Science Fiction Almanach 1981
jedermann entweder als Insasse oder als Personal daran beteiligt sein würde.
Als der größte Teil der osteuropäischen und alle afrikan i schen Staaten die Empfehlung angenommen hatten und mit ihrer Durchführung beschäftigt waren, wurden die Debatten in der Generalversammlung der Weltregierung sehr hitzig. Das war die Zeit, in der über den Test und über Dr. Speakie viele schlimme Dinge gesagt wurden. Ich wurde manchmal richtig ärgerlich, als ich in der World Times die Berichte über die Debatten las. Wenn ich Dr. Speakie als Sekretärin zu Vollversammlungen begleitete, mußte ich dasitzen und mir mit eigenen Ohren anhören, wie die Leute ihn persö n lich beleidigten, seine Motive in den Schmutz zogen, seine wissenschaftliche Integrität und sogar seine Überzeugung in Frage stellten. Viele von diesen Leuten waren äußerst unangenehm und offensichtlich geistig nicht gesund. Er aber verlor nie die Beherrschung. Immer wieder stand er auf und bewies ihnen, daß der GQ-Test wissenschaftlich einwandfrei zeigte, ob der Getestete geistig gesund war oder nicht und daß die Ergebnisse zu beweisen seien und daß alle Psychometriker sie akzeptierten. So blieb den Testgegnern nichts anderes übrig, als ein großes Geschrei über die Freiheit zu veranstalten und Dr. Speakie und das Psychometrische Büro zu beschuldigen, er versuche, „aus der Welt eine Irrenanstalt gigantischen Ausmaßes“ zu m a chen. Seine Antworten waren immer leise und bestimmt. So fragte er sie, wie sie der Meinung sein könnten, ein Mensch könne ‚frei’ sein, wenn er an einem Syndrom von Illusionen leide oder Zwängen und Neurosen ausgeliefert sei oder den Kontakt mit der Realität nicht ertragen könne. Wie könnten Menschen frei sein, denen die geistige Gesundheit fehle? Es sei gut möglich, daß das, was sie Freiheit nannten, in Wir k lichkeit ein Illusionssyndrom ohne Bezug zur Wirklichkeit sei. Wenn sie sich darüber Klarheit verschaffen wollten, dann brauchten sie nur den Test abzulegen. „Geistige G e sundheit ist Freiheit“, sagte er. „Ständige Wachsamkeit ist der Preis der Freiheit, so heißt es, und nun haben wir einen Wachhund, den man nicht betrügen kann, und der für uns die Wache übernimmt – den GQ-Test. Nur wer getestet ist, kann wirklich frei sein!“
Es gab eigentlich keine Antwort, die sie darauf hätten g e ben können, außer unlogischen und ordinären Anschuld i gungen, die die Abgeordneten, vor denen zu sprechen sie eingeladen worden waren, nicht überzeugten. Früher oder später erklärten sich selbst Gesandte aus Ländern, in denen die Testgegner-Bewegung stark war, freiwillig dazu bereit, sich dem Test zu unterziehen, um so zu beweisen, daß ihre geistige Gesundheit den Anforderungen ihres Auftrags g e recht wurde. Dann begannen jene, die den Test bestanden und im Amt bleiben durften, sich für die allgemeine A n wendung des Tests in ihrem Heimatstaat einzusetzen. Die Aufstände und Demonstrationen, desgleichen Affären wie der Brand des Parlamentsgebäudes in London im Staate England (dem Sitz des GQ-Zentrums Nor-Eur), der Vat i kanaufstand und die chilenische H-Bombe waren das Werk wahnsinniger Fanatiker und richteten sich an die am weni g sten stabilen Teile der Bevölkerung. Solche Fanatiker – wie Dr. Speakie und Dr. Waltraute in ihrem Memorandum an das Präsidium aufzeigten – erweckten und benutzten vo r sätzlich die bewiesene Instabilität der Menge, die ‚Masse n psychose’. Die einzige Antwort auf Massenillusionen dieser Art war die sofortige Ingangsetzung des Testprogramms in den befallenen Staaten, verbunden mit einer sofortigen Ve r größerung des Asylprogramms.
Das war übrigens Dr. Speakies eigene Entscheidung, die GQ-Nivellierungszentren wieder ‚Asyle’ zu nennen. Er nahm damit seinen Feinden das Wort aus dem Mund. Er sagte: „Ein Asyl ist ein Ort, an dem man Schutz sucht, ein Ort der Heilung. An den Worten ‚wahnsinnig’, ‚Asyl’ und ‚Wahnsinnigenasyl’ darf kein Makel mehr haften! Keine s falls! Denn das Asyl ist der Hafen der geistigen Gesundheit – der Ort der Heilung, an dem die Angstgepeitschten Ruhe finden, an dem die Schwachen Kraft finden, an dem die G e fangenen unzureichender Realitätserfassung sich ihren Weg zur Freiheit erkämpfen! Laßt uns das Wort ‚Asyl’ mit Stolz gebrauchen. Laßt uns mit Stolz in das Asyl gehen, um dort daran zu arbeiten, unsere gottgegebene geistige Gesundheit wiederzugewinnen, oder um mit anderen zusammenzuarbe i ten, die nicht
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