Science Fiction Anthologie Band 4 - Die Vierziger Jahre 2
erschrocken wie ein Kätzchen, das man von seinem Lieblingskissen geworfen hat. „Aber … heute ist doch nicht Montag. Somerset & Ojack schicken Ihnen doch nur am Montag Akten.“
Sam zuckte bei der Erinnerung zusammen, daß nur die Akten, die Somerset & Ojack ihm einmal die Woche schickten, ihn zu einem echten Anwalt machten. „Ich habe einen Brief, Miß Hill“, erwiderte er entschlossen. „Wenn Sie dann gütigst Zeit hätten, könnten wir ja damit anfangen.“
Tina erschien schon sehr kurz darauf mit Stenoblock und Bleistift.
„Üblicher Kopf, heutiges Datum“, begann Sam. „Adresse: Handelskammer, Glunt City, Ohio. Sehr geehrte Herren, bitte teilen Sie mir mit, ob sich unter Ihren Mitgliedern eine Build-A-Man-Corporation oder eine Firma ähnlichen Namens befindet. Ferner hätte ich gern gewußt, ob eine Firma des erwähnten Namens in letzter Zeit die Absicht geäußert hat, sich in Glunt City niederzulassen. Es handelt sich hier um eine formlose Anfrage im Auftrag eines Klienten, der sich für ein Produkt dieser Firma interessiert, aber ihre Adresse verlegt hat. Unterschrift. Und dann noch ein P.S.: Mein Klient interessiert sich auch für die geschäftlichen Möglichkeiten an der Diagnol Avenue oder Diagonal Level Street. Einzelheiten über diese Adresse und die augenblicklich dort tätigen Firmen wären mir sehr wertvoll, und ich danke Ihnen dafür im voraus.“
Tina riß ihre großen blauen Augen auf. „Oh, Sam!“ hauchte sie, als hätte er sie nicht vor wenigen Minuten recht unfreundlich behandelt. „Oh, Sam, Sie haben noch einen Klienten? Da bin ich aber froh! Er hat etwas eigenartig ausgesehen, aber auf so distinguierte Weise, daß ich ganz sicher …“
„Wer hat eigenartig ausgesehen?“
„Nun, Ihr neuer Klient natürlich. Als ich heute morgen ins Büro kam, stand ein schrecklich großer, alter Mann im langen, schwarzen Mantel am Lift und sprach mit dem Fahrer. Er drehte sich zu mir herum – der Liftfahrer, meine ich – und sagte: „Das ist Mr. Webers Sekretärin. Sie kann Ihnen bestimmt mehr sagen.“ Und dann sah mich dieser alte Mann an, und ich fühlte mich gar nicht wohl dabei. Dann ging er weg und murmelte: ‚Entweder verklemmte oder besonders habgierige Persönlichkeiten. Aber niemals normal. Niemals ausgeglichen.’ Ich hielt das auch nicht für besonders höflich. Das sollten Sie wissen, falls er wirklich Ihr neuer Klient ist.“ Sie lehnte sich zurück und atmete wieder normal.
Große, eigenartige, alte Männer in langen, schwarzen Mänteln, die den Liftfahrer nach ihm ausforschten – eine geschäftliche Angelegenheit konnte das nicht sein. Und privat hatte er auch kein schlechtes Gewissen. Ob das mit seinem ungewöhnlichen Weihnachtsgeschenk zusammenhing? Sam summte halblaut vor sich hin.
„Aber wissen Sie, sie ist nämlich meine Lieblingstante“, sagte Tina. „Und sie ist ganz unerwartet gekommen.“
Das Mädchen sprach von ihrer Verabredung für Weihnachten. Sam empfand plötzlich große Zuneigung für sie und lehnte sich vor. „Macht doch nichts“, sagte er. „Ich weiß davon, daß Sie gar keine andere Wahl hatten, als die Verabredung zu verschieben. Zuerst war ich etwas ärgerlich, aber einem hübschen Mädchen kann man doch nicht böse sein. Wie wär’s, wenn wir heute zusammen Mittag essen?“
„Mittag essen?“ Sie wirkte etwas unkonzentriert. „Ich habe mich mit Lew verabredet – Mr. Knight, meine ich. Aber es macht ihm bestimmt nichts aus, wenn Sie mitkommen.“
„Schön, dann gehen wir!“
Lew Knight war natürlich nicht gerade begeistert, Tina beim Mittagessen nicht für sich allein zu haben. Leider konnte er jedoch Einzelheiten seines nächsten Falles schildern und Hinweise auf die zu erwartenden Gebühren machen und damit Tina ganz in seinen Bann ziehen. Nachdem Sam ein- oder zweimal erfolglos versucht hatte, die Unterhaltung auf ein interessantes Testament zu lenken, das er für Somerset & Ojack aufzusetzen hatte, gab er es auf. Lew ließ sofort das Thema Mandelbaum Kontra Mandelbaum fallen und fing an, Tina mit seinen Blicken zu verschlingen.
Draußen vor dem Restaurant verwandelte sich der Schnee in Matsch. Die meisten Läden bauten ihre Weihnachtsauslagen ab. Sam bemerkte Baukästen für Kinder, mit Lametta behängt und mit künstlichem Schnee besprüht. Radiobaukästen, Flugzeugbaukästen. Aber „nur mit einem Build-A-Man können Sie …“
„Ich gehe nach Hause!“ verkündete er plötzlich. „Mir ist gerade etwas Wichtiges eingefallen. Wenn
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