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Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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an die Baumrinde, als sie unbewusst begriff, dass der Mann dem Baum nicht zu nahe kommen wollte.
    Wieder krachte ein Schuss. Der Wolf heulte auf. War er getroffen? Der Mann und die Bestie rangen immer noch miteinander. Weißer Grund färbte sich langsam rot. Mindestens einer von ihnen musste verletzt sein.
    Der Magiermönch wandte sich nun selbst dem Baum zu, während er gleichzeitig versuchte, Sutton im Auge zu behalten. Seine Bewegungen wirkten so fast krabbenartig seitwärts.
    „Holen Sie sie da raus!“, befahl nun auch er. Doch der Mörder zischte nur zurück: „Ich denke gar nicht daran. Holen Sie sie doch selbst raus!“
    Nun bewegte sich Sutton, allerdings ganz langsam. Er hob seine Arme gen Himmel. Mochte das ein Zeichen sein, dass er den Bann langsam überwand? Oder verlor er gerade die Schlacht gegen die Mächte, die hier am Werk waren?
    „Gehen Sie zur Seite!“, befahl der Magiermönch. Der Schurke tat, wie ihm geheißen, und Konstanze begriff, dass er einem Angriff auf sie und den Baum auswich.
    Empörung gesellte sich zu ihrem Gefühl der Hilflosigkeit. Was hatte sie nur getan, um das zu verdienen? Wo war der Rabenmann?
    Und was würde nun dem Baum geschehen?
    Der letzte Gedanke flog sie unreflektiert an, und sie wollte ihn schon als albern abtun, als ihr klar wurde, dass der Baum offenbar eine eigenständige Rolle in alldem spielte. Er war wie die Menschen in die Schlacht mit hineingezogen worden und hatte eine Seite gewählt.
    Ihre Seite.
    „Tut mir leid!“, flüsterte sie in die Rinde.
    „Fräulein Vanholst!“, wisperte eine verzweifelte Stimme zurück, klanglos und doch erkennbar. „Helfen Sie uns!“
    Sie erstarrte. Clarissa.
    Konstanze traute sich nicht, sich nach der Quelle der plötzlichen Stimme umzusehen. Sie beobachtete reglos, wie der feindliche Magier sich konzentrierte. Während er das tat, blickte er nervös zu Sutton. Hatte er Angst, sein Gegner würde sich einmischen? Oder versuchte er einfach, nicht den gleichen Fehler zu begehen? Er ließ die Hände wieder sinken.
    „Komm da raus, Hexe, oder ich lasse dich mitsamt dem Baum hochgehen!“, drohte er ihr jetzt. Nichts als Worte. Dem Mann stand so viel Macht zur Verfügung, und er bewarf sie mit Worten. Worte konnte sie zurückgeben.
    „Nein“, sagte sie nur kurz. „Gehen Sie weg!“
    Er schien recht ungehalten, als wäre er nicht gewohnt, dass man ihm nicht gehorchte.
    „Komm von dem Baum weg!“, wiederholte er.
    „Warum fallen Sie nicht einfach tot um! Die Welt wäre ohne Sie besser und ethisch gesehen von größerer Moral. Vermutlich wäre sie sogar christlicher.“
    „Du kannst nicht gewinnen, Hexe! Du kannst nur noch gehorchen und Buße tun. Es ist vorbei. Jetzt komm da unter dem Baum vor!“
    Warum redete er so viel? Wenn er den Baum „hochgehen“ lassen konnte, dann gab es keinen Grund, das nicht zu tun, während sie sich daran klammerte.
    „Warum?“, fragte sie. „Warum soll ich von dem Baum weggehen?“
    „Bist du denn eine so schlechte Hexe, dass du das nicht weißt?“, fragte er.
    „Ich bin überhaupt keine Hexe!“, zischte sie zurück.
    Er reagierte nicht einmal auf ihre Antwort, und sie verstand, dass ihn die Aussage nicht überraschte. Hatte er etwas anderes als Leugnen ohnehin nicht erwartet? Oder glaubte er gar nicht an Hexen und jagte sie dennoch? Was wollten diese sogenannten christlichen Jäger, wenn sie an ihren eigenen Aberglauben nicht glaubten?
    „Leugnen wird dich nicht retten!“, fuhr er fort. „Bußfertigkeit ist das Einzige, was dir noch helfen kann.“
    Einen Augenblick später wurde klar, warum er so lange mit ihr geredet hatte. Das laute Schnaufen hinter ihr war nicht mehr zu überhören.
    Sie drehte sich um, und eine Faust landete in ihrem Gesicht.
    Der fette Priester hatte sich den Hügel nach oben gequält. Während sie noch fiel, sah sie sein verschwitztes Gesicht. Er bebte vor Zorn und gab sein körperliches Unbehagen voller Wut weiter.
    Der Mann packte sie am Fußknöchel und zerrte sie unter dem Baum hervor. Sie versuchte, sich daran festzuhalten, doch ihre Finger kratzten nur nutzlos über die Rinde.
    „Fräulein Vanholst!“ Clarissas Stimme wurde leiser. Dann verstummte sie.

Kapitel 82

    S utton war vollständig damit beschäftigt, das Universum auszubalancieren. Jedenfalls fühlte es sich für ihn so an. Er wusste, dass das Universum auch ohne ihn einfach weiterexistieren würde. Er wusste freilich auch, dass er – sollte er mit dem aufhören, was er tat – nur noch

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