Science Fiction Almanach 1983
stand genau in der Linie des Strahls!
Ich spürte noch, wie der Ryl den Arm des Erdmenschen abzulenken suchte. Aber es war zu spät. Ich sah, wie der bläuliche Kegel auf mich zuschoß! Das Wesen bäumte sich hoch auf. Dann hörte ich ein dumpfes Zischen. Ungeheure Hitze hüllte mich ein – und zum zweiten Mal an diesem Tag verlor ich das Bewußtsein.
„Dem Himmel sei Dank, Gondor Ryan!“
Ich blickte in die Augen eines Erdmenschen, der über mich gebeugt war. Ich las seine Gedanken: Scham und eine tiefe Erleichterung. Es war der Mann, der den unglückseligen Schuß abgegeben hatte.
„Ich – ich konnte es einfach nicht mit ansehen, wie das Vieh …“ stammelte er. Ich neigte begütigend meinen Kopfstern und legte einen meiner Arme auf den seinen.
„Ich verstehe – es wäre mir vielleicht genauso gegangen“, beruhigte ich ihn. „Aber – wieso …!“
Wieso lebe ich noch? wollte ich fragen. Ich kannte die Strahlwaffen der Erdmenschen. Nichts konnte in ihrem Kegel bestehen, wenn nicht Tronium-Metall oder …
„Was ist mit dem – Wesen?“ fragte ich statt dessen.
„Das hat es erwischt!“ sagte der Erdmensch mit tiefer Befriedigung. „Dieser Strahl war offenbar mehr, als es aushalten konnte!“
Ich richtete mich auf. Irgendwo auf dem Sand in meiner Nähe lag der verkrümmte Körper des Wesens, das uns alle vor wenigen Minuten noch mit solchem Grauen erfüllt hatte – halbverbrannt und leblos. Ein paar Menschen und Ryl schienen den Körper gerade näher zu untersuchen.
Der Koordinator war näher getreten, Marc an seiner Seite.
„Gordon Ryan – wir Menschen werden es nicht vergessen, daß ein Ryl es war, der als einziger gegen dieses – Ungeheuer anzugehen wagte“, sagte Marc leise. „Und ich wollte noch vor ein paar Stunden …“
Wieder spürte ich eine Welle von Scham aus seinen Gedanken zu mir herüberschlagen. Es war mir unangenehm. Schließlich hatte ich kaum überlegt, als ich aus dem Boot gesprungen war …
Aber irgend etwas stimmte doch bei der ganzen Sache nicht! Es war doch unmöglich, daß ein Ryl sich für einen Menschen einsetzte, während ein Roboter untätig dabeistand? Wo blieb da das erste Grundgesetz? Ich hatte das Gefühl, daß ich alle Vorgänge noch immer nicht recht verstand. Ein Schuß tötete das unverletzliche Ungeheuer, aber ich blieb verschont. Ein Verwundeter fiel aus Todesangst in friedlichen Schlummer – ein Roboter vergaß seine Pflicht – Widersprüche über Widersprüche!
„Chef!“ Ein aufgeregter Ruf ließ den Koordinator auffahren. Einer der Männer, die das tote Wesen untersucht hatten, hielt gestikulierend etwas in die Höhe, was er aus dem verkrümmten Rumpf gezogen hatte. „Chef! Kabel und Spulen!“
Wenige Augenblicke später standen wir um den halbverkohlten Körper und starrten auf das, was die vernichtenden Strahlen der Waffe freigelegt hatten: Nicht Knochen oder Muskeln – unzählige, regelmäßig angeordnete Leitungen und Spulen, Kondensatoren und Transistoren füllten den Rumpf aus.
„Dieses – dieses verdammte Biest war ein Roboter!“ rief Marc fassungslos.
Der Koordinator nickte.
„Ich vermutete es schon seit einiger Zeit – jetzt wissen wir es sicher. Und ich möchte dich bitten, vorsichtig mit Ausdrücken, wie ‚das verdammte Biest’, zu sein – ich fürchte, sie passen besser auf uns alle, als auf dieses Wesen!“
Der Koordinator schwieg eine Weile nachdenklich. Dann fuhr er sich mit einer seltsam menschlichen Geste über die Augen und begann leise:
„Marc, wie lauten die drei Grundgesetze der Robotik?“
„Erstens: Ein Roboter darf kein menschliches Wesen angreifen oder zu Schaden kommen lassen“, sagte Marc langsam. „Zweitens: Ein
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