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Science Fiction Almanach 1981

Science Fiction Almanach 1981

Titel: Science Fiction Almanach 1981 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans J. Alpers
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kein Ort für Euch, Mädchen; das Böse ist hier gegenwärtig, solche Dinge sind zuviel für den Geist einer Frau. Geht nach Hause.“
    Sie zauderte, blickte nochmals zu ihrem Vater, gab Hund ein Zeichen und ging weiter, die Straße hinunter.
    Amanda betrat die kühle, schattige Dunkelheit ihrer Hü t te. Sie schlug die untere Hälfte der Tür zu und lehnte sich gegen die gekalkte Oberfläche der Wand, fühlte die erodie r ten Steine unter ihren Fingern, kleine Flecken Ton. Im Hof jagte Hund bellend die Küken. „Hund, hör auf damit!“ Er hörte auf, wieder kehrte Stille ein, das Geschnatter der K ü ken verstummte. Sie hörte den Schrei einer Möwe, die über dem Fluß schwebte, glaubte, den Schrei des Mannes auf i h res Vaters Feld darin zu hören. Es ist nicht richtig …!
    Aber es war nicht richtig von ihr, auf diese Weise zu fü h len. Es war eine Sünde, sich mit der Magie einzulassen, die Macht der Dämonen zu berufen. Es war unnatürlich. Das Buch des Propheten Ángel sagte, diese Dinge mußten ve r leugnet werden – sie waren von Gott verflucht. Und wah r lich, sie hatte den Fremden gesehen, niedergeschmettert vor ihren eigenen Augen, von der Strafe Gottes. Wahrlich …
    Sie ging weg von der Tür, nahm ihren Schleier ab und l ö ste die Träger ihres steifen, beengenden Mieders. Die eing e zwängten Falten des Kleides, das sie darunter trug, fielen lose herab. Sie seufzte erleichtert und streckte sich. Das G e webe mußte heute nacht noch beendet werden, sonst würde es nicht fertig werden bis zum Markttag …
     
    Er erwachte in Dunkelheit, würgend, angesichts der ble n denden Pein in seinem Schädel. Der gemähte Weizen war getränkt mit Blut von seinen Wangen. Sein Körper war schwach, er lag bewegungslos, zitterte in der warmen Luft und starrte auf seine eigene tastende Hand. Eine Erinnerung tauchte in ihm auf, wie eine Barke auf der schwarzen See des Schmerzes: Sie würden ihm nicht helfen … Er schloß seine Augen wieder, der Weizen unter seinen Fingern wurde zum Stoff seiner Träume, wurde zum endlosen, im Wind wogenden Gras der Pampas:
    Er war fünfzehn und lebte auf der Ranch seines Onkels in der argentinischen Provinz. Seine Cousins hatten ihn b e trunken gemacht mit jenem namenlosen Likör, den die Ranch aus Kürbissen herstellte. Er hatte geprahlt, und so hatten sie die rote Stute gesattelt, deren Fell von der Farbe des Blutes war … Und sie hatte gescheut und sich hingewo r fen und sich über ihm gewälzt, ihm den Rücken verstaucht.
    Er lag in dem niedergetrampelten Gras, seine Lungen schmerzten bei jedem Atemzug; er starrte auf die schwarzen, glänzenden Stiefel seines Onkels, die sich wie Säulen gegen die endlose Freiheit des Himmels abhoben. „Hilf mir, Onkel Josef …“
    Steh auf, Cristov ã o.
    „Ich kann nicht; es schmerzt zu sehr, bitte hilf mir.“
    Hilf dir selbst, Cristovão. Du mußt lernen, stark zu sein, wie meine Söhne. Du mußt lernen, unabhängig zu sein. Steh auf.
    „Ich kann nicht. Ich kann nicht.“
    Steh auf. Der Stiefel hob seine Schulter; er schrie auf.
    „Ich kann nicht!“
    Steh auf, Cristovão. Du kannst alles tun, was du tun mußt.
    „Bitte hilf mir.“
    Steh auf.
    „Bitte …“
    Steh auf. Steh auf …!
     
    Amanda erhob sich von ihrem Stuhl und begann, endlich das fertiggestellte Stück Stoff vom Webstuhl zu nehmen. Die Kerzen flackerten, ihr Schatten tanzte, getreu ihren B e wegungen, an der Wand. Das Weben beschwichtigte sie in den stillen Abendstunden, beruhigte ihre Gedanken mit se i nem friedvollen Rhythmus. Oftmals sang sie, lediglich mit Hund als Zuhörer.
    Sie faltete den Stoff sorgfältig, darauf bedacht, die Enden nicht den Fußboden berühren zu lassen … und bemerkte, daß die Grillen verstummt waren. Sie stand still und lausc h te, hörte ein undefinierbares Geräusch im Hof. Hund bewe g te sich in seiner Schlafstatt und knurrte leise. Er kam auf die Beine, trottete zur Tür und schnüffelte in der Ritze. Ein ne u erliches Geräusch, näher an der Hütte. Hunds Fell sträubte sich, ihre Haut prickelte. Ein Kojote oder eine Raubkatze aus der Wüste auf der Jagd … ein betrunkener Hirte oder Feldarbeiter, der wußte, daß sie allein lebte …
    Etwas klopfte an die Tür, klopfte noch einmal. Hund b e gann zu bellen und übertönte ihren Schrei der Überraschung. „Hund, sei still! … Wer ist da? Was wollt Ihr?“ Keine An t wort folgte. „Verschwindet! Laßt mich allein, oder ich hetze meinen Hund auf Euch!“
    Sie hörte ein dumpfes,

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