Science Fiction Almanach 1983
Roboter muß jeden Befehl eines Menschen befolgen – sofern er nicht dem ersten Grundgesetz widerspricht. Und drittens: Ein Roboter muß seine eigene Existenz schützen, solange es nicht dem ersten oder zweiten Grundgesetz widerspricht.“ Er sah den Koordinator fragend an.
„Ja, Marc, das sind die drei Grundgesetze, wie sie die Menschen formuliert haben. Und nun stell dir eine andere Rasse vor, eine Rasse, die in vielem weit erfahrener und weiser war, als die Menschen – eine Rasse, die wohl wußte, daß sie nicht allein im Weltall lebte. Kannst du vermuten, wie ihre Grundgesetze für ihre Roboter gelautet haben?“
Der Koordinator machte eine Pause. Er sah mich einen Augenblick lang scharf an, dann fuhr er fort:
„Ja, für sie hieß das erste Grundgesetz: Kein Roboter darf ein lebendes Wesen, gleichviel welcher Art, angreifen oder zu Schaden kommen lassen. Und dieses ‚Ungeheuer’ hat nichts weiter getan, als jenes Gesetz befolgt.
Jahrtausende, Jahrzehntausende, mag es hier irgendwo in den Ruinen gelegen haben. Und dann kamen wir. Und was taten wir? Wir gingen auf die Jagd! Das ist ja ein Vergnügen für uns, die Herren der Schöpfung, irgendein anderes Wesen totzuschießen – nur um uns zu beweisen, wie geschickt wir sind! Und damit setzten wir den uralten Mechanismus wieder in Gang: Der Roboter mußte dem Menschen die Mordwaffe, das Gewehr, abnehmen, damit er nicht noch mehr Unheil damit stiftete!
Hätte er sie ihm kampflos überlassen – alles wäre gut gewesen. Aber er widerstrebte – und der zweite Schuß löste sich. Er traf den Ryl – und damit mußte sich der fremde Roboter dem zweiten Verletzten zuwenden: Nicht, um ihn anzugreifen – nein, um ihm Hilfe zu bringen! Mit seinen ‚Klauen’ – in Wirklichkeit feinsten chirurgischen Instrumenten – wollte er die Kugel aus dem Körper des Ryl entfernen. Aber das können wir nicht verstehen – wir müssen immer und immer das Schlimmste annehmen: Und deshalb stürzt sich der dritte mit der Strahlpistole auf den Helfer.
Der Roboter wehrt sich nicht – aber er absorbiert die Energie des Strahls ohne Schaden. Er ist nach dem dritten Grundgesetz gut dazu ausgerüstet, seine eigene Existenz zu schützen. Aber auch er kann nicht verhindern, daß jetzt der alte morsche Turm – seiner Fundamente beraubt – zusammenbricht und die Opfer unter sich begräbt.
Gleich nach dem Unglück bemüht er sich, zu retten, was noch zu retten bleibt – und wie wird ihm das gedankt? Wir erscheinen und schießen wieder mit Strahlpistolen herum!
Ich selbst störe ihn mitten in dem diffizilen Geschäft, die gebrochenen Knochen wieder zu richten – natürlich schiebt er mich weg!“
Die anderen schienen das ohne Kommentar hinzunehmen – nur in Marcs Gedanken spürte ich ein leises Lächeln: Der Koordinator war ja ein Roboter – und ihn konnte das Wesen ruhig angreifen; denn nur Leben war ihm heilig! Aber es war besser, wenn das ungesagt blieb.
„Und jetzt kommt eine ganze Horde lebender Wesen und gibt dem Roboter unmißverständlich zu verstehen, daß er sich fortscheren soll! Seine Aufgabe ist beendet – der Verwundete ist versorgt –, also will er sich zurückziehen. Aber das lassen wir auch wieder nicht zu – wir sperren ihn ein und bedrohen ihn weiter.
Jetzt versucht er, sich mit uns zu verständigen – ohne Sprache allerdings, mit Hilfe einer Bilderschrift, die jedes intelligente Wesen verstehen muß, will er uns klarmachen, was geschehen ist. Aber wir glauben ihm nicht. Wir sind so voll Mißtrauen gesogen bis obenhin, daß wir jede Unklarheit in seinen Mitteilungen zu seinen Ungunsten auslegen!“
„Aber warum bricht er wieder aus dem Käfig aus?“ fragte einer der Männer erregt.
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