Science Fiction Anthologie Band 4 - Die Vierziger Jahre 2
kratzen.
Etwas gab nach – es waren seine Rippen –, und in dem flüchtigen Augenblick des nachlassenden Drucks war er in der Lage, sich zu winden, sich umzudrehen und nach dem gewaltigen, haarigen Handgelenk zu schlagen. Das warme Blut spritzte, und der Riese schrie laut. Immer wieder handhabte er seine Waffe, bis deutlich wurde, daß der Riese diese Hand nicht wieder würde benutzen können.
Er war jetzt einhändig gegen einen bisher – soweit es seine Gliedmaßen betraf – unverkrüppelten Gegner. Wahrlich, jede Bewegung des oberen Teils von Shricks Körper ließ Schmerzspeere durch seinen Brustkorb stechen. Doch er konnte sich bewegen und zuschlagen – und töten.
Denn Kahler-Kopf wurde geschwächt, als Blut aus seinen Wunden strömte. Er war nicht mehr in der Lage, die Angriffe auf Gesicht und Hals abzuwehren. Doch kämpfte er, wie seine Rasse immer gekämpft hatte – bis zum letzten Atemzug. Sein Feind hätte kein Pardon gegeben – soviel war offensichtlich –, aber er hätte am Ort-der-kleinenLichter beim Kleinen Riesen Zuflucht suchen können.
Kurz vor seinem Ende fing er wieder an zu brüllen. Und als er starb, kam der Kleine Riese in die Höhle.
Es war pures, blindes Glück, das den Riesentöter vor schnellem Tod durch die Hände des Eindringlings rettete. Hätte der Kleine Riese von den erbärmlichen, kleinen Streitkräften gewußt, die gegen ihn aufgeboten waren, so wäre es für Shrick unangenehm geworden. Aber der mit ihren Schützlingen zurückgelassenen Keine-Zehen war es auf dem Platz der Zusammenkunft langweilig geworden. Sie hatte Shrick von den Wundern des Innerhalb reden hören; und jetzt, dachte sie, sei ihre Chance gekommen, diese selbst zu sehen.
Gefolgt von ihren Zöglingen, wanderte sie ziellos in den Tunnels direkt außerhalb der Barriere entlang. Sie kannte die Lage der Durchlässe zum Innerhalb nicht, und die Sicht durch vereinzelte Spählöcher war sehr begrenzt.
Dann stieß sie auf die Tür. die Shrick offengelassen hatte, als er seinen Angriff auf die schlafenden Riesen gestartet hatte. Helles Licht strömte durch die Öffnung – helleres Licht als jedes andere, das Keine-Zehen in ihrem bisherigen kurzen Leben gesehen hatte. Wie ein Leuchtturm lockte es sie an.
Sie zögerte nicht, als sie an die Öffnung kam. Anders als ihre Eltern war sie nicht damit aufgezogen worden, die Riesen mit abergläubischer Ehrfurcht zu betrachten. Shrick war der einzige Erwachsene, den sie jemals in ihrem Leben kennengelernt hatte – und er hatte, obwohl er von den Riesen gesprochen hatte, damit geprahlt, einen im Zweikampf getötet zu haben. Er hatte auch gesagt, daß er irgendwann alle Riesen töten würde.
Trotz Keine-Zehens Mangel an Alter und Erfahrung war sie kein Dummkopf. Wie eine Frau hatte sie Shrick bereits abgeschätzt. Viel von seinem Gerede tat sie als eitle Prahlerei ab, doch sie hatte nie einen Grund erkannt, seine Geschichten vom Tod von Großer-Fangzahn, Sterret, Tekka, Dicker-Bauch – und all den Unzähligen aus dem Volk, die mit ihnen untergegangen waren – nicht zu glauben.
So kam es, daß sie – tollkühn in ihrer Unwissenheit – durch die Tür segelte. Hinter ihr kamen die anderen Kinder, und sie quietschten in ihrer Aufregung. Selbst wenn sie der Kleine Riese nicht gleich gesehen hätte, hätte er den schrillen Tumult ihres Einbruchs nicht überhören können.
Es gab nur eine Interpretation, die er auf das Zeugnis seiner Augen geben konnte. Der Plan, das Volk zu ersticken, war fehlgeschlagen. Sie waren aus ihren Höhlen und Tunnels zum Massaker an seinen Mitriesen hervorgebrochen – und jetzt kamen neue Verstärkungen, um sich um ihn zu kümmern.
Er drehte sich um und floh.
Shrick sammelte seine Kraft und machte einen fliegenden Sprung vom ungeheueren Leichnam Kahler-Kopfs. Aber mitten im Flug schob sich eine harte, polierte Oberfläche zwischen ihn und den fliehenden Riesen. Benommen hing er viele Herzschläge lang daran, bis er merkte, daß es eine riesige Tür war, die sich vor seinem Gesicht geschlossen hatte.
Er wußte, der Kleine Riese suchte nicht nur sein Heil in der Flucht – denn wo auf der Welt konnte er hoffen, dem Zorn des Volkes zu entgehen? Er holte vielleicht eine Art Waffe. Oder – und bei diesem Gedanken erstarrte Shricks Blut – er war unterwegs, um den von Drei-Augen vorhergesagten endgültigen Untergang zu entfesseln. Jetzt, wo seine Pläne angefangen hatten fehlzuschlagen, erinnerte er sich an die Prophezeiung in ihrer Gesamtheit,
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