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Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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den vielschichtigen Möglichkeiten verlor, die ihn in Stücke zu reißen drohten.
    Er hätte das keinesfalls allein versuchen dürfen. Diese Situation bedurfte mehr als nur eines Meisters des Arkanen.
    Da sah er, dass sein Wunsch, einen Magierkollegen hier zu haben, eben gewährt worden war. Nur würde dieser Kollege ihm ganz gewiss nicht helfen.

Kapitel 80

    N ichts geschah , wie er sich das ausgemalt hatte. Doch tatsächlich hatte Karreg keinen dezidierten Plan gehabt. Die ganze Theorie seiner ultimativen Rettung hatte er auf der Annahme aufgebaut, dass detailliertes Planen zu vermeiden sei, um dem Zufall eine Chance zu geben. Seine früheren Pläne waren immer sehr fein ausgearbeitet gewesen – und dann schiefgegangen.
    Doch dieser lief auch gerade schief.
    Er wusste immer noch nicht, wie er die Mädchen aus dem Baum herausbekommen sollte. Der Magier war recht jung – für einen Meister – und obgleich er über einiges an Macht verfügte, war er doch im Vergleich zu den Kräften hier eher unbedeutend. Der Mann hatte sich in einer Falle aus zu viel Energie gefangen und hing nun wie eine Fliege im Spinnennetz von Mächten, die ihn überforderten. Karreg wusste sehr genau, wie das war. Damals hatte er die gleiche Erfahrung gemacht.
    Aus vielen schwarzen Augen blickte Karreg von seinem Baum hinunter. Er sollte wohl eingreifen, doch das war in seinem Zufallskonzept nicht vorgesehen. Selbst das Zufallskonzept war nicht sehr ausgereift, bestand nur aus dem anfänglichen Plan, Liebe als Hebel zu benutzen, wo Macht und Schläue nicht gegriffen hatten. Liebe bedeutete Leben.
    Ein Langzeitplan. Sechzehn Jahre war es her, dass er die Frau getroffen hatte, die Clarissa geboren hatte. Dass sie sterben würde, anstatt zu ihm zurückzukommen, hatte er nicht einberechnet.
    Das Stück war in Szene gesetzt, doch alle Rollen waren falsch besetzt.
    Der Wolf war kein Wolf.
    Karreg war es nicht gelungen, auch nur einen einzigen echten Wolf zu finden. Vielleicht gab es drüben im Böhmischen ja noch welche, doch er hatte sie nicht aufzuspüren vermocht.
    Die Mutter des Kindes war nicht die Mutter.
    Zudem hatte er sie für eine ganz andere Rolle ausgesucht, als Gegenstück für das Opfer. Ein wenig schämte er sich deswegen. Doch sie hatte versagt und Clarissa verloren. Er hatte sie für entbehrlich gehalten. Nur war das gewesen, bevor ein Teil seiner selbst ihre Liebe entdeckt hatte und sich gegen sein eigenes logisches Denken auflehnte. Dieser Teil erkannte sie. Er hätte gerne das halbherzige Versprechen eingelöst, das er vor Jahren einer ganz anderen Frau gegeben hatte.
    Er wusste nicht, was er mit diesen Emotionen anfangen sollte, und versuchte, nicht an ihren warmen Körper und ihre wilde Leidenschaft zu denken. Ihre kühle Art war nichts als irreführende Fassade. Sie war zu so viel Liebe fähig. Einen Augenblick lang hatte er sie sogar selbst geliebt.
    Doch Liebe war nichts, was ihm für einen längeren Zeitraum zur Verfügung stand. Und ein „längerer Zeitraum“ bedeutete letztlich mehr für ihn als nur eine leere Worthülse. Ewigkeit war ein zu großer Begriff, aber seine Reise durch die Existenz – Leben mochte er es nicht nennen – hatte keinen sichtbaren Horizont mehr, war nur eine nebelverhangene Straße ohne Ziel und Zweck. Auf dieser endlosen Fahrt wurde Liebe zu nichts als einer flüchtigen Begegnung am Wegesrand, warm und voll von trügerischer Hoffnung.
    Als er Clarissas Mutter getroffen hatte, hatte er diese schon geliebt – zumindest für kurze Zeit. Noch mehr als sie selbst hatte er aber die Möglichkeiten geschätzt, die sie ihm eröffnete. Ein neuer Zweig auf dem Baum der Ereignisse. Doch der Ast, auf dem er saß, schien gerade abgesägt zu werden, und die Zweige wuchsen zurück in den Stamm.
    Was konnte er dagegen tun?
    Die wirklichen Zweige unter seinen vielen Vogelfüßen erbebten, als sich die neue Machtquelle näherte. Er musste sich freilich nicht mit ihr befassen. Er musste nur losfliegen, sich verstreuen und warten, bis die Lage sich wieder abkühlte. Die Raben würden sich der Reste der Menschen, die hier gleich kämpfen würden, annehmen. Menschen hatten ihre Schwierigkeiten untereinander auszufechten. Dafür waren sie Menschen. Und er war – was immer er war, er hatte die Bruderschaft nicht erfunden, und man konnte ihn deshalb auch nicht für ihre Taten verantwortlich machen.
    Er hatte den Magier nicht gerufen, und niemand konnte behaupten, er wäre schuld an dessen Versagen.
    Nicht einmal

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