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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schon, Maura. Drei Jahre Französisch auf der High School, und du scheiterst an so einem simplen Satz? Es war jetzt eine persönliche Herausforderung, die alle Gedanken an Tod und Sterblichkeit vorübergehend vergessen ließ. Dann füllten sich die Worte allmählich mit Sinn, und ein kalter Schauer durchfuhr sie …
    Glücklich, wer stets die Stunde seines Todes vor Augen hat Und sich jeden Tag auf das Ende vorbereitet.
    Plötzlich wurde ihr bewusst, wie still es geworden war. Keine Stimmen, keine hallenden Schritte. Sie machte kehrt und verließ die düstere Kammer. Wie hatte sie so weit hinter die anderen Touristen zurückfallen können? Sie war allein in diesem Tunnel, allein mit den Toten. Sie musste an plötzliche Stromausfälle denken und malte sich aus, wie sie in der völligen Dunkelheit in die falsche Richtung gehen würde. Sie hatte von einer Gruppe von Pariser Arbeitern gehört,
die sich vor hundert Jahren in den Katakomben verirrt hatten und schließlich verhungert waren; und sie beschleunigte ihren Schritt, um zu den anderen aufzuschließen, sich wieder zu den Lebenden zu gesellen. Sie hatte das Gefühl, dass der Tod ihr in diesen dunklen Gängen allzu nahe auf den Leib rückte. Die Schädel schienen sie voller Grimm anzustarren, ein Chor von sechs Millionen Seelen, der sie für ihre morbide Neugier schalt.
    Wir waren einmal so lebendig wie du. Glaubst du wirklich, dass du der Zukunft entkommen kannst, die du hier vor dir siehst?
    Als sie endlich aus den Katakomben auftauchte und auf die sonnige Rue Remy Dumoncel hinaustrat, atmete sie tief durch. In diesem Moment genoss sie geradezu den Verkehrslärm und das Gedränge, als sei ihr soeben ein zweites Leben geschenkt worden. Die Farben schienen leuchtender, die Gesichter freundlicher. Mein letzter Tag in Paris, dachte sie, und jetzt erst weiß ich die Schönheit dieser Stadt so richtig zu schätzen. Sie hatte den größten Teil der vergangenen Woche hinter den geschlossenen Türen von Tagungssälen verbracht, als Teilnehmerin an der Internationalen Konferenz zur Forensischen Pathologie. Es war ihr kaum Zeit fürs Sightseeing geblieben, und selbst die Besichtigungen, die von den Veranstaltern der Tagung organisiert worden waren, hatten alle mit Tod und Krankheit zu tun gehabt: das Medizinmuseum, der alte Sektionssaal.
    Die Katakomben.
    Welch eine Ironie, dass die lebhafteste Erinnerung, die sie von ihrer Parisreise mit nach Hause nehmen würde, die an eine Ansammlung menschlicher Gebeine sein würde. Das ist doch irgendwie krank, dachte sie, als sie in einem Straßencafé saß, eine letzte Tasse Café noir schlürfte und sich ein Erdbeertörtchen munden ließ. In zwei Tagen werde ich wieder in meinem Autopsiesaal stehen, umgeben von blitzendem Edelstahl, in einem fensterlosen Raum, in den kein Sonnenstrahl dringt. Werde die kühle, gefilterte Luft
aus der Klimaanlage atmen. Und dieser Tag wird mir wie eine ferne Erinnerung an das Paradies erscheinen.
    Sie nahm sich Zeit, all die Eindrücke in sich aufzunehmen. Den Duft des Kaffees, den Geschmack des köstlichen Buttergebäcks. Den Anblick der geschniegelten Business-Typen mit Handy am Ohr, der Frauen mit ihren aufwendig geknoteten Schals, die im Wind flatterten. Sie gab sich der Fantasie hin, die gewiss im Kopf jedes Amerikaners herumspukte, der schon einmal in Paris gewesen war: Wie wäre es, wenn ich meinen Flug einfach Flug sein ließe? Wie wäre es, einfach hier zu bleiben, hier in diesem Café, in dieser wundervollen Stadt, und nie mehr wegzugehen?
    Aber schließlich stand sie doch auf, verließ das Café und hielt ein Taxi an, um sich zum Flughafen bringen zu lassen. Sie riss sich von der Fantasie los, von Paris – aber nur, weil sie sich geschworen hatte, dass sie eines Tages wiederkommen würde. Sie wusste nur noch nicht, wann.
     
    Ihr Rückflug hatte drei Stunden Verspätung. Die drei Stunden hätte ich auch mit einem Spaziergang an der Seine zubringen können, dachte sie, als sie verärgert in der Wartehalle von Charles de Gaulle saß. Drei Stunden, in denen ich das Marais erkunden oder in den Läden von Les Halles hätte stöbern können. Stattdessen saß sie hier im Flughafengebäude fest, wo sich so viele Passagiere drängten, dass sie Mühe hatte, überhaupt einen Sitzplatz zu ergattern. Als sie dann endlich an Bord der Air-France-Maschine gehen konnte, war sie müde und gründlich missgestimmt. Das eine Glas Wein, das sie zum Essen trank, genügte, um sie in einen tiefen, traumlosen Schlaf

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