Schwiegermutter inklusive. Einen Mann gibt es selten allein (German Edition)
Essverhalten stand, fragte Rigoletto schließlich nach:
„Mutter,
geht es dir nicht gut, oder warum isst du nicht?“
„Ach, Rigolettolein , dein Vater und ich, wir sind doch
Kriegsgeneration. Wir brauchen einen so vollen Tisch nicht. Dann habt ihr mehr
und vielleicht kann Mandylein – uppsi ! - beim nächsten Einkauf sparen. Irgendwann müsst ihr
auch mal auf eigenen Beinen stehen, dein Vater und ich leben nicht ewig.“
Ich hatte keinerlei Erwartung, dass Rigoletto irgendetwas an dieser Antwort anstößig finden könnte, also seufzte ich leise
vor mich hin, nahm mir ein großes Stück Schokoladenkuchen, von dem ich mir kurz
vorstellte, wie ich es Ingrid mit großer Wucht in Gesicht schmiss. Dann aß ich
es doch lieber selbst auf. Ein Ende in Ingrids Gesicht hatte der arme Kuchen
nicht verdient.
Den Rest des Tages verbrachten Rigoletto ,
seine Eltern und die Kinder im Berliner Zoo, während ich mich mit
„fürchterlichen“ Kopfschmerzen zu Hause ausruhte.
In Wirklichkeit war ich natürlich putzmunter und zählte die
Minuten, die ich am nächsten Tag noch mit Ingrid verbringen musste, bevor sie
wieder abreiste. Ich nutzte die Zeit, Strategien zu entwickeln, wie ich es
schaffen könnte, Ingrid von weiteren Besuchen in Berlin abzuhalten. Leider fiel
mir nichts wirklich Wirksames ein, außer einen Erpresser-Brief an den
Bürgermeister zu schreiben, in dem ich damit drohte, die ganze Stadt in die
Luft zu jagen, sollte eine gewisse Ingrid Hasenbein jemals wieder hier
auftauchen.
Am Morgen des folgenden Tages kamen meine Schwiegereltern erneut zu
uns zum Frühstück. Ich hatte zunächst erwägt, nur einen Laib Brot und ein Stück
Butter für die Kriegsgeneration auf den Tisch zu stellen, dann aber
beschlossen, mit meinem neuen Selbstbewusstsein über den Dingen zu stehen und
den Tisch wie am Vortag zu decken. Ingrid waren offensichtlich die Kommentare
ausgegangen und so verlief das Frühstück bis auf eine kleine Bemerkung
ereignislos.
Josephine, die kurz zuvor ihren Geburtstag gefeiert hatte, zeigte
ihrer Großmutter stolz ihre erste Barbie-Puppe. Ingrid bestaunte die Puppe
gebührend und sagte dann zu Josephine:
„ Chantalle , wie gerne würde ich dir noch eine Barbie dazu
schenken, aber leider haben deine Großeltern vor Kurzem ein Vermögen in
Immobilien gesteckt und müssen jetzt sparen.“
Mit viel Mühe schaffte ich es, meine Augen nicht zu verdrehen. Ich
war wirklich dankbar, dass Rigolettos Eltern uns das
Geld gegeben hatten, aber ganz ehrlich: so ein Vermögen war es nun auch wieder nicht gewesen. Wie immer übertrieb Ingrid
maßlos. Dachte ich zumindest. Dass sie dieses eine Mal nicht übertrieben hatte,
erfuhr ich erst am Nachmittag - als die Bombe platzte.
Nach einem schweigsamen Mittagessen, bei dem Ingrid lediglich über
die Suppe aus „überteuertem“ Kürbis und über den „vitaminlosen“ Holland-Salat
mit „schadstoffverseuchter“ Paprika meckerte, äußerte sie den Wunsch „nun
endlich zu sehen, wofür sie ihre Rente geopfert hatte.“
Ich ignorierte ihre Bemerkungen über das von mir gekochte Essen und
stimmte begeistert zu. Selbst mit Ingrid im Schlepptau konnte ich nicht genug
davon bekommen, unser künftiges Heim zu sehen. So brachen wir, zur Abwechslung mit
versammelter Mannschaft, auf zum Besichtigungstermin. Während der Fahrt
plapperte ich so aufgeregt über die Vorzüge unserer neuen Wohnung, dass ich
mich nicht mal wunderte, dass Ingrid sagte, die guten Schulen und Kindergärten
in der Umgebung seien für sie nicht von großer Bedeutung. Ich sah ein, dass ich
vielleicht ein wenig zu sehr ins Detail gegangen war, auch wenn man von einer
interessierten Großmutter natürlich erwartet hätte, dass sie glücklich war,
wenn es ihren Enkeln gut ging.
Endlich kamen wir an. Ich stolzierte vorweg und betrat als Erste
unsere neue Wohnung, die mittlerweile Gestalt annahm. Was auch Zeit wurde.
Immerhin wollten wir in weniger als drei Monaten einziehen. Plötzlich bemerkte
ich, dass ich ganz allein im neuen Eigenheim stand. Mein Mann, meine Kinder und
meine Schwiegereltern waren nicht zu sehen. Ich konnte sie allerdings hören.
Verwundert trat ich durch den Eingang, der noch ein einfaches Loch in der Wand
war, wieder aus der Wohnung heraus und versuchte herauszufinden, woher die
Stimmen kamen. Sie kamen aus der Wohnung neben der unseren.
Ich fühlte, wie sich in mir alles zusammenzog. Was tat
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