Science Fiction Almanach 1981
…“
„Lassen wir dieses Thema lieber fallen, kleine Schwester. Wir wollen uns nicht den Nachmittag verderben …“ Ama n da studierte das dunkle Holz der Tischplatte, die feine Borte des Tischtuchs, das Teresa mit ihren schwieligen Fingern selbst angefertigt hatte. Das Geld zu haben, und die Zeit … „Ich habe meine Wahl getroffen; ich habe gelernt, damit zu leben.“ Selbst wenn es falsch war. Abrupt sah sie weg, zum Fenster hinaus, auf den See.
„Ich weiß. Aber du welkst dahin … es bricht mir das Herz, dich so zu sehen.“ Teresas braune Augen ruhten auf Amandas Händen, plötzlich wurden sie wieder glänzend und tränenverschleiert. „Du bist immer so dünn.“
Aber einst hatte es einen Mann gegeben, der sie schön genannt hatte, und wenn er sie berührte … Amanda fühlte, wie ihre Wangen sich schamerfüllt röteten. „Beim Wort Gottes, Teresa, es sind jetzt acht Jahre. Ich welke nicht d a hin.“ Verlegen griff sie nach ihrer Tasse.
„Tut mir leid. Ich bin sehr – düsterer Stimmung, zur Zeit.“
„Nein … Teresa … ich weiß nicht, was ich ohne dich und Jose getan hätte. Ihr wart so lieb und großzügig zu mir. Ich hätte es niemals geschart.“ Kein Groll regte sich in ihr.
„Das war nur Gerechtigkeit.“ Alter Unwille flackerte in Teresas Gesicht. „Nach allem gab mir Vater deine Mitgift neben der meinen; das war nicht richtig. Ich wünsche, du ließest uns mehr tun …“
„Ich habe genug. Wirklich. Daß Vater mir die Hütte übe r ließ, war mehr, als ich erwartet hatte; und daß Jose dich sein Eigentum weggeben läßt, wie du es tust. Er ist ein freundl i cher Mann.“
Teresa tätschelte ihren Rücken, sie lächelte erneut. „Er behandelt mich sehr gut. Ich weiß nicht, wie ich das verdi e ne.“
„Aber ich.“ Amanda lächelte mit ihr, ohne Schmerz. Der Wind trug den Klang von Glocken vom Kirchturm der Stadt Sanpedro herüber.
„Die Abendglocken – Jose wird bald kommen … sehr bald.“ Teresa griff nach ihrer Krücke und erhob sich von ihrem Stuhl. Amanda erhob sich ebenfalls und zog ihren Schleier über, als sie Lärm im Hof hörte, schrille, erfreute Stimmen und das Gebell des Hundes. Jose kam durch die Halle herein, dunkel und lächelnd, an jeder Hand führte er ein Kind. Amanda beugte den Kopf, wie es auch Teresa tat, sie spähte hoch und sah, wie Jose sanft das Kinn seiner Frau mit einer Fingerspitze hob. Sehnsucht erfüllte sie; sie preßte ihre rauhen Hände gegen das Gewebe ihres blaßlila, forml o sen Kleides.
„Mein Gemahl …“
„Meine Gemahlin. Und Amanda, schön dich zu sehen, Schwester der Gemahlin.“
Sie hob ihre Augen und senkte sie erneut, wie immer machte das warme Mitgefühl in seinen Augen sie verlegen.
Zwei weitere Gestalten traten ein und füllten den kleinen Raum. Amanda schnaufte ärgerlich, als sie ihre andere Schw e ster, Estella, zusammen mit ihrem Mann Houardo erkannte.
„Jose, warum hast du mir nichts von unseren zusätzlichen Gästen gesagt?“ Verwirrt zupfte Teresa an ihrem Schleier.
„Ich dachte, da Amanda hier ist, Frau, würde das Essen auch noch für zwei weitere Besucher reichen.“
„Ja, das wird es, Jose“, sagte Amanda, wobei sie ihn d i rekt anblickte, durch ihren Ärger aufgebracht. „Ich kann nicht bleiben. Ich habe zuviel … Arbeit … zu erledigen.“ Sie sah zu Estella hinüber. Sie konnte lediglich deren Augen sehen, verächtlich, schön und kohlenschwarz blickten sie aus dem feinen Stoff von Estellas Schleier. Erinnerungen belebten das Gesicht, bleich, mondähnlich, makellos; der Körper, weich, wohlgeformt, ohne die scharfen, knochigen Kanten, die sie selbst hatte. Estella war zwei Jahre älter, sah aber zwei Jahre jünger aus. Houardos Hand ruhte auf ihrer Schulter, besitzanzeigend wie immer, eine Berührung, die keinerlei Sehnsucht in ihr aufkommen ließ. Teresa hatte g e sagt, Houardo schlage seine Frau manchmal grundlos, von Eifersucht gequält.
Doch ebensowenig wie Sehnsucht verspürte sie Symp a thie, während sie die Blicke erwiderte. Estella hatte nicht geliebt, doch weise den Sohn des reichsten Kaufmanns der Stadt geheiratet, eine Tatsache, die sie ihre enterbte Schw e ster niemals vergessen ließ. Amanda registrierte die schmu t zigrosa Farbe von Estellas Gewand, eine Imitation, nicht das reine, fragile Lavendelblau, das nur ihre eigene Fingerfe r tigkeit herstellen konnte. Sie lächelte ungesehen hinter i h rem Schleier. „Ich muß ein Stück Stoff fertigstellen, um es auf dem Markt zu
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