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Schwiegermutter inklusive. Einen Mann gibt es selten allein (German Edition)

Schwiegermutter inklusive. Einen Mann gibt es selten allein (German Edition)

Titel: Schwiegermutter inklusive. Einen Mann gibt es selten allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Harenberg
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fast sagen können: Es sah aus wie ein Märchenschloss.
Ich stand vor einem riesigen Haus mit zahllosen Fenstern und einer Eingangstür,
die ungefähr so groß war wie das ganze Haus, in dem ich aufgewachsen war. Meine
Hochachtung vor der Frau, die Mutter meines Freundes und dazu eine offenbar sehr erfolgreiche Geschäftsfrau war,
wuchs.
    Wir standen noch nicht ganz vor der Haustür, als sich diese wie von
Geisterhand öffnete. Nach der Größe des Hauses zu urteilen, hatte ich mit einem
Butler oder zumindest eine Hausdame dahinter gerechnet. Doch aus der Tür kam
eine Frau, die aussah, wie...wie meine Mutter auf Drogen.

Kapitel 2

 
    Ich weiß nicht genau warum, aber ich hatte mir die Mutter meines
Freundes so vorgestellt wie Meryl Streep in der "Teufel trägt Prada":
Eine große, schlanke Frau mit perfekt sitzender Frisur, gekleidet in einfache,
edle Sachen, die ihre natürliche Autorität unterstrichen. Eine disziplinierte,
gestandene Geschäftsfrau - auf meine Nachfrage hatte mein Freund knapp erklärt,
seine Mutter sei in der Pharmaindustrie tätig - eben. Die Frau, die mir
enthusiastisch ihre Arme entgegenstreckte während ich ins Haus trat, war das
Gegenteil. Sie war klein und dick. Sehr dick. Sie hatte eine Unmenge
ungekämmter langer, krauser, drahtiger grauer Haare auf dem Kopf, die aussahen,
als wäre ein Fön in ihnen explodiert. Oder wie einer dieser grauen
Stahlschwämme, mit denen man dreckige Töpfe sauberkratzen konnte. An den Armen
der Frau baumelten unzählige Reifen und Kettchen, auf ihrem gewaltigen Busen
ruhte eine hölzerne Kette, die mindestens so viel wog wie sie selber und mit
der wahrscheinlich in einem vorherigen Leben Sklaven auf Galeeren festgekettet
worden waren. Unter der Kette trug sie ein weinrotes Kleid, das in merkwürdigen
Falten um ihren Körper bis zum Boden hing. Außerdem war sie barfuß. Was ich gut
verstehen konnte, denn kaum trat ich ins Haus, schlug mir eine derartige Hitze
entgegen, dass ich bereits nach wenigen Sekunden das Kondenswasser an meinem
Schalenkoffer herunterlaufen sah. „Wenigstens kann das Desaster auf meinem Kopf
nicht schlimmer werden“, dachte ich leicht beunruhigt. Nichts war so, wie ich
es mir vorgestellt hatte.

 
    Nun bin ich nicht umsonst Mutters Liebling und so schaffte ich es,
mir mein Erstaunen über das Auftreten meiner künftigen Schwiegermutter nicht
anmerken zu lassen und streckte ihr nicht minder enthusiastisch meine Arme
entgegen.
                "Sie
müssen Miranda sein", stellte die Frau unnötigerweise – oder hatte
ihr Sohn etwa für das gleiche Wochenende noch eine Freundin angekündigt? - mit
einer derartigen warmen, freundlichen Stimme fest, dass ich mich sofort von
ihrem unerwarteten Aussehen erholte und wieder begann, mich auf das
Kennenlernen meiner Hoffentlich-Schwiegereltern zu freuen.
                "Was
haben sich Ihre Eltern nur bei diesem Namen gedacht? Das ist doch so eine
furchtbare, zuckrige Limonade? Und was ist denn mit ihren Haaren passiert?",
fuhr die Frau immer noch freundlich fort, während sie mich so fest an ihren
Atombusen drückte, als wäre ich ihre kurz nach der Geburt verschwundene
Tochter, die im Dschungel von Affen großgezogen worden war.
    Trotz der gefühlten 45 Grad Raumtemperatur gefror mir mein
schönstes Schwiegermutter-Lächeln auf den Lippen. Ich mochte meinen Namen
nicht. Wirklich nicht! Und ich hatte mir oft die gleiche Frage gestellt: Was
hatten sich meine Eltern nur bei „Miranda“ und dann auch noch in Zusammenhang
mit dem Nachnamen „Meyer“ gedacht? Über den Kommentar mit den Haaren wollte ich
lieber gar nicht erst anfangen nachzudenken.

 
    Ich war es gewöhnt, dass Menschen nach meinem "merkwürdigen"
Namen fragten, normalerweise allerdings erst, wenn man sich etwas näher kannte.
Und irgendwie auch etwas behutsamer, mehr so, wie:
                "Interessanten
Namen haben deine Eltern da ausgesucht, den kenn ich eigentlich nur von der
Limonade."
    Über die Jahre hatte ich mir als Erklärung zurechtgelegt, dass der
Name typisch englisch sei und von meiner englischen Urgroßmutter stammte. Das
war eine infame Lüge, aber meist waren die Leute dann ruhig.
    Es war aber nicht nur die, sagen wir mal, sehr offene Frage meiner
Schwiegermutter in spe, die mich störte. Es war die Tatsache, dass ihr Sohn
einen wesentlich schlimmeren Namen hatte als ich. Es hatte schließlich einen
Grund, warum ich meinen Märchenprinz am liebsten gar nicht beim Namen

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