Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
mein Fräulein?“
Sie nickte und lächelte.
„Also, Schottland liegt gleich nördlich davon. Ein Land mit vielen Seen und hohen Bergen. Ein bisschen wie Bayern.“
„Nur tragen da die Männer Röcke“, unterbrach Sutton und grinste.
Ian runzelte die Stirn.
„Nein. Wir tragen keine Röcke. Wir tragen Kilts. Ein Kilt ist … jedenfalls kein Rock.“
„Sieht aber aus wie einer“, frotzelte Sutton.
Ian wurde sauer. Er hatte gar nicht hierherkommen wollen. Er hatte den Abend auch nicht mit halbbekleideten Grazien verbringen wollen, die nicht mal wussten, wo Schottland lag. Auf keinen Fall war er aber hierhergekommen, um sich von seinem Reisegefährten veräppeln zu lassen.
Unkonzentriert schob er eine allzu entdeckungsfreudige Hand von seinem Bein. Sutton mochte die Gesellschaft ja inspirierend finden, doch Ian fühlte sich wenig inspiriert. Es war ihm peinlich. Er stellte fest, dass er wieder einmal rot angelaufen war. Wenn man rotblond und blass war, passierte einem das dauernd. Verdammt und zugenäht.
Eine ziemlich bombastische Matrone trat nun ein und beäugte die Szene wie ein General seine Schlacht. Sutton lächelte und neigte höflich seinen Kopf zum Gruß, stand jedoch nicht auf. Ian tat es ihm gleich.
„Haben die Herren schon gewählt?“, fragte diese recht weitläufige Dame. „Ich bin Madame Elvira. Ich bin Ihnen gerne behilflich.“
Ian biss sich auf die Lippe und versuchte im Geist bis hundert zu zählen. Auf eine solche Unterstützung würde er nur allzu gerne verzichten. Du lieber Himmel. Oder vielleicht nicht gerade Himmel.
Sutton nickte einem jungen, blonden Mädchen zu, dessen engelhaftes Gesicht überhaupt nicht zu der Umgebung hier passen wollte. Er zog ein paar Banknoten aus seiner Tasche und gab sie der älteren Frau, wobei er klarmachte, dass er auch für Ians Vergnügen mitbezahlte.
„Und der junge Herr?“, fragte sie weiter. „Vielleicht jemand mit ein bisschen Erfahrung?“
Großer Gott! Ian schoss Panik durch die Seele. Jetzt würde sie ihm gleich eine ihrer abgetakelten Ruinen antragen. Was immer Ian an Inspiration vielleicht eben noch gefühlt haben mochte, floh in alle Winde.
Sutton beobachtete ihn sorgsam. Das war schlecht. Wenn ein Meister des Arkanen einen derart gezielt musterte, dann fand er immer etwas über einen heraus. Ian versuchte, seine Gedanken fest in sich einzuschließen und zwang sich zu einem Lächeln. Er versuchte, Ruhe und Gelassenheit auszustrahlen. Jawohl, völlig entspannt war er, verdammt noch mal! Sutton lächelte.
„Ich hätte gerne etwas mehr Zeit, um mich zu entscheiden“, sagte Ian. Die Frau nickte, trat dann zu Sutton herüber und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Ian strengte seine Sinne an, konnte jedoch nur einzelne Worte verstehen, „jung“ und „unschuldig“. Schon wieder wurde er rot und schwor sich, sich dem Studium der korporalen Transformation zu widmen, sobald er wieder in der Loge war. Es war einerlei, dass es als unmachbar galt. Sutton verdiente es, in einen Frosch verwandelt zu werden.
Der zukünftige Frosch grinste und nickte dem beeindruckenden Weib zu.
„Das ist ganz sicher genau das Richtige, Madam“, sagte er. „Das passt doch gut.“ Dann wandte er sich Ian mit einem etwas onkelhaften Lächeln zu. „Gehen Sie nur mit der netten Dame mit, McM…uggins. Sie weiß ganz genau, was Sie brauchen.“
Ian versuchte, sein Entsetzen nicht zu zeigen. Die Frau musste mindestens sechzig sein. Sie wog gut und gern das Dreifache von ihm. Sie war etwa so verführerisch wie … wie … ihm fiel nicht einmal ein Vergleich ein.
„Bitte, der Herr, wenn Sie mir folgen wollen!“ Sie lächelte.
Er folgte. Er folgte, denn ohne Mantel und Hut in die Nacht hinaus davonzurennen, erschien ihm zu lächerlich. Also blieb ihm nichts übrig, als mit der Situation so umzugehen, wie es ihm sein halbes Jahr Ausbildung an der Aroria-Loge gelehrt hatte: Fakten prüfen, Analyse, Conclusio und Aktion.
Er fragte sich, ob die schlussendliche Aktion einen Sprung aus dem Fenster und eine kopflose Flucht beinhalten würde.
Kerzenleuchter in der Hand erklomm die Bordellchefin nun die Treppe. Oben blieb sie schließlich vor einer Tür stehen. Sie drehte einen Schlüssel, der draußen steckte, und Ians Augenbrauen schossen nach oben. Jemand war hier eingeschlossen. Interessant, denn er konnte sich nicht vorstellen, dass man jemanden einschließen würde, der freiwillig hier war.
Die harsche Stimme des Türstehers unterbrach die Frau.
„Das kannst
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