Schwiegermutter inklusive. Einen Mann gibt es selten allein (German Edition)
Hotel
„Ex-Freundin Jessica“ nächtigen würden.
Stattdessen bereitete ich alles generalstabsmäßig vor. Ich hatte
eingekauft, was Ingrid gerne mochte, und das war einiges. Der Kühlschrank war
randvoll, ebenso das Rotweinregal für Igerich . Man
sollte nie vergessen, wo das Geld wirklich herkam. Ich deckte den Tisch mit der
guten Tischdecke, stellte einen Blumenstrauß in die Mitte und legte extra für
diesen Tag gekaufte Stoffservietten auf den Tisch. Sogar einen
Schokoladenkuchen hatte ich gebacken, der, von meinen Kindern bewacht, als
Mittelpunkt auf dem Tisch stand.
Um kurz vor 10 Uhr kam Rigoletto mit
seinen Eltern. Ingrid herzte und drückte Josephine und Lilly an ihrem riesigen
Busen wie sie es früher mit mir getan hatte.
„ Chantalle , Sabinchen , ich habe
euch etwas mitgebracht“, flötete sie meine Kinder an, die dank der
gelegentlichen Besuche in Paderborn daran gewöhnt waren, dass ihre Großmutter
sie mit merkwürdigen Namen ansprach und dies nicht mehr hinterfragten. Sie drückte
Josephine und Lilly je eine 400-Gramm-Tafel Schokolade in die Hand.
„Aber
passt auf, dass eure Mutter euch das nicht wieder alles weg isst“, mahnte sie
und ging auf mich zu.
„Und Mandylein - hach, habe schon wieder vergessen, dass ich das
nicht sagen soll - du siehst ja blendend aus! Immer noch keine Falten! Hat auch
Vorteile, wenn man einige Kilos zu
viel auf die Waage bringt, Fett strafft.“
Sie drückte nun mich an ihren Atombusen, als wäre ich immer noch
ihre beste Freundin und sie hätte mich nicht gerade tödlich beleidigt. Dann
drehte sie sich zu den Mädchen um und befahl verschwörerisch:
„Schokolade
gut vor der Mama verstecken!“ Dazu deutete sie vor ihrem nicht gerade kleinen
Bauch eine gigantische Kugel mit beiden Armen an.
Zum Glück prallte ihre Bemerkung diesmal an mir ab. Ich weiß nicht,
ob es daran lag, dass ich vorbereitet war oder dass ich mittlerweile ein Alter
und eine Reife hatte, die mich selbstbewusster machten. Ich war dank zweier
Kinder, Hausarbeit und Teilzeitjob schlanker als je zuvor in meinem Leben und
war mit mir zufrieden. Ingrid hingegen war noch dicker geworden. Sie hatte sich
außerdem ihre wirren Haare wachsen lassen, die nun wie ein gigantischer,
wackelnder Medizinball auf ihrem Kopf saßen. Ich fragte mich im Geheimen, ob
ihre Haare vielleicht die gleiche Aufgabe wie die Schnurrhaare einer Katze
hatten und ihr anzeigten, ob sie noch durch die Tür passte oder nicht.
„Ingrid!“
begrüßte ich sie herzlich. „Kommt doch rein!“
Was Ingrid und Igerich sogleich taten.
Ich war fast ein bisschen enttäuscht, dass es keine Anmerkung zum immer noch
schlechten Feng-Shui unserer Wohnung gab.
Ich trug Josephine und Lily auf, sich schon mal mit ihren
Großeltern an den Tisch zu setzen, während ich den Kaffee und die Brötchen aus
der Küche holte. Ingrid betrachtete derweil mit großen Augen den
Frühstückstisch, auf dem der von ihr geliebte Parmaschinken, Salami, Teewurst
und eine reichhaltige Auswahl ihrer bevorzugten Käsesorten standen.
„Na,
da wird mir ja einiges klar“, sagte sie und schüttelte den Kopf. „Kein Wunder,
dass ihr kein Geld für eine vernünftige Wohnung habt! Was bei euch alles auf
dem Tisch steht....“
Den Rest des Satzes ließ sie in der Luft hängen. Dann sprach sie zu
sich selbst:
„Wer
spart in der Zeit, der hat in der Not. Gut, dass es uns gibt.“
Nun war ich doch gekränkt. Ich hatte, um meinen guten Willen zu
zeigen, den Tisch für Ingrid reichlich gedeckt und alles gekauft, was bei ihr
auch immer auf dem Tisch stand – und jetzt drehte die alte, dicke Wachtel
mir einen Strick daraus. Ich fühlte mich wie in den Anfängen meiner Beziehung
mit Rigoletto . Ich konnte gegen seine Mutter einfach
nicht gewinnen. Oder es ihr auch nur recht machen.
Ich ging in die Küche, schluckte und zählte bis 500. Erst dann war
ich in der Lage, mit dem mittlerweile lauwarmen Kaffee in der Hand zurück ins
Esszimmer zu gehen. Der Rest der Familie saß bestens gelaunt am Tisch. Ich
beschloss, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Ich hatte schließlich gewusst,
dass die Wohnung ihren Preis haben würde. Und dass dieser in Ingrid-Währung zu
bezahlen war.
Ingrid aß bei diesem Frühstück ausschließlich Brötchen mit Butter.
Da dies im krassen Gegensatz zu ihrem sonstigen
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