Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Science Fiction Almanach 1983

Science Fiction Almanach 1983

Titel: Science Fiction Almanach 1983 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
Vom Netzwerk:
Gol­de­ne Mas­ke des Schwei­gens ge­ben – die Mas­ke, die sei­ne Ge­dan­ken vor mir ver­hüllt.
    Denn ich fürch­te, wir Ryl, die wir Ge­dan­ken le­sen kön­nen, ha­ben da­bei et­was sehr Wert­vol­les ver­lernt: dem an­de­ren zu ver­trau­en, auch oh­ne sein In­ne­res zu ken­nen.
    Und die Erd­we­sen ha­ben sich Ro­bo­ter ge­baut, de­ren Ge­dan­ken sich auf ge­nau vor­ge­schrie­be­nen Bah­nen be­we­gen müs­sen – und sie ha­ben da­bei auch et­was sehr Wich­ti­ges ver­lernt: daß es näm­lich Din­ge gibt, die sich nicht in Ge­set­zen und Me­cha­nis­men ein­fan­gen las­sen.
    Ver­trau­en, Ko­or­di­na­tor, ist stets ein Wag­nis – und das wird es auch blei­ben. Ein Ro­bo­ter darf nichts wa­gen – er muß am Leitseil sei­ner Re­geln ein­her­ge­hen; und des­halb, Ko­or­di­na­tor, müs­sen wir Ryl mit dem Wag­nis des Ver­trau­ens be­gin­nen …“

 
Jörg Wei­gand Objekt der Verehrung
     
    Für Kurt Bern­hardt
     
1
     
    Als sich die Abend­däm­merung all­mäh­lich über die aus­ge­dörr­te Step­pe senk­te, be­gan­nen die Scha­ka­le zu heu­len, und die Frau­en des Stam­mes stampf­ten die let­zen Kör­ner für den Fla­den­teig. Zwei er­fah­re­ne Jä­ger er­ho­ben sich aus der kau­ern­den Run­de, die der vor­ze­re­mo­ni­el­len Me­di­ta­ti­on ge­wid­met war, und be­ga­ben sich auf Pos­ten auf die ers­te Wa­che. Um die Mit­te der Nacht, wenn der Mond sich über den Berg der Blit­ze er­hob, wür­den sie von zwei an­de­ren Stam­me­s­an­ge­hö­ri­gen ab­ge­löst wer­den.
    Ta­rak, der Jung­jä­ger, war für die­se Nacht von der tur­nus­mä­ßi­gen Wa­che be­freit. Als Jüngs­ter im Man­nes­al­ter, er zähl­te ge­ra­de 16 Som­mer, wur­de er zwar öf­ter als die Al­ter­fah­re­nen zu Diens­ten und Pflich­ten her­an­ge­zo­gen, doch hat­te die Er­fah­rung den Stamm ge­lehrt, daß man selbst die Zä­he­s­ten und Aus­dau­ernds­ten un­ter den Jun­gen nicht un­be­grenzt be­las­ten konn­te. So wa­ren auch Ta­rak fünf von zehn Näch­ten zum un­be­grenz­ten Schlaf ge­stat­tet wor­den.
    Ta­rak reck­te sei­ne brei­ten Schul­tern, griff hin­ter sich zum ab­ge­leg­ten Bo­gen und dem Kö­cher und er­hob sich aus der ge­bück­ten Hal­tung. Bis zur Ze­re­mo­nie war noch ein we­nig Zeit. Sei­ne Au­gen such­ten Ma­lia, die vier­zehn Som­mer zähl­te; ih­re tief­brau­nen, glü­hen­den Au­gen und ihr schlan­ker Kör­per hat­ten es ihm an­ge­tan. Nach den Re­geln des Stam­mes galt zwar die Ver­bin­dung von Mann und Frau in­ner­halb der Stam­mes­ein­heit als nicht er­wünscht, doch han­del­te es sich da­bei nicht um ein di­rek­tes Ta­bu – so daß Ta­rak fest ent­schlos­sen war, Ma­lia nach al­len Kräf­ten zu um­wer­ben, um sie im nächs­ten Som­mer, wenn sie das hei­rats­fä­hi­ge Al­ter er­rei­chen wür­de, in sei­ne Hüt­te zu füh­ren.
    Der Stamm der Hunds­krie­ger la­ger­te seit Ge­ne­ra­tio­nen am Ran­de der großen Ebe­ne, die auch jetzt noch – nach so lan­ger Zeit – von den Nar­ben der Großen Ka­ta­stro­phe ge­zeich­net war. Die­se Step­pe dehn­te sich über den gan­zen nörd­li­chen Teil Elo­pas aus; tun­dra­ar­ti­ger Be­wuchs sorg­te für nur we­nig Ab­wechs­lung. Den­noch: die Step­pe gab ih­nen Nah­rung, und in den Rand­ge­bie­ten ge­gen Sü­den hin ließ sich so­gar wäh­rend der Tro­cken­zei­ten noch et­was Was­ser fin­den. Und der hoch­stäm­mi­ge Wald auf den Hän­gen der Ber­ge, die den Süd­wes­ten der Ebe­ne ein­faß­ten, bot den idea­len Stand­ort für die Be­hau­sun­gen der Hunds­krie­ger.
    Ma­lia be­wohn­te mit ih­ren El­tern und sechs we­sent­lich jün­ge­ren Ge­schwis­tern ei­ne der grö­ße­ren Laub­hüt­ten. Als noch Un­be­rühr­ba­re durf­te sie bei der all­abend­li­chen Ze­re­mo­nie na­tür­lich nicht da­bei­sein; eben­so­we­nig war es ihr ge­stat­tet, der vor­ze­re­mo­ni­el­len Me­di­ta­ti­on bei­zu­woh­nen. Und da au­ßer­dem der Abend nun rasch kam, war Ta­rak si­cher, das Mäd­chen in oder bei der el­ter­li­chen Be­hau­sung an­zu­tref­fen.
    Be­tont un­auf­fäl­lig schlen­der­te der Jung­jä­ger, den Fe­der­schmuck des ers­ten Jah­res keck aus der Stirn ge­scho­ben und den Bo­gen

Weitere Kostenlose Bücher