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Science Fiction Almanach 1981

Science Fiction Almanach 1981

Titel: Science Fiction Almanach 1981 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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eingetragen. Ich fand die Räumlichkeiten ohne Schwierigkeit, obwohl ein älterer Arzt mich mit einem seltsamen Blick musterte, als ich durch den stillen Gang schlenderte. Die Suite – sie bestand aus einem Schlafzi m mer, einem Miniaturwohnraum und einem eingebauten Bad – deprimierte mich. Alles war sauber, verschlossen und unpe r sönlich – wie der Mann, dem sie gehörte. Ich durchwüh l te die Zimmer ruhelos in der Hoffnung, irgend etwas zu fi n den, das mir bekannt genug erschien, um mir zu beweisen, daß ich hier die letzten elf Jahre zugebracht hatte.
    Jay Allison war vierunddreißig Jahre alt; ich jedoch hatte mein Alter ohne zu zögern mit zweiundzwanzig angegeben. Es gab in meiner Erinnerung keine erkennbaren weißen Flecken; von dem Moment an, als Jay Allison von den Waldläufern gesprochen hatte, war meine Vergangenheit an mir vorbeigerauscht und war stehengeblieben, komplett bis zum Abendessen des gestrigen Tages (aber hatte ich diese Mahlzeit vor zwölf Jahren zu mir genommen?). Ich erinnerte mich an meinen Vater, einen scharfgesichtigen, stillen Mann, dem es Spaß gemacht hatte, oft zu fliegen und von seiner Maschine aus während des unablässigen Kart o graphierens und Erforschern Foto auf Foto zu schießen. Er hatte es gern gemocht, wenn ich mit ihm zusammen flog, und ich war sprichwörtlich über jeden Quadratzentimeter des Planeten mit ihm geschwebt. Niemand hatte je das Wagnis auf sich genommen, über die Hellers hinwegzugle i ten, abgesehen natürlich von dem großen Handelsraumer, der stets in einer sicheren Umlaufbahn blieb. Ich erinnerte mich schwach an die Bruchlandung und die seltsamen Hä n de, die mich aus dem Wrack zogen, und jene Wochen, die ich, bewußtlos und mit gebrochenen Knochen, liebevoll g e pflegt von einer der rotäugigen, aufgeregt zwitschernden Frauen der Waldläufer, dort verbrachte. Insgesamt hatte ich acht Jahre in ihrem Nest verbracht, das natürlich überhaupt kein Nest war, sondern eine sich weiträumig ausbreitende Siedlung auf den Ästen enormer Bäume. Zusammen mit den kleinen, feingliedrigen Humanoiden, die meine Spielgefäh r ten gewesen waren, hatte ich Nüsse und Knospen gesammelt und kleine, auf Bäumen lebende Tiere gefangen, die ihnen zur Nahrung dienten, und meinen Teil zum Weben der Kle i dung beigetragen, die aus den Fasern der auf Baumstämmen kultivierten Schlingpflanzen wuchsen. In all diesen acht Ja h ren hatte ich mit den Füßen weniger als ein Dutzend Male den Grund berührt, obwohl ich meilenweit über die Bau m straßen gewandert war, die sich hoch über dem Waldboden dahinzogen.
    Schließlich die schmerzliche Entscheidung des Alten, daß ich zu fremdartig für sie sei, und die schwierige und gefäh r liche Reise, die meine Waldläufer-Zieheltern und -Brüder unternommen hatten, um mir aus den Hellers herauszuhelfen und mich zur Handelsstadt zu bringen. Nach zwei Jahren körperlich schmerzhafter und geistig mit halbem Herzen vorgenommener Versuche, am Tag zu leben (die eulenäug i gen Waldläufer sahen am besten und lebten hauptsächlich bei Mondlicht), hatte ich schließlich eine Nische für mich gefunden, in der ich mich niederlassen konnte. Aber die g e samten späteren Jahre (nachdem Jay Allison, der, wie ich annehme, das Grundmuster meiner Erinnerungen mit mir teilte, mich übernommen hatte) waren im Schlund des U n terbewußtseins verschwunden.
    Ein Bücherregal war mit großen Mikrokarten vollg e stopft. Ich steckte eine davon in den Bildbetrachter, kam mir wie ein Voyeur vor und ertappte mich dabei, wie ich ängs t lich darauf wartete, daß gleichmäßige Schritte erklangen und die schrille Stimme Jay Allisons zu wissen verlangte, was zum Teufel ich mit seinem Eigentum anstellte. Ein Auge dem Betrachter zugewandt, las ich geistesabwesend etwas über die Behandlung komplizierter Brüche. Erst dann wurde mir klar, daß ich aus einem ganzen Absatz nicht mehr als drei Wörter verstand. Ich schlug mich mit der Faust gegen die Stirn und spürte, wie die Worte wie leere Echos in mir widerhallten. „Laceration … Primärefflusion … Serum und Lymphen … Granulationsgewebe …“ Ich nahm an, daß die Worte etwas bedeuteten und ich einst gewußt hatte, was. Aber wenn ich eine medizinische Ausbildung genossen ha t te, konnte ich mich jedenfalls an keine Silbe erinnern. Ich konnte nicht einmal eine Fraktur von einer Fraktion unte r scheiden.
    In einem plötzlichen Aufwallen von Ungeduld zog ich mir die weiße Jacke aus und streifte das erste

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